Name des Begriffes: Gesellschaftliches Komitee für die Wissenschaft
Beschreibungen des Begriffes:

Gesellschaftliches Komitee für die Wissenschaft

Unabhängiges, 1983–89 existierendes Gremium im Untergrund. Ziel des Gesellschaftlichen Komitees für die Wissenschaft (Społeczny Komitet Nauki; SKN) war die Organisierung eines konspirativen Wissenschaftsbetriebes sowie die Unterstützung für Personen, die die Hochschulen zwangsweise verlassen mussten. Finanziell gefördert wurden Wissenschaftler und Studierende, denen es aus politischen Gründen verwehrt war, unabhängige wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Es wurden Programme für die wissenschaftliche Lehre erarbeitet und Übersetzungen fremdsprachiger Bücher und Aufsätze angefertigt, um so dem Bedarf in Wissenschaft, Bildung und Kultur entgegenzukommen.

Im Rahmen dieses Programms erarbeitete das Komitee Berichte zum Zustand der Forschungslandschaft und zum Ausmaß politischer Repressionen an den Hochschulen. Es förderte Forschungsprojekte zu den Folgen der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986, zur Umweltverschmutzung in der Ostsee und zu den gesundheitlichen Auswirkungen der oberschlesischen Industrie. Im Komitee erarbeitete man wissenschaftliche (mathematische) Methoden zur Ermittlung der tatsächlichen Wahlbeteiligung, die dann von der Untergrund-*Solidarność angewandt wurden. 1985 bereitete das Gesellschaftliche Komitee für Wissenschaft einen internationalen Protest von mehr als 100 westlichen Forschern und Intellektuellen vor, der sich gegen die Pläne der polnischen Regierung richtete, die Hochschulautonomie zu beschneiden. Erarbeitet wurden außerdem ein Ehrenkodex für Wissenschaftler und eine Wissenschaftsreform für die polnischen Hochschulen, die nach den halbfreien Parlamentswahlen im Juni 1989 umgesetzt wurde.

Das Komitee gab auch Bücher und Zeitschriften heraus, unter anderen den „Serwis Informacyjny Społecznego Komitetu Nauki“ (Informationsservice des Gesellschaftlichen Komitees für die Wissenschaft), den „Almanach Humanistyczny“ (Humanistischer Almanach) und „Aletheia“.

Das Umfeld des Komitees konnte auf Erfahrungen zurückgreifen, wie sie in der inoffiziellen *Gesellschaft für Wissenschaftliche Kurse, im halblegalen Gesprächskreis „Erfahrung und Zukunft“ (Doświadczenie i Przyszłość; DiP) und in den legalen Strukturen der Hochschul-Solidarność gesammelt worden waren. Nach Ausrufung des *Kriegsrechts wurde das Komitee Teil der gesellschaftlichen Bewegungen im Untergrund, zu denen auch die Arbeitsgruppe „Unabhängige Bildung“ (Zespół Oświaty Niezależnej mit Krystyna Starczewska, Edward Wieczorek), das Komitee für Unabhängige Kultur (Komitet Kultury Niezależnej mit Teresa Bogucka, Andrzej Osęka, Aleksander Wojciechowski), der Gesellschaftliche Gesundheitsausschuss (Społeczna Komisja Zdrowia mit Zofia Kuratowska), das Helsinki-Komitee (mit Stefan Starczewski, Marek Nowicki) sowie der Rat für Nationale Bildung (Rada Edukacji Narodowej mit Anna Radziwiłł, Jerzy Szacki) gehörten. Die drei erstgenannten Organisationen konstituierten gemeinsam mit dem Gesellschaftlichen Komitee für die Wissenschaft den Zusammenschluss OKN (Oświata – Kultura – Nauka/Bildung – Kultur – Wissenschaft) als Gremium, das die Aufgabe hatte, die aus dem Ausland ins Land strömenden Finanzmittel unter den Organisationen aufzuteilen. Ihre Vertreter im Ausland waren Leszek Kołakowski, Eugeniusz Smolar sowie Irena und Jan Piotr Lasota.

Dem Gesellschaftlichen Komitee für die Wissenschaft gehörten unter anderen an: Stefan Amsterdamski, Janusz Grzelak, Zygmunt Łuczyński, Barbara Malak, Michał Nawrocki, Barbara Stanosz, Witold Karczewski, Klemens Szaniawski (inoffizieller Vorsitzender), Andrzed Ziabicki und Jerzy Wocial. Mit dem Komitee kooperierte die unabhängige, 1982 etablierte Stipendienkasse (Kasa Pomocy Stypendialnej), in der sich neben Komiteemitgliedern auch Władysław Kunicki-Goldfinger, Barbara Skarga, Antoni Rey, Benedykt Zientara und Andrzej Wyrobisz engagierten. Das Gesellschaftliche Komitee verfügte über Ableger an allen wichtigen polnischen Hochschulstandorten: in Krakau, Breslau, Danzig, aber auch in Lublin, Posen, Lodz, Stettin und in Oberschlesien.

Marek Kunicki-Goldfinger

Synonyme: Gesellschaftlichen Komitees für die Wissenschaft
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