Historiker; Mitglied des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR), des Komitees für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (KSS „KOR“) und der Freien Gewerkschaften der Küste; Redaktionsmitglied der unabhängigen Zeitung „Robotnik“ und „Robotnik Wybrzeża“, Pseudonyme: „Rafał“, „Tomek“; Mitwirkung an der Vorbereitung des Streiks in der Danziger Lenin-Werft im August 1980; Führungspersönlichkeit der Solidarność.

Bogdan Borusewicz wurde 1949 im ermländischen Lidzbark Warmiński (Heilsberg) geboren. Als er 1968 in der vierten Klasse des Lyzeums für Bildende Kunst in Gdynia (Gdingen) war, verfasste er ein Flugblatt, das zu Demonstrationen am 1. und 3. Mai aufrief, um die nach dem März 1968 verfolgten Studenten zu verteidigen. Von dem Text fertigte er 110 Exemplare an, die er gemeinsam mit Kommilitonen am 28. April in der Regionalbahn und am Polytechnikum in Danzig (Gdańsk) verteilte. Als ihn ein Lehrer denunzierte, wurde er am 5. Mai 1968 verhaftet. Auf seinem Transport von der Polizeistation flüchtete er jedoch und versteckte sich fünf Tage im Wald, während steckbrieflich nach ihm gesucht wurde. Im April 1969 bekam er für die Herstellung und Verteilung der Flugblätter eine Strafe von drei Jahren Gefängnis. Krysztof Włodarski, der im Oktober 1968 aufgrund der Denunziation eines Mitschülers inhaftiert wurde, erhielt für sogenannte „Flüsterpropaganda“ zehn Monate. Während Borusewicz im Gefängnis saß, konnte er sich dank seiner Lehrer Adolf Popławski, Olga Janiak und Maria Morawska auf die Abiturklasse vorbereiten. Nach einer Amnestie im Juli, die seine Strafe auf anderthalb Jahre verkürzte, kehrte er zur Schule zurück. Um sein Urteil vollständig zu vollstrecken, wurde er im Oktober 1969 noch einmal für 14 Tage ins Gefängnis gesteckt.

Im Herbst 1970 begann Borusewicz ein Geschichtsstudium an der Katholischen Universität Lublin (KUL). Gemeinsam mit Marian Piłka, Janusz Krupski und Piotr Jegliński vervielfältigte er Exemplare der Pariser Exilzeitschrift „Kultura“. Auf Vermittlung von Janusz Bazydła gelangte die Gruppe zur katholischen Vereinigung „Więź“ (Band, Bindung), die von Zdzisław Szpakowski organisiert wurde, und war im Historikerkreis der KUL aktiv.

1973 widersetzten sich Bogdan Borusewicz, Janusz Krupski und Piotr Jegliński der Zwangsvereinigung aller studentischen Organisationen im ideologisierten Sozialistischen Polnischen Studentenverband. Sie organisierten Versammlungen und Plakataktionen und trafen sich mit dem Rektor der Hochschule. Borusewicz gehörte einer Studentendelegation an, die vom Primas von Polen, Kardinal Stefan Wyszyński, empfangen wurde. Im Ergebnis setzte sich der Primas gegen die Gründung des Sozialistischen Studentenverbandes an der KUL ein und das polnische Episkopat verfasste ein Protestschreiben gegen die Zwangsvereinigung der Jugendorganisationen.

Borusewicz beteiligte sich an der seelsorgerischen Arbeit an der Hochschule, die von Dominikanerpater Ludwig Wiśniewski geleitet wurde. Er gehörte zu den Initiatoren von Treffen, bei denen Emigrationsliteratur gelesen und frei über die polnische Geschichte diskutiert wurde. In Danzig lernte er eine Gruppe jüngerer Oppositioneller kennen, die früher mit Pater Wiśniewski verbunden gewesen war (darunter Aleksander Hall, Arkadiusz Rybicki, Wojciech Samoliński und Jan Samsonowicz).

Mitte 1975 kehrte Borusewicz nach Danzig zurück, wo er in der Seelsorgearbeit des Jesuitenpaters Bronisław Sroka mitwirkte. Dort verkehrte auch der Kreis um Aleksander Hall, der Weiterbildungen für Studenten und Jugendliche organisierte. Gleichzeitig hielt er seine Verbindung nach Lublin aufrecht.

Die Danziger Gruppe organisierte 1975/76 materielle und juristische Hilfe für Stanisław Kruszyński, einen KUL-Studenten, der für seine in privaten Briefen an die Familie geäußerte Kritik am politischen System zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Borusewicz beteiligte sich im Frühjahr 1976 in Danzig und Lublin an Unterschriftensammlungen gegen eine geplante Verfassungsänderung sowie an einem Protestbrief zur Verteidigung von Jacek Smykała, der als Student der Pommerschen Medizinischen Akademie wegen kritischer Äußerungen von der Hochschule relegiert worden war. (Dieser Brief wurde dann jedoch nicht an die staatlichen Behörden geschickt, weil zu wenig Unterschriften zusammengekommen waren.)

