Glossar

UDBA

Neben dem Bund der Kommunisten Jugoslawiens und der Jugoslawischen Volksarmee war die politische Geheimpolizei im kommunistischen Jugoslawien einer der Grundpfeiler der kommunistischen Herrschaft in Jugoslawien. Ihr Vorgänger, die Abteilung für Volksschutz (Odjeljenje za zaštitu naroda, OZNA), aus der 1946 das Amt für Staatssicherheit (Uprava državne bezbednosti, UDBA) als zivile Geheimpolizei und der Militärgeheimdienst (Kontraobaveštajna služba, KOS) hervorgingen, übernahm nach ihrer Gründung 1944 sofort die Funktion des sogenannten bewaffneten Arms der kommunistischen Partei, was charakteristisch für Organisationen war, die sich am sowjetischen NKWD orientierten. Die jugoslawische Geheimpolizei war 1944–46 an Massenmorden und Gewaltakten beteiligt. Nach dem Bruch mit Moskau verfolgte die UDBA die sogenannten Kominformisten. 1966 wurde Geheimdienstchef Aleksandar Ranković vorgeworfen, die von ihm geleitete Organisation zu einem Staat im Staate ausgebaut zu haben, die sogar in Titos Residenz Abhöranlagen installiert habe. Zudem habe der Staatssicherheitsdienst „zentralistischen Tendenzen“ Vorschub geleistet. Der Zentralismus war zwei Jahre zuvor von der Partei verurteilt worden. Für die UDBA aber, bei der es sich um eine reine Föderationsbehörde handelte und die den Kampf gegen den Separatismus als eine ihrer Hauptaufgaben betrachtete, stellte er eine wesentlich Grundlage dar. Die Aktivitäten der Geheimpolizei beschränkten sich dabei durchaus nicht nur auf die Bespitzelung und Inhaftierung jugoslawischer Staatsbürger. Sie war auch für Entführungen und Morde an Exil-Jugoslawen verantwortlich. Schätzungen zufolge veranlasste die UDBA an die 200 Morde in Ländern Westeuropas.

Ranković wurde 1966 von sämtlichen Partei- und Staatsämtern entbunden und innerhalb der UDBA, die in Staatsicherheitsdienst (Služba državne bezbednosti, SDB) umbenannt wurde (für die aber umgangssprachlich die Bezeichnung UDBA gebräuchlich blieb), ein Dezentralisierungsprozess eingeleitet. 1967 begann man mit der Bildung von SDB-Abteilungen in den einzelnen Teilrepubliken, über die in den 70er und 80er Jahren die Regierungen dieser Republiken allmählich die Kontrolle übernahmen (besonders nach der Verwaltungsreform von 1978). Trotzdem bestand die Führungsriege der Geheimpolizei auch weiterhin in der großen Mehrheit aus Serben (so waren vor 1967 rund 5 Prozent der Offiziere Kroaten und später dann etwa 15 Prozent). Ende der 80er Jahre übte der SDB in viel geringerem Maße als zuvor die Funktion eines informellen Netzwerkes zur Integration der Föderation aus. Diese Aufgabe versuchte der Militärgeheimdienst KOS zu übernehmen, was Kompetenzstreitigkeiten auslöste und letztendlich zu einer Schwächung des SDB führte. Trotzdem gelang es im zerfallenden Jugoslawien, einen großen Teil an kompromittierenden Akten des SDB rechtzeitig zu vernichten und seinen Offizieren und Mitarbeitern so ein abgesichertes Leben in den Nachfolgestaaten des Landes zu ermöglichen.

ÚPN

Das slowakische Institut für Nationales Gedenken (Ústav pamäti národa; ÚPN) entstand als Behörde 2002 auf Grundlage eines Gesetzes welches vorsah, den Bürgern die Akten der Staatssicherheitsorgane aus der Zeit von 1939 bis 1989 zugänglich zu machen und das um das sogenannte „Gesetz über das nationale Gedenken“ ergänzt und zuletzt 2004 novelliert wurde. Die Behörde hat die Aufgabe, die Akten und Dokumente der slowakischen Staatssicherheit sowie der Organe der nationalsozialistischen Besatzer und der sowjetischen Machthaber, die zwischen 1939 und 1989 auf dem Gebiet der heutigen Slowakischen Republik Verbrechen begangen hatten, zu sammeln, zu analysieren und der Bevölkerung zugänglich zu machen. Das ÚPN ist eine öffentliche Einrichtung, die Behörde ist vorwiegend damit befasst, ehemaligen Opfern der tschechoslowakischen Staatssicherheit (ŠtB) Zugang zu den Dokumenten zu gewährleisten und Materialien über die Geheimpolizei zu publizieren. Das ÚPN gibt mit „Pamäť národa“ (Nationales Gedächtnis) eine eigene Zeitschrift heraus. Weitere Informationen zur Behörde unter: www.upn.gov.sk

Ukrainische Arbeiter- und Bauernunion

1959 im Gebiet Lwiw gegründet, war die Ukrainische Arbeiter- und Bauernunion (Ukrajins‘ka robitnyčo-selans‘ka spilka) in der Nachkriegszeit eine der ersten Untergrundorganisationen mit Parteicharakter. Ihr Gründer und Anführer war Lewko Lukjanenko. Zur wichtigsten Aufgabe machte sich die Vereinigung den gewaltfreien Kampf für demokratische Rechte und Freiheiten, mit der Schaffung eines souveränen ukrainischen Staates als strategischem Ziel. Noch während der Arbeit an einem Programm wurde die Organisation Anfang 1961 durch den KGB zerschlagen. Sieben von zehn Mitgliedern wurden verhaftet und wegen „Vaterlandsverrat“ (Artikel 64 Strafgesetzbuch der RSFSR) angeklagt. Am 20. Mai 1961 verurteilte das Bezirksgericht Lwiw alle Angeklagten zu langjährigen Haftstrafen und Lewko Lukjanenko zum Tode. Sein Urteil wurde später in 15 Jahre Freiheitsentzug umgewandelt.

