Historiker und Publizist; ab 1977 einer der führenden Vertreter der Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (ROPCiO), ab 1979 Vorsitzender der Konföderation Unabhängiges Polen; Pseudonym: „Natalia Naruszewicz“.

Leszek Moczulski wurde 1930 in Warschau geboren. 1947/48 war er Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation „Kampfbund der Jugend“ (Związek Walki Młodych; ZWM), 1948/49 trat er dann dem staatlichen Bund der Polnischen Jugend (Związek Młodzieży Polskiej; ZMP) bei. 1948 wurde er Mitglied der Polnischen Arbeiterpartei (Polska Partia Robotnicza; PPR) und blieb auch in deren Nachfolgepartei, der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza; PZPR), aus der er 1950 ausgeschlossen wurde. 1952 schloss er sein Jurastudium an der Universität Warschau ab.

Mitte der 50er Jahre fand Moczulski, wie er selbst berichtet, Anschluss an die sogenannte Unabhängigkeitsströmung. Diese war eine konspirative Gruppe, die hauptsächlich aus ehemaligen Offizieren der Heimatarmee (Armia Krajowa; AK) bestand. Er arbeitete als Journalist unter anderem für die Zeitungen „Życie Warszawy“, „Wieś“ und „Dookoła Świata“. Auch mit der westlichen Presse pflegte er Kontakte, was 1957 zu seiner Verhaftung führte. Die Anklage lautete auf „Verleumdung der Staatsführung der Volksrepublik Polen im Ausland“, der Prozess endete 1958 jedoch mit einem Freispruch. Nach einigen Jahren Berufsverbot (in dieser Zeit schrieb er unter Pseudonym weiter) nahm er wieder seine normale Arbeit als Journalist auf. 1961–77 war er für die Wochenzeitschrift „Stolica“ tätig.

1972 veröffentlichte Moczulski sein Buch „Der polnische Krieg 1939“ (Wojna polska 1939), in dem er über die sowjetische Aggression gegen Polen am 17. September 1939 berichtete und die Maßnahmen der polnischen Staatsführung während des Verteidigungskrieges in Schutz nahm. Dieses Werk, das später von den Behörden aus den Bibliotheken und aus dem Buchhandel verbannt wurde, brachte ihm Anerkennung und Popularität in den oppositionell eingestellten Kreisen der Kriegsveteranen ein.

Moczulski war der wichtigste Verfasser des 1976 verkündeten „Programms 44“. Die darin dargelegten Forderungen nach Systemreformen und der Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit waren Teil der Vorbereitungen zur Gründung einer oppositionellen Organisation, wie sie in Moczulskis Umfeld zu beobachten waren. In den Jahren 1977/78 gehörte er zum engen Führungszirkel der konspirativ agierenden Unabhängigkeitsströmung (Nurt Niepodległościowy). In der 1977 gegründeten Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (Ruch Obrony Praw Człowieka i Obywatela; ROPCiO) übernahm er neben Andrzej Czuma den Posten eines der beiden Sprecher. Zugleich war er Redakteur der unabhängigen Schrift „Opinia“ (Meinung).

Schon bald zeigte sich, dass ROPCiO für Moczulski lediglich eine Übergangsetappe auf dem Weg zur Gründung einer politischen Partei war. Einfluss darauf hatte auch sein Konflikt mit Andrzej Czuma, der in der Bewegung ebenfalls Führungsansprüche anmeldete. Auf dem gesamtpolnischen Treffen von ROPCiO im Juni 1978 in Zalesie Górne kam es dann zur Spaltung. Der seiner Funktion als Redakteur von „Opinia“ beraubte Moczulski gründete die Zeitschrift „Droga“ (Weg) und versammelte um sich die ihm gegenüber loyalen Weggefährten aus der Bewegung.

Jan Kowalski
Aus dem Polnischen von Gero Lietz
Letzte Aktualisierung: 07/16