Nach den Streiks und Demonstrationen im Juni 1976 schloss sich Borusewicz den Hilfsaktionen für die verfolgten Arbeiter an. Dank einer von Arkadiusz Rybicki aus dem Danziger Gericht gestohlenen Liste konnten sie Kontakt zu einer größeren Gruppe von Entlassenen aufnehmen, unter anderem aus der Danziger Lenin-Werft. Im August 1976 brachte Borusewicz in Danzig gesammeltes Geld zu den Arbeitern, die in Radom verfolgt wurden. Dabei arbeitete er mit Mirosław Chojecki zusammen, der die dortige Hilfe organisierte. Von ihm erfuhr er auch von der Idee, das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników; KOR) ins Leben zu rufen.

Borusewicz beschrieb das Entstehen des KOR wie folgt: „Mir erschien es als eine Verrücktheit, die alle Beteiligten schnurstracks ins Gefängnis führen musste. Es kam der Vorschlag auf, jemand von uns solle sich an dem Komitee beteiligen. Wir begannen in den Lubliner und Danziger Kreisen einen passenden Vertreter zu suchen. Niemand war bereit. Ich war der Älteste, rauchte nicht, weil ich meine Diplomarbeit abschließen wollte, und rechnete damit, eingesperrt zu werden, wenn ich mich beteiligte. Schließlich merkte ich aber, dass ich es machen musste und mich nicht länger drücken konnte.“ Borusewicz wurde im November 1976 Mitglied des KOR.

1977 trat er in die Redaktion des unter Umgehung der Zensur erscheinenden Blattes „Robotnik“ (Arbeiter) ein, in der er gemeinsam mit Jan Lityński, Henryk Wujec und seiner Frau Ludwika, Witold und Helena Łuczywo sowie Teodor Klincewicz arbeitete. Ab der zweiten Ausgabe stand auch seine Adresse in der Redaktionszeile. Er schrieb Texte, verteilte einige hundert bis viele tausend Exemplare der Zeitung in der Dreistadt (vor allem auf der Danziger Werft) und schuf sich mit der Zeit eine Gruppe ständiger Unterstützer. Zu dieser gehörten Andrzej Gwiazda, Bogdan Lis, Mariusz Muskat, Alina Pieńkowska (später Borusewiczs Ehefrau), Anna Walentynowicz, Błazej und Krzysztof Wyszkowski.

Borusewicz unterschrieb die „Erklärung der Demokratischen Bewegung“ (Deklaracja Ruchu Demokratycznego) vom 18. September 1977, das Programmdokument des KOR und trat dem Komitee für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (KSS „KOR“) bei. Anfang 1978 beteiligte er sich an der vom KSS „KOR“ organisierten Aktion zur Verteidigung von Kazimierz Świtoń. „Unsere Taktik war, den Mächtigen klarzumachen, dass wir so laut schreien, wenn sie jemanden einsperren, dass es sich für sie nicht auszahlt“, sagte er Jahre später. Im Februar 1978, als die Staatssicherheit das Treffen eines Weiterbildungskreises in seiner Wohnung auffliegen ließ, wurde er zu drei Wochen Arrest verurteilt.

Trotz anfänglicher Skepsis trat Bogdan Borusewicz den Freien Gewerkschaften der Küste (Wolne Związki Zawodowe Wybrzeża; WZZ) bei, die am 29. April 1978 von Andrzej Gwiazda, Antoni Sokołowski und Krzysztof Wyszkowski gegründet worden waren: „In den Freien Gewerkschaften definierten wir als unser allgemeines Ziel, eine Bewegung zu schaffen, die das kommunistische in ein demokratisches System verwandelt. Unsere Aufgabe bestand darin, die Fremdheit des uns aufgezwungenen Systems hervorzuheben und Strukturen zu schaffen, mit denen wir Druck auf dieses System ausüben konnten. Also der Aufbau einer alternativen Gesellschaft, wie sie Jacek Kuroń vorgeschlagen hatte.“ Gemeinsam mit Andrzej Bulc, Joanna Duda-Gwiazda und Andrzej Gwiazda gab er am 1. August 1978 die erste Ausgabe des „Robotnik Wybrzeża“ (Arbeiter der Küste), der Zeitung der Freien Gewerkschaften, heraus; später schlossen sich noch Alina Pieńkowska, Anna Walentynowicz, Lech Wałęsa und 1979 Maryla Płońska der Redaktion an. Insgesamt erschienen sieben Ausgaben. Mit Joanna Duda-Gwiazda und Lech Kaczyński organisierte er unabhängige Gewerkschaftsschulungen und für die Arbeiter Vorlesungen zur neuesten polnischen Geschichte. Er verteilte unzensierte Zeitungen und Bücher, druckte Flugblätter.

Małgorzata Strasz, Piotr Adamowicz
Aus dem Polnischen von Markus Pieper
Letzte Aktualisierung: 09/15