Ukrainische Aufständische Armee

Als Ukrainische Aufständische Armee (Ukraïns’ka povstans’ka armia, UPA) wurden die Kampfabteilungen der Organisation Ukrainischer Nationalisten bezeichnet. Als offizielles Gründungsdatum der UPA gilt der 14. Oktober 1942, obwohl ihre Entstehung erst im Frühjahr 1943 bekannt gegeben wurde. Anführer war Roman Schuchewitsch (unter dem Pseudonym Taras Tschuprynka). Die Einheiten umfassten insgesamt bis zu 40.000 Personen. Die UPA führte einen Partisanenkampf gegen deutsche, polnische und sowjetische Armee-Einheiten. Einsätze der UPA richteten sich häufig auch gegen die polnische Zivilbevölkerung. Innerhalb der Bevölkerung der heutigen Westukraine besaß die UPA beträchtliche Unterstützung. Zur Niederschlagung der UPA kamen große Einheiten der sowjetischen und der polnischen Armee zum Einsatz. Die letzten Einheiten der UPA auf dem Gebiet der Sowjetunion wurden erst 1954 aufgelöst.

Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche

Die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche (Ukrajins‘ka Avtokefal‘na Pravoslavna Cerkva) ist eine der orthodoxen Kirchen des Landes. Nach Gründung des ersten unabhängigen ukrainischen Staates spaltete sie sich 1919 von der Russischen Orthodoxen Kirche ab und führte Ukrainisch als Liturgiesprache ein. Mit der Etablierung der sowjetischen Staatsmacht in der Ukraine ab 1920 begannen die Behörden, ihre Mitglieder zu verfolgen, und Mitte der 30er Jahre wurde die Kirche vollständig zerschlagen. Während der deutschen Besatzung (1941–43) konnte die Ukrainische Autokephale Orthodoxe Kirche ihre Tätigkeit wieder aufnehmen und wurde von der Organisation Ukrainischer Nationalisten unterstützt. Bei Kriegsende verließ die Kirchenleitung aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der sowjetischen Machthaber die Ukraine gemeinsam mit der deutschen Wehrmacht. Während der Perestroika wurde die Kirche wiederbelebt. 2018 gab es in der Ukraine rund 1.000 registrierte Gemeinden.

Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche

Die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche (Ukrajins‘ka Hreko-Katolyc‘ka Cerkva) ist eine katholische Kirche mit östlichem Ritus. Sie entstand 1596 infolge der Kirchenunion von Brest zwischen dem Papst und einem Teil des Episkopats der orthodoxen Metropolie von Kiew-Halytsch und ist heute die größte der sogenannten unierten Kirchen. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörten der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche über vier Millionen Gläubige an. 1944/1945 wurde die gesamte Kirchenleitung der Kollaboration mit den nationalsozialistischen Besatzern beschuldigt. Der amtierende Metropolit Josyf Slipy, alle Bischöfe und fast die Hälfte der Priester wurden verhaftet und in Lager deportiert. Unter dem Druck der sowjetischen Zentralbehörden und des Moskauer Patriarchats in Lwiw beschloss eine Versammlung der Priester der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche 1946 den Bruch mit Rom und den Übergang der griechisch-katholischen Gläubigen unter die Jurisdiktion des Moskauer Patriarchats. Viele Priester erkannten die Beschlüsse der Kirchenversammlung nicht an und gingen in den Untergrund. Die Angehörigen der Unierten Kirche waren stetigen Repressionen ausgesetzt. Erst im November 1989, am Vorabend eines Treffens des sowjetischen Staatsführers Michail Gorbatschow mit Papst Johannes Paul II. wurde die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche wieder offiziell registriert. Heute gehört sie zu den einflussreichsten Konfessionen in der Ukraine mit 15 Diözesen und rund 3.300 aktiven Gemeinden.

Ukrainische Helsinki-Gruppe

Nach Vorbild der Moskauer Helsinki-Gruppe riefen im November 1976 zehn Gründungsmitglieder die Ukrainische Helsinki-Gruppe (Ukrajins‘ka helsin‘ska hrupa, UHH) ins Leben. An der Spitze der Menschenrechtsorganisation, deren vollständige Bezeichnung „Ukrainische öffentliche Gruppe zur Förderung der Durchführung der Beschlüsse von Helsinki“ (Ukrajins‘ka helsin‘ska hrupa spryjannja vykonanniu Helsin‘skych uhod) lautete, stand Mykola Rudenko. Im Verlauf ihres Bestehens gehörten ihr insgesamt 37 Personen an. Bis Ende 1980 publizierte die Gruppe 30 Erklärungen, Appelle und andere Dokumente zum Schutz der Menschenrechte. Seit 1979 war in den USA eine Auslandsvertretung der Organisation tätig, die das „Bulletin der Repressionen in der Ukraine“ (Vysnik represij v Ukrajini) herausgab. Im Dezember 1976 begannen Hausdurchsuchungen und Verhöre und im Januar 1977 Verhaftungen von Mitgliedern der Gruppe. Im März 1981 befanden sich alle Mitglieder im Gefängnis oder in der Emigration. 1988 nahm die UHH ihre Tätigkeit unter der Leitung von Lewko Lukjanenko wieder auf. Kurz darauf wurde sie in „Ukrainische Helsinki-Union“ umbenannt.

