Als zentrales ideologisches Konzept der jugoslawischen Kommunisten tauchte der Begriff der sozialistischen Selbstverwaltung (samoupravljanje) erstmals 1950 in Reden von Tito, Edvard Kardelj und Milovan Đilas auf und diente im Folgenden der ideologischen Begründung des Bruches mit Moskau. Das Konzept beinhaltete die Übergabe der Verwaltung der Betriebe an die dort beschäftigten Arbeiter und Angestellten. Erreicht werden sollte dies durch Arbeiterräte und immer wieder neue institutionelle Organisationsformen, die den Einfluss der „Erzeugenden“ nicht nur auf ihre Betriebe, sondern auf das gesamte politisch-gesellschaftliche Leben ausweiten sollten. Der immanente Widerspruch einer sozialistischer Selbstverwaltung war allerdings schon in der Bezeichnung selbst angelegt: Für das Tito-Regime war der Sozialismus mit einem Machtmonopol der kommunistischen Partei verbunden, von echter Selbstverwaltung konnte demnach von vornherein keine Rede sein. Daher waren auch die wiederholten Erneuerungskampagnen und Aktionen gegen die „Bürokratisierung“, die man als größten Hemmschuh der Selbstverwaltungsidee sah, zum Scheitern verurteilt. Recht behielten die (auch parteiinternen) Kritiker des Selbstverwaltungssystems, die darin eine Fiktion sahen, hinter der in Wirklichkeit die Partei und ihre Machtstrukturen standen. Das Selbstverwaltungssystem trug dann auch wesentlich zur tiefen Wirtschaftskrise Jugoslawiens in den 70er Jahren bei, da vor dem Hintergrund der Bürokratisierung und der extremen Dezentralisierung des Landes eine Steuerung der Prozesse mit administrativen Mitteln äußerst schwierig war. Aus Angst vor Koordinierungseffekten durch die „unsichtbare Hand des Marktes“ wurden den Arbeiterkollektiven bis zum Ende der staatlichen Existenz Jugoslawiens zudem keinerlei Eigentumsrechte an ihren Betrieben zugestanden. Dennoch scheint es der Staats- und Parteiführung dank der Selbstverwaltungen leichter gefallen zu sein, marktwirtschaftliche Denkkategorien zuzulassen. So wurde 1969 die Kategorie des Profits als Triebfeder wirtschaftlicher Aktivität rehabilitiert. Hauptinstrumente der Wirtschaftstätigkeit waren Verträge statt Anweisungen. Es existierten Banken, Wechsel, Aktien, die diese Namen auch verdienten – Institutionen also, die in den anderen kommunistisch regierten Staaten so nicht anzutreffen waren.
- Name des Begriffes: Selbstverwaltung
- Beschreibungen des Begriffes:
Selbstverwaltung