Artikel 58, Paragraf 10 Strafgesetzbuch der RSFSR („Antisowjetische Agitation und Propaganda“) war zwischen 1927 und 1958 rechtswirksam und lautete: „Agitation oder Propaganda, die zum Sturz, zur Unterhöhlung oder Schwächung der Sowjetmacht oder zur Begehung einzelner konterrevolutionärer Verbrechen auffordern, sowie die Verbreitung, Herstellung oder Aufbewahrung von Schriften gleichen Inhaltes werden mit Freiheitsentzug nicht unter sechs Monaten bestraft. Werden die gleichen Handlungen im Verlauf von Massenunruhen, unter Ausnutzung religiöser oder nationaler Vorurteile der Massen, während des Krieges oder an Orten, über die das Kriegsrecht verhängt wurde, begangen, so ziehen sie die in Artikel 58, Paragraf 2 Strafgesetzbuch bezeichneten Maßnahmen des sozialen Schutzes nach sich“ (Erschießung, Abschiebung aus der UdSSR auf Lebenszeit, Freiheitsentzug und Beschlagnahmung des Vermögens).
Artikel 58, Paragraf 10 wurde bis zu Stalins Tod als universelles Instrument des staatlichen Massenterrors genutzt. Seine Folgen betrafen praktisch alle Bevölkerungsschichten unabhängig vom Alter, dem sozialen, beruflichen und ethnischen Hintergrund, und sogar Personen, die der sowjetischen Macht treu ergeben waren. Nach dem Tod Stalins sank die Zahl derer, die jährlich auf der Grundlage dieses Artikels verurteil wurden, abrupt ab. Auch die verhängten Strafen wurden weniger, die Todesstrafe kam praktisch nicht mehr zur Anwendung.
Ab 1959/60 wurde ein leicht veränderter Artikel, der mit dem 1958 erlassenen Gesetz „Über die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei Verbrechen gegen den Staat“ rechtswirksam wurde, und ab 1961 Artikel 70 Strafgesetzbuch der RSFSR angewandt.