Durch Preiserhöhungen hervorgerufene Streiks und Protestdemonstrationen von Arbeitern in verschiedenen Städten an der polnischen Ostseeküste. Die Ereignisse gehören zu den gewaltsamsten und blutigsten Protesten in der gesamten Nachkriegsgeschichte Polens. Nach der Verkündung von Preiserhöhungen traten am 14. Dezember 1970 die Arbeiter der Danziger Lenin-Werft in den Streik. Ein Demonstrationszug von mehreren Tausend Arbeitern marschierte in Richtung Woiwodschafts-Parteileitung, wo jedoch niemand mit ihnen reden wollte. Am Nachmittag kam es an vielen Stellen der Stadt zu Zusammenstößen mit den Ordnungskräften, Barrikaden wurden errichtet, einzelne Autos gingen in Flammen auf. Am 15. Dezember hatte der Streik alle wichtigen Betriebe in der Dreistadt Danzig-Gdynia-Sopot erfasst. In Danzig attackierten die Werftarbeiter, die eine Freilassung ihrer in der Nacht verhafteten Kollegen verlangten, das städtische Polizeipräsidium – dort fielen auch die ersten Schüsse und es gab die ersten Todesopfer. Später setzten die Protestierenden den Sitz der Parteileitung in Brand und zogen sich auf das Werftgelände zurück, das sie besetzten. Einer der Danziger Streikführer war Lech Wałęsa.
In Gdynia verliefen die Proteste friedlicher. Die von Edmund Hulsz angeführten Streikenden trafen eine Vereinbarung mit den städtischen Behörden, die zusicherten, sich mit den Forderungen der Arbeiter zu beschäftigen. Es formierte sich das Hauptstreikkomitee der Stadt Gdynia (Główny Komitet Strajkowy miasta Gdyni), deren Mitglieder jedoch in der Nacht verhaftet wurden.
Parteichef Władysław Gomułka traf die Entscheidung, mit Waffengewalt gegen die protestierenden Arbeiter vorzugehen. Etwa 25.000 Soldaten der polnischen Streitkräfte (inkl. Panzertruppen, Luftwaffe und Kriegsmarine) sowie Tausende Spezialeinsatzkräfte der Miliz (ZOMO) und des Staatssicherheitsdienstes wurden nach Danzig verlegt. Am 16. Dezember umstellten die Einsatzkräfte die Lenin-Werft und eröffneten das Feuer auf die Arbeiter. Es gab weitere Tote und Verletzte, der Streik wurde blutig niedergeschlagen. Der tragischste Tag des Konflikts war der 17. Dezember, als die Sicherheitskräfte auf dem Bahnhof Gdynia-Werft das Feuer auf wehrlose Arbeiter eröffneten, die sich auf dem Weg zur Arbeit befanden. Offiziellen Angaben zufolge wurden dabei 18 Personen erschossen.
An diesem Tag griffen die Proteste auch auf Stettin über. Auch dort wurden aus Demonstrationen schnell gewalttätige Auseinandersetzungen mit Miliz und Militär. Der Sitz der Parteileitung stand in Flammen, es gab zwölf Tote. Auch in Elbląg gingen die Sicherheitskräfte mit Waffengewalt gegen die Protestierenden vor. Am 18. Dezember gab es in Stettin die letzten Todesopfer der Dezemberproteste, daraufhin herrschte in der Stadt Generalstreik. Wichtigste Forderung war die Schaffung unabhängiger Gewerkschaften. Das von Edmund Bałuka angeführte Städtische Streikkomitee (Ogólnomiejski Komitet Strajkowy) erklärte die Proteste erst am 22. Dezember für beendet. Proteste gab es außer in den genannten Städten auch in Białystok, Krakau, Słupsk und Wałbrzych. Die meisten Toten waren jedoch in Gdynia und Stettin zu beklagen. Eine genaue Opferbilanz des Dezembers 1970 existiert bis heute nicht. Laut zugänglichen Quellen gab es insgesamt 45 Tote und 1.165 Verletzte. Die Verhafteten wurden von der Miliz brutal misshandelt und sahen sich auch noch in den Folgejahren zahlreichen Schikanen ausgesetzt.
Die Streikenden brachten nicht nur ökonomische, sondern auch soziale und politische Forderungen vor. So wurde ein Wechsel in der Partei- und Staatsführung verlangt. Am 20. Dezember übernahm auf dem VII. Plenum des ZK der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei Edward Gierek den Posten des Ersten Sekretärs und löste damit Władysław Gomułka ab. Die endgültige Rücknahme der Preiserhöhungen für Lebensmittel erfolgte im Januar und Februar 1971 nach weiteren Streiks in Stettin und Łódź.
Bartłomiej Noszczak, Jan Skórzyński