Ukrainische Helsinki-Union

Die Ukrainische Helsinki-Union (Ukrajins’ka helsin’ska spilka, UHS) entstand 1988 und war die erste Organisation in der Ukraine, die in offener Opposition zur KPdSU auftrat. Erklärtes Ziel war die nationale Unabhängigkeit auf evolutionärem Weg, die ohne Anwendung von Gewalt durch die Ausweitung demokratischer Freiheiten erreicht werden sollte. Die UHS trat für die Wiedererlangung ukrainischer Staatlichkeit, die Etablierung einer ukrainischen Staatsbürgerschaft, die Anerkennung der ukrainischen Sprache als Amtssprache, die Schaffung einer eigenständigen ukrainischen Armee und die Vertretung der Ukraine auf internationaler Ebene ein. Sie forderte außerdem die Einführung „wirtschaftlicher Rechnungsführung“ sowie ökonomischen, politischen und religiösen Pluralismus. 1990 entstand auf Grundlage der Ukrainischen Helsinki-Union die Ukrainische Republikanische Partei.

Ukrainische Initiativgruppe für die Befreiung der Gewissensgefangenen

Vereinigung, die im August 1987 von den sechs ehemaligen politischen Häftlingen Wassyl Barladianu, Stepan Chmara, Iwan Hel, Wjatscheslaw Tschornowil, Mychajlo Horyn und Sorjan Popadjuk gegründet wurde. Die Ukrainische Initiativgruppe für die Befreiung der Gewissensgefangenen (Ukrajins’ka Iniciatyvna Hrupa za Zvil‘nennja V‘jazniv Sumlinnja) war bis 1990 aktiv, als der letzte ukrainische politische Häftling Bochdan Klymtschak freikam.

Ukrainische Nationale Front

Die von Dmytro Kwezko und Senowij Krassiwskyj geegründete Ukrainische Nationale Front (Ukraïns'kyj Nacional'nyj Front, UNF) war 1964–67 in den Gebieten Lwiw und Iwano-Frankiwsk tätig. Die Untergrundorganisation sah sich in der Tradition der Organisation Ukrainischer Nationalisten und setzte auf einen „revolutionären“ Weg zur Wiedererlangung der ukrainischen Unabhängigkeit. Ihr Vordenker Dmytro Kwezko integrierte die Idee eines westeuropäischen, sozialdemokratischen Modellen ähnlichen „Volkssozialismus“ in die programmatischen Dokumente der Gruppe. Die UNF zählte rund 150 Mitglieder. Ihre Tätigkeit begann mit der Herausgabe der Zeitschrift „Volja i bat’kivščyna“. Außerdem verbreitete sie Bücher und Broschüren der Organisation Ukrainischer Nationalisten und der Ukrainischen Aufständischen Armee sowie Flugblätter. 1967 wurden die aktivsten Mitglieder der Organisation verhaftet und danach zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Ukrainischer Kulturologischer Klub

Als eine der ersten informellen Vereinigungen, die in der Ukraine während der Perestroika entstanden sind, bildete der Ukrainische Kulturologische Klub (Ukrajins‘kyj kulturolohičnyj klub) 1987/1988 ein überaus heterogenes Sammelbecken. Zu den Wortführern gehörten die ehemaligen politischen Häftlinge Serhij Naboka, der die Leitung des Klubs übernahm, Olha Hejko-Matusewitsch, Olesch Schwetscheko. Sitzungen fanden fast täglich statt. Diskutiert wurden aktuelle Probleme der ukrainischen Gesellschaft, unter anderem die Folgen der Tschernobyl-Katastrophe, die „weißen Flecken“ in der Geschichte der Ukraine und die Bereitstellung von Hilfen für politische Häftlinge. 1988 beschloss die Leitung des Klubs, sich der Ukrainischen Helsinki-Union anzuschließen.

„Ukrajins‘kyj visnyk“

Der „Ukrajins‘kyj visnyk“ (Ukrainischer Bote) war die erste Zeitschrift in der Ukraine die unzensiert über die Menschenrechtssituation im Land berichtete. Chefredakteur war von 1970 bis 1972 Wjatscheslaw Tschornowil. In seiner Verantwortung erschienen in Kiew die Nummern eins bis fünf. Die sechste Nummer wurde von Mychajlo Kossiw und Atena Paschko in Lwiw herausgegeben (eine eigene sechste Kiewer Nummer verantworteten Jewhen Proniuk und Wassyl Lisowy). Die Nummern sieben bis neun gaben zwischen 1973 und 1975 Stepan Chmara und Olesch Schewtschenko heraus. Nach deren Verhaftung stellte die Zeitschrift ihr Erscheinen ein. Die Namen der Redakteure wurden nicht öffentlich genannt. Im „Ukrajins‘kyj visnyk“ erschienen Informationen über Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine sowie Artikel über das Zeitgeschehen, Dokumente, literarische Werke und andere Texte, die im Samisdat zirkulierten. Die Herausgabe der Zeitschrift wurde 1987 in der Zeit der Perestroika wieder aufgenommen. 1988 war die Zeitschrift das Organ der Ukrainischen Helsinki-Union, kurze Zeit später stellte sie ihr Erscheinen ein.

