Eine der ersten Bürgerrechtsbewegungen in Osteuropa. Die Hilfsaktion verschiedener oppositioneller Gruppen (hauptsächlich Eurokommunisten, Liberale und Kirchenaktivisten) zugunsten der 1976 inhaftierten Musiker der Undergroundband „Plastic People of the Universe“ trug mit zur Entstehung der Bürgerrechtsbewegung Charta 77 in der Tschechoslowakei bei. Die kommunistische Regierung verpflichtete sich mit ihrer Unterschrift unter die KSZE-Schlussakte von Helsinki vom August 1975 zur Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte. In der Folge ratifizierte das tschechoslowakische Parlament auch den UN-Zivilpakt und den UN-Sozialpakt, womit in der Tschechoslowakei eine legale Grundlage für die Einforderung der darin enthaltenen Rechte gelegt war. Eine entsprechende Petition der Charta 77 wurde noch vor ihrer Veröffentlichung am 1. Januar 1977 von 242 Personen unterschrieben.
Die Bürgerrechtsbewegung Charta 77 verstand sich selbst als freie, informelle und offene Gemeinschaft von Menschen mit unterschiedlichen Anschauungen, Religionszugehörigkeiten und Berufen, die der Wille einte, für die Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte in der Tschechoslowakei und weltweit einzutreten. Erste Sprecher der Bewegung wurden Václav Havel, Jiří Hájek und Jan Patočka, die auch die späteren Texte der Charta 77 stellvertretend für alle anderen Unterzeichner unterschrieben. Bis November 1989 entstanden so weitere 572 Dokumente.
Gegen die Unterstützer der Charta 77 ergriff der Staat zahlreiche repressive Maßnahmen. Dazu gehörte auch eine Desinformationskampagne, in deren Verlauf eine Reihe bekannter Künstler die sogenannte „Anticharta“ unterschrieben, in der sie indirekt Aussagen der Bürgerrechtler verurteilten und das kommunistische Regime unterstützten. 1979 wurden einige Mitglieder der Charta 77 und des Komitees zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten (Výbor na obranu nespravedlivě stíhaných; VONS) zu Gefängnisstrafen verurteilt. Die nächste Verfolgungswelle setzte 1981 im Zusammenhang mit dem Vorfall mit einem französischen Lastwagen ein. Dutzende Unterzeichner der Charta verschwanden damals im Gefängnis. Bis November 1989 unterzeichneten rund 2.000 Personen die ursprüngliche Petition der Charta 77, ungefähr 300 von ihnen mussten ihr Land aus politischen Gründen verlassen. Im Unterschied zum tschechischen Landesteil waren die Charta 77 und ihre Veröffentlichungen in der Slowakei weniger populär. Dort unterschrieben nur zehn Personen die Petition.
Bis 1987 verstand die Bürgerrechtsbewegung sich und ihr Handeln als grundsätzlich unpolitisch. Erst in den letzten zwei Jahren vor der Samtenen Revolution entwickelte sich aus der Charta 77 nach und nach eine politische Opposition im engeren Sinne.