Umsturz im Dezember 1989

Bis zum heutigen Tag ist es nicht gelungen, eine detaillierte und über jeden Zweifel erhabene Version der Ereignisse von 1989 in Rumänien festzulegen. Das beginnt schon bei der Bezeichnung der Geschehnisse: Einige sagen „Revolution“, andere „Palastrevolution“ oder „Staatsstreich“.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1989 schien das Ende des Regimes von Nicolae Ceaușescu unausweichlich zu sein. Am 14. Dezember versuchten lokale Oppositionsgruppen in Iași, eine größere Demonstration zu veranstalten. Der entscheidende Funke, der das ganze Land entzünden sollte, waren jedoch die Proteste in Temeswar (Timișoara), die am 15. Dezember als Protest gegen die Zwangsumsiedlung des regimekritischen ungarisch-stämmigen Pfarrers László Tőkés begannen. Die Proteste weiteten sich in den folgenden Tagen über die ganze Stadt aus und wurde von Militäreinheiten blutig niedergeschlagen. Es gab mehrere Dutzend Tote und Verletzte und Hunderte Festnahmen. Trotz der angespannten Lage begab sich Nicolae Ceaușescu am 18. Dezember zu einem lange geplanten Staatsbesuch in den Iran. Wieso der Diktator angesichts der schwierigen Lage in Rumänien nicht absagte, bleibt unklar. Die Abwesenheit des Partei- und Staatschefs führte zu chaotischen Zuständen aufseiten der Herrschenden, die dazu führten, dass untere Machtorgane einander widersprechende Beschlüsse fassten. Nach seiner Rückkehr aus dem Iran hielt Ceaușescu am 20. Dezember eine in scharfem Ton formulierte Rede im rumänischen Fernsehen und rief für den nächsten Tag zu einer Großkundgebung vor dem Sitz des Zentralkomitees auf. Dort versprach er Lohnerhöhungen, wurde jedoch von der Menge ausgepfiffen und musste Zuflucht im Inneren des ZK-Gebäudes suchen. Am nächsten Tag floh er aus Bukarest, die Macht übernahm die neukonstituierte Nationale Rettungsfront. Am 25. Dezember 1989 wurden Nicolae und Elena Ceaușescu in einem inszenierten Schnellprozess in Târgoviște zum Tode verurteilt und sofort erschossen. Die personelle Zusammensetzung der Nationalen Rettungsfront lässt vermuten, dass auch Armee- und Geheimdienstoffiziere am Sturz des Regimes einen Anteil hatten.

Umsturz vom 9. September 1944

Von der Vaterlandsfront durchgeführter antidemokratischer Staatsstreich, mit dem die rechtmäßige Regierung gestürzt wurde. Erster Kabinettschef der Vaterlandsfront-Regierung wurde Kimon Georgiew von der Organisation Zweno. Zwei Schlüsselministerien – Justiz und Inneres – gingen an Mitglieder der Bulgarischen Kommunistischen Partei.

Unabhängige Friedensbewegung – Initiative zur Demilitarisierung der Gesellschaft

Das Gründungsdokument der tschechoslowakischen „Unabhängigen Friedensbewegung – Initiative zur Demilitarisierung der Gesellschaft“ (Nezávislé Mírové Sdružení – Iniciativa za demilitarizaci společnosti; NMS-IDS) wurde am 16. April 1988 von Tomáš Dvořák, Jan Chudomel, Jáchym Kaplan, Hana Marvanová und Jiří Pavlíček unterschrieben und knüpfte direkt an die seit 1981 bestehende Tradition an, sich jährlich zum Gedenken an den Musiker John Lennon an dessen Todestag auf der Prager Moldauinsel Kampa zu treffen. Den entscheidenden Impuls gab der Erfolg einer von Jan Svobodá initiierten Petitionskampagne, die für Wehrpflichtige aus weltanschaulichen Gründen einen zivilen Ersatzdienst benannte. Die Unabhängige Friedensbewegung befasste sich im Zusammenhang mit der Demilitarisierung der Gesellschaft aber auch mit weiteren Fragen: Es ging um die Einhaltung der Menschenrechte, den Schutz der Natur und um die Forderung, dass die Sowjetarmee tschechoslowakischen Boden verlassen sollte. Ihren größten Erfolg verzeichnete die „NMS-IDS“ mit einer Demonstration am 21. August 1988 in der Prager Innenstadt.

Viele der jungen Mitglieder der Unabhängigen Friedensbewegung waren Repressionen wie Hausdurchsuchungen, Verhören, kurzfristigen Haftstrafen und Verurteilungen ausgesetzt. Gleich nach ihrer Gründung nahm die „NMS-IDS“ Kontakt zu Vertretern der staatlich anerkannten „offiziellen“ Friedensbewegung auf und später auch mit Vertretern des offiziellen „Sozialistischen Jugendverbandes“ (Socialistický Svaz Mládeže). Die Unabhängige Friedensbewegung engagierte sich hauptsächlich in Prag, Brünn, Liberec und Ostrava und gab das „NMS-Bulletin“ heraus. Im Frühjahr 1989 kam es zu heftigen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedern. Ein eher radikaler Teil bestand darauf, keine Verhandlungen mit offiziellen staatlichen Institutionen aufzunehmen. Daneben gab es auch eine anarchistische Strömung.

Unabhängige Gesellschaft zum Schutz der Menschenrechte

Die Unabhängige Gesellschaft zum Schutz der Menschenrechte (Nezavisimo družestvo za zaštita pravata na čoveka) war die erste legale Menschenrechtsorganisation in Bulgarien mit einer klar konservativen politischen Ausrichtung. Sie wurde am 16. Januar 1988 gegründet.

Unabhängige Gewerkschaft Podkrepa

Erste unabhängige Gewerkschaftsorganisation Bulgariens seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Unabhängige Gewerkschaft Podkrepa (Nezavisima federacija na truda „Podkrepa“) wurde am 8. Februar 1988 gegründet und später als Gewerkschaftskonföderation Podkrepa (Konfederacija na truda „Podkrepa“) bekannt. Als solche vereinte sie 36 regionale Gewerkschaften und 30 Gewerkschaftsföderationen.

Unabhängige Selbstverwaltete Gewerkschaft der Einzelbauern „Solidarność“

Bauerngewerkschaft, die ideell eng mit der Solidarność verbunden war und auch mit dieser kooperierte. Ihren Ursprung hatte die mit vollem Namen Unabhängige Selbstverwaltete Gewerkschaft der Einzelbauern „Solidarność“ (Niezależny Samorządny Związek Zawodowy Rolników Indywidualnych „Solidarność“) genannte Gewerkschaft in den ab 1978 entstandenen unabhängigen Bauerngruppen Provisorisches Komitee der Bäuerlichen Selbstverteidigung (Tymczasowy Komitet Samoobrony Chłopskiej) der Region Lublin, Komitee der Bäuerlichen Selbstverteidigung (Komitet Samoobrony Chłopskiej) der Region Grójec mit Sitz in Zbrosza Duża, Komitee der Bäuerlichen Selbstverteidigung der Region Rzeszów und Provisorisches Komitee der Gewerkschaft der Bauern (Tymczasowy Komitet Zawodowego Rolników; TKZZR). Einfluss auf das Entstehen einer unabhängigen Bauernbewegung hatten auch KSS „KOR“, ROPCiO sowie die an die Bauernschaft gerichteten Zeitschriften „Gospodarz“ (Landwirt), „Placówka“ (Zweigstelle) und „Postęp“ (Fortschritt). Eine Inspirationsquelle für die unabhängige Bauernbewegung waren auch die Veteranen der Bauernbewegung, die 1979 ein Zentrum für Agrarisches Denken (Ośrodek Myśli Ludowej; OML) gründeten.

Bis 1980 hatten die Bauerngruppen noch keine eigene, gemeinsame Interessenvertretung hervorgebracht und standen damit anderen politischen Oppositionsgruppen in dieser Hinsicht nach. Die prominentesten Bauernvertreter aus jener Zeit waren Janusz Rolek (Woiwodschaft Lublin), Pfarrer Czesław Sadowski (Zbrosza), Jan Kozłowski, Wiesław Kęcik (KSS „KOR“, „Placówka“), Bogumił Studziński (ROPCiO, „Gospodarz“) und Michał Jagła (Zentrum für Agrarisches Denken).

Nach dem Streiksommer 1980 nahmen die Bauern die Organisierung des gewerkschaftlichen Lebens für Einzelbauern im Herbst selbst in die Hand, in den meisten Fällen ohne dabei an Entwicklungen aus der Zeit vor dem August 1980 anzuknüpfen. Im Oktober 1980 lehnte das Woiwodschaftsgericht Warschau die Registrierung der unabhängigen Bauerngewerkschaft Solidarność Land ab, die ungeachtet dessen in der Folgezeit versuchte, ihre Tätigkeit fortzuführen. Es existierte auch noch eine zweite Gewerkschaft: die Bauern-Solidarność (Solidarność Chłopska).

Ende Dezember 1980 begannen Protestaktionen der Bauern, wie Besetzungen von Verwaltungsgebäuden, die mit der Unterzeichnung von Vereinbarungen mit der Obrigkeit in Ustrzyki Dolne und in Rzeszów endeten (am 18. und 20. Februar 1981). In diesen Vereinbarungen ging es um die Unantastbarkeit bäuerlichen Eigentums, um ökonomische und rechtliche Rahmenbedingungen für eine bessere Rentabilität bäuerlicher Einzelbetriebe sowie um eine verbesserte Versorgungslage auf dem Lande. Die Staatsmacht erkannte jedoch weiterhin nicht das Recht der Landwirte an, sich in Gewerkschaften zu organisieren und wollte diese zwingen, sich den vom Staat kontrollierten Vereinigungen der gegenseitigen Bauernhilfe anzuschließen.

Am 8. März 1981 erhielt die unabhängige Bauernbewegung schließlich eine einheitliche Organisation: die Unabhängige Selbstverwaltete Gewerkschaft der Einzelbauern „Solidarność“, deren Vorsitzender Jan Kułaj wurde. Mitte März begannen die Mitglieder dieser Gewerkschaft in Bydgoszcz (Bromberg) mit einer Protestaktion, die die offizielle Registrierung ihrer Organisation zum Ziel hatte. Die Unterstützung dieser Forderung durch die Solidarność führte auf einer Sitzung des Woiwodschaftsnationalrates in Bydgoszcz zu einem Zwischenfall, bei dem drei Gewerkschaftsvertreter tätlich angegriffen wurden. Dies löste die landesweite sogenannte „Bromberger Krise“ (19.–30. März) aus, die erst mit der Unterzeichnung einer offiziellen Vereinbarung beigelegt werden konnte. Darin war das Verfahren der Registrierung der Solidarność der Einzelbauern bestätigt. Die Registrierung und Zulassung der Bauerngewerkschaft erfolgte dann am 12. Mai 1981. In der Folgezeit baute die Organisation ihre Repräsentanz im Land aus, erreichte jedoch nie eine vergleichbare Bedeutung wie die Solidarność.

Nach Ausrufung des Kriegsrechts und dem Verbot der Solidarność der Einzelbauern war das Ausmaß der gewerkschaftlichen Untergrundarbeit auf dem Land groß. Die wichtigste Initiative war im Jahre 1982 die Gründung des Gesamtpolnischen Widerstandskomitees der Bauern (Ogólnopolski Komitet Oporu Rolników; OKOR) durch Józef Teliga. Viel Rückhalt fanden Bauernaktivisten in Kirchengemeinden. Erst 1986 machte man sich an den Wiederaufbau der organisatorischen Strukturen, und im März 1987 wurde der Landesbauernrat „Solidarność“ berufen, den Vorsitz hatte Józef Ślisz. Vertreter der Bauerngewerkschaft waren an den Gesprächen am Runden Tisch beteiligt. Im April 1989 erfolgte die offizielle Wiederzulassung der Solidarność der Einzelbauern. Personalstreitigkeiten und die Entstehung weiterer Bauernparteien führten zu einer Schwächung der Bauerngewerkschaft, die Anfang der 90er Jahre etwa 300.000 Mitglieder zählte.

Andrzej Friszke

Unabhängige Ungarische Initiative

Unabhängige Organisation der ungarischen Minderheit in der Slowakei mit liberaler Ausrichtung. Die Unabhängige Ungarische Initiative (Maďarská nezávislá iniciativa) wurde am 18. November 1989 in der Privatwohnung von Károly Tóth in der mittelslowakischen Kleinstadt Šaľa (Ungarisch: Vágselly) gegründet. Die Initiative arbeitete eng mit der Bewegung Öffentlichkeit gegen Gewalt (Verejnosť proti násiliu; VPN) zusammen und trat gemeinsam mit dieser zu den Parlamentswahlen 1990 an. Die Initiative änderte später ihren Namen in „Ungarische Bürgerpartei“ (Magyar Polgári Párt – Maďarská občianska strana). Bei den Parlamentswahlen 1992 trat sie allein und 1994 auf einer gemeinsamen Liste der „Ungarischen Gemeinschaft“ (Maďarská koalícia) an. Seit 1998 besteht sie als liberal-bürgerliche Fraktion in der Partei der Ungarischen Gemeinschaft (Magyar Közösség Pártja).

Unabhängiger Studentenverband

Eine vom Staat unabhängige polnische Studentenorganisation, die am 22. September 1980 gegründet wurde. Den Impuls zur Entstehung des Unabhängigen Studentenverbandes (Niezależne Zrzeszenie Studentów; NZS) gab die Solidarność. Zunächst formierten sich parallel zueinander unabhängige Studentenorganisationen in verschiedenen Städten. Auf dem gesamtpolnischen Kongress der Gründungskomitees dieser Organisationen wurde mit dem Unabhängigen Studentenverband eine einheitliche Organisation ins Leben gerufen. Zugleich wurde das Gesamtpolnische Gründungskomitee (Ogólnopolski Komitet Założycielski) als vorläufige Leitung gewählt. Offiziellen Status erhielt der Studentenverband erst im Februar 1981, und das auch erst nach einem viele Woche währenden Studentenstreik in Łódź. Im April 1981 fand dann der erste Landeskongress statt, auf dem der Landeskoordinationsausschuss (Krajowa Komisja Koordynacyjna) gewählt wurde, dessen Vorsitz Jarosław Guzy übernahm. Kurze Zeit nach der Ausrufung des Kriegsrechts wurde der Unabhängige Studentenverband im Januar 1982 verboten und viele seiner Aktivisten interniert.

Ende der 80er Jahre formierten sich an verschiedenen Hochschulen erneut illegale Hochschulgruppen, die einen Antrag auf offizielle Zulassung stellten (so entstand am 8. März 1988 das Gründungskomitee des Unabhängigen Studentenverbandes an der Universität Warschau). Vertreter des noch illegalen Unabhängigen Studentenverbandes nahmen auch an den Gesprächen am Runden Tisch teil; der erste Zulassungsantrag wurde jedoch im Mai 1989 von einem Gericht abgewiesen. Offiziell zugelassen wurde der Unabhängige Studentenverband erst wieder im September 1989.

Piotr Śmiłowicz

Ungarische Revolution

Bei der Ungarischen Revolution von 1956 handelte es sich um einen Aufstand der ungarischen Gesellschaft gegen das kommunistische System. Als ihr Beginn gilt eine Demonstration zur Unterstützung der Veränderungen in Polen (Oktober 1956), die am 23. Oktober 1956 am Józef-Bem-Denkmal in Budapest stattfand (der polnische General wird aufgrund seiner Verdienste in der Revolution von 1848, in der er gegen Österreich in Siebenbürgen kämpfte, in Ungarn hoch verehrt). Zur Zuspitzung der Situation trug eine Rede des ungarischen Ministerpräsidenten und Ersten Sekretärs Ernő Gerő bei, der im Namen der Partei all jene verurteilte, „die unter Missbrauch der Freiheit eine nationalistische Demonstration veranstalteten“. Die vor dem Rundfunkgebäude versammelte Volksmenge begann mit der Entwaffnung von Soldaten und Milizionären.- Es wurde versucht, ein am 22. Oktober an der Budapester Technischen Universität vorbereitetes 16-Punkte-Programm über den Rundfunk zu verbreiten. Darin wurden unter anderem der Abzug der sowjetischen Truppen sowie die Demokratisierung des öffentlichen Lebens gefordert. Noch am selben Abend brachten die Demonstranten ein riesiges Stalin-Denkmal auf dem Heldenplatz zu Fall.

Bereits am nächsten Tag marschierten sowjetische Truppen in Budapest ein, die von Mitgliedern des Politbüros zu Hilfe gerufen worden waren. Am 25. Oktober fanden Gespräche mit Vertretern der Sowjetführung statt; vereinbart wurde unter anderem, dass Gerő durch János Kádár ersetzt werden sollte. Unterdessen griff die Revolution auf das gesamte Land über. In vielen Städten entstanden Revolutionskomitees (auf Gebiets- und Betriebsebene, die Komiteemitglieder kamen aus verschiedenen politischen Gruppierungen) und Arbeiterräte (der wichtigste war der Zentrale Arbeiterrat von Groß-Budapest). Viele Parteien nahmen ihre Tätigkeit wieder auf (darunter die Unabhängige Partei der Kleinlandwirte, die Sozialdemokratische Partei, die Christliche Volkspartei), es entstanden Vereine, Räte, Gewerkschaften. Am 28. Oktober nannte Imre Nagy (der vier Tage zuvor wieder Ministerpräsident geworden war) den Volksaufstand eine nationale Revolution. Am 30. Oktober gab es eine erneute Zusammenkunft mit der sowjetischen Delegation, auf der beschlossen wurde, die sowjetischen Truppen aus Budapest abzuziehen. Am selben Tag wurde die Partei der Ungarischen Werktätigen aufgelöst, an ihre Stelle trat die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei, in deren Führung auch Reformbefürworter saßen (Kádár, Nagy, Donáth und andere).

Jedoch bereits am 4. November, nach Einholung der Zustimmung der anderen Staaten des Warschauer Pakts, starteten die sowjetischen Truppen ihre zweite Invasion in Ungarn. Es wurde eine Revolutionäre Arbeiter- und Bauernregierung mit János Kádár an der Spitze eingesetzt. Die schwierige internationale Lage (Intervention westlicher Truppen im Nahen Osten) trug mit dazu bei, dass ein Hilfsappell ungarischer Intellektueller kaum ein Echo auslöste (eine Ausnahme waren die Solidaritätsbekundungen der polnischen Gesellschaft). Die Ungarische Revolution wurde niedergeschlagen. Es gab 3.000 Tote und 18.000 Verletzte, mehr als 200.000 Menschen verließen das Land. Es wurden 800 Todesurteile gefällt, von denen ca. 400 vollstreckt wurden (hingerichtet wurde Imre Nagy und viele andere), 15.000 Menschen kamen in Arbeitslager, 20.000 ins Gefängnis.

Weiterführende Informationen sind auf der Webseite der Bundesstiftung Aufarbeitung im Online-Dossier  1956 – die ungarische Revolution zusammengetragen.

Ungarisches Demokratisches Forum

Das „Ungarische Demokratisches Forum“ (Magyar Demokrata Forum; MDF) war anfangs eine gesellschaftlich-politische Organisation, gegründet von den Teilnehmern des Treffens in Lakitelek. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten der Historiker Lajos Für, István Bakos, der Schriftsteller Gyula Fekete, Sándor Csoóri und István Csurka, MDF-Vorsitzender wurde jedoch Zoltán Bíró. Anschluss an die Bewegung fanden verschiedene Gruppen von Lehrern, Ärzten und sogar von Mitgliedern der USAP. Im September 1988 wurde die Organisation in eine politische Partei umgestaltet, die in der zweiten Runde der Parlamentswahl im April 1990 mit 42 % Stimmenanteil und 164 Mandaten den Wahlsieg einfuhr. Im Mai desselben Jahres bildete sie eine Regierungskoalition mit der Unabhängigen Partei der Kleinlandwirte und der Christlich-Demokratischen Volkspartei.

Union Demokratischer Kräfte

Am 7. Dezember 1989 gebildete gemeinsame Plattform von neun Parteien, informellen Organisationen und oppositionellen Vereinen. Zur Union Demokratischer Kräfte (Săjuz na demokratičnite sili; SDS) gehörten die Unabhängige Gesellschaft zum Schutz der Menschenrechte, Ekoglasnost, die Unabhängige Gewerkschaft Podkrepa, das Komitee zum Schutz Religiöser Rechte, der Gewissensfreiheit und Geistiger Werte, der Klub der nach dem 9. September 1944 widerrechtlich Verfolgten, der BZNS „Nikola Petkow“, der Unabhängige Studentenverband, die Bulgarische Sozialdemokratische Partei und der Klub für Glasnost und Perestroika.

Unruhen in Tiflis

Spontane Massenunruhen in der georgischen Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) vom 5. bis 11. März 1956. Diese waren die ersten offenen politischen Proteste in der Sowjetunion nach Stalins Tod. Die Kundgebungen und Demonstrationen, die im Verlauf von mehreren Tagen in verschiedenen Vierteln von Tiflis und anderen Städten Georgiens wie Gori, Sochumi, Batumi und Kutaissi stattfanden, richteten sich gegen die Demaskierung Stalins auf dem XX. Parteitag der KPdSU. In Georgien wurde dies als Verletzung der nationalen Würde bewertet.

Auf den Versammlungen wurden folgende Forderungen gestellt: sofortige Ablösung der Parteiführung, Rücknahme des internen Briefes des ZK der KPdSU „Über den Personenkult“, der den Text des Referates von Parteichef Nikita Chruschtschow auf dem XX. Parteitag enthielt, sowie den Austritt Georgiens aus der UdSSR. Mehrere Zehntausend Menschen nahmen an den Unruhen teil. Antriebskraft der Ereignisse waren junge Menschen, darunter zahlreiche Studenten.

Nachdem die Behörden zeitweise die Kontrolle über die Situation in der Hauptstadt verloren hatten, erstickte die Armee in der Nacht vom 9. auf den 10. März die Unruhen gewaltsam. Nach Angaben des Georgischen Innenministeriums kamen 15 Menschen ums Leben, 54 wurden verletzt, von denen sieben später ihren Verletzungen erlagen. Mehr als 300 Personen kamen in Haft, 29 wurde der Prozess gemacht. Mehr als 200 Personen waren Verwaltungsstrafen ausgesetzt, das heißt sie wurden von der Hochschule relegiert oder aus der Partei und aus dem Kommunistischen Jugendverband „Komsomol“ ausgeschlossen. Unter dem Eindruck dieser Ereignisse entstanden in Georgien erste illegale Oppositionsgruppen.

Ustascha

Faschistische, paramilitärische Organisation der kroatischen Nationalisten. Die Ustascha wurde 1929 im italienischen Exil von Ante Pavelić, Anführer des rechten Flügels der Kroatischen Partei des Rechts (Hrvatska stranka prava, HSP), gegründet. Dies war eine unmittelbare Reaktion auf die Proklamation der sogenannten Königsdiktatur Alexander I., in dessen Zuge die Verfassung abgeschafft, oppositionelle Parteien verboten und bürgerliche und nationale Rechte außer Kraft gesetzt wurden. Ziel der Ustascha war der Kampf gegen eine serbische Vorherrschaft in Kroatien und für die Unabhängigkeit des Landes sowie dessen Entwicklung hin zu einem Großkroatien unter Einschluss aller kroatischen Siedlungsgebiete.

Unterstützt wurde die Organisation vom faschistischen Regime Mussolinis. Aus dem Exil heraus versuchten Ustascha-Aktivisten in den 30er Jahren erfolglos, einen antijugoslawischen Aufstand herbeizuführen. Die Ustascha wurde der Mitwirkung an dem 1934 von mazedonischen Nationalisten ausgeführten Attentat auf den jugoslawischen König Alexander I. beschuldigt und daraufhin in den meisten europäischen Ländern verboten.

Nach der Besetzung Jugoslawiens durch die Achsenmächte im April 1941 akzeptierte die Ustascha deren Vorschlag, einen Unabhängigen Staat Kroatien (Nezavisna Država Hrvatska, NDH) zu gründen. Das von Deutschland und Italien kontrollierte und von der Ustascha geführte Staatsgebilde war der erste Nationalstaat der Kroaten in neuerer Zeit, weshalb er eine Zeit lang sogar von der antifaschistischen Opposition unterstützt wurde. Ihre Macht nutzte die Ustascha, um gegen die Serben, die Juden und die Roma im Land sowie später gegen die kroatische Opposition vorzugehen. In den kroatischen Konzentrationslagern (besonders in dem größten KZ Jasenovac) kamen durch Massenhinrichtungen verschiedenen Schätzungen zufolge zwischen 50.000 und 200.000 Menschen ums Leben.

Für Serben und Kommunisten war die Ustascha der Inbegriff des Bösen, und eine wie auch immer geartete Tätigkeit für den NDH-Staat konnte Verfolgung, Gewalt und auch den Tod nach sich ziehen. Aufgrund ihrer organisatorischen und finanziellen Ressourcen aus der Zeit des Bestehens des NDH-Staates war die Ustascha nach dem Krieg eine einflussreiche Gruppe des bewaffneten Widerstands gegen die neuen jugoslawischen Machthaber, später dann auch im Exil. Bis zum Kroatischen Frühling wurde im Einsatz für kroatische nationale Belange sowohl bei den Kommunisten als auch den Exilanten immer das NDH-Erbe und nicht selten auch die Ustascha (ihre Ideologie der Vernichtung anderer nationaler Gruppen ausgenommen) verteidigt. Während des Zerfalls des jugoslawischen Föderationsstaates versuchten einerseits serbische Kommunisten, die kroatische Nationalbewegung mit der Ustascha auf eine Stufe zu stellen, andererseits gab es unter inhaltlichen Umdeutungen nach 1990 auch klare positive Bezugnahmen der kroatischen Führung unter Franjo Tuđman auf NDH und Ustascha.