Rudolf Bahro wurde 1935 in Bad Flinsberg in Schlesien geboren, wo seine Eltern in der Landwirtschaft tätig waren. 1954 schloss er die Schule mit dem Abitur in Fürstenberg/Oder ab und studierte anschließend bis 1959 Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin. Ab 1954 SED-Mitglied und gläubiger Kommunist, protestierte er während der Ungarischen Revolution von 1956 gegen die Desinformationspolitik der SED. Dies führt zu ersten Observierungen durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Nach dem Diplom war er als Dorfzeitungsredakteur im Kreis Seelow (Oderbruch) tätig, dann als Redakteur der Universitäts-Parteizeitung in Greifswald und politischer Mitarbeiter beim Zentralvorstand der Gewerkschaft Wissenschaft in Berlin. 1965 wurde er stellvertretender Chefredakteur der Zeitung „FORUM“, doch wegen des Abdruckes von Volker Brauns Stück „Kipper“ löste man ihn aus kulturpolitischen Gründen wieder ab. Zwischen 1967 und seiner Verhaftung 1977 arbeitete er sich bis zum Abteilungsleiter für Arbeitsorganisation im VEB Gummikombinat Berlin-Weißensee hoch.
Bahros Protest gegen den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei 1968 führte zur erneuten, diesmal intensiven Verfolgung durch die Staatssicherheit. Eine außerplanmäßige Aspirantur 1972–75 an der Technischen Hochschule für Chemie Leuna-Merseburg ermöglichte es ihm, eine Dissertation über Effektivität und Hemmnisse beim Einsatz von Hoch- und Fachschulabsolventen in der Wirtschaft zu schreiben. Bahro verband diese mit nicht genehmigten Interviewerhebungen. Trotz positiver Gutachten wurde durch Intervention des MfS und aufgrund zusätzlich „bestellter“ negativer Bewertungen seine Dissertation abgelehnt. Der Grund hierfür lag nicht in der Doktorarbeit selbst begründet, sondern in seiner nebenher heimlich verfassten grundlegenden Kritik am realen Sozialismus, aus der später sein bekanntes Buch „Die Alternative“ hervorgehen sollte. Bahros geschiedene Frau Gundula übergab die erste Textfassung dieser Sozialismuskritik dem Staatssicherheitsdienst, der seit 1974 jede seiner Tätigkeiten überwachte, jedoch nicht verhindern konnte, dass Bahro am Text weiterarbeitete und das fertige Manuskript in die Bundesrepublik bringen ließ.
Nach Fertigstellung des Buches unter dem Titel „Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus“ und genau vorbereiteten Medienauftritten wurde Bahro am 23. August 1977 verhaftet und am 30. Juni 1978 zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Anschließend kam er in das Zuchthaus Bautzen II. Auch unter dem Druck internationaler Proteste amnestierte man ihn bereits zum 30. Jahrestag der DDR im Oktober 1979 und ließ ihn zusammen mit ihm nahestehenden Personen in die Bundesrepublik ausreisen.
„Die Alternative“ wurde in Auszügen, selbst hergestellten Abzügen und einzelnen Exemplaren in den 70er und frühen 80er Jahren in der DDR von vielen Intellektuellen gelesen und hat so wesentlich zur Aufklärung über den „realen Sozialismus“ auch unter SED-Mitgliedern beigetragen. Auf die Akteure der Herbstrevolution 1989 übte das Buch dagegen keinen Einfluss mehr aus und spielte auch bei der politischen Umgestaltung der DDR keine Rolle mehr.
In der Bundesrepublik bemühte sich Bahro ab 1979 politisch um die Integration sozialistischer (auch sozialdemokratischer) und alternativer Kräfte, wurde Gründungsmitglied der Partei „Die Grünen“, in deren Bundesvorstand er 1982 gewählt wurde. Politische Differenzen veranlassten ihn, 1985 aus der Partei auszutreten. Nach seiner Promotion wurde er 1983 mit der „Alternative“ habilitiert. Einen mehrwöchigen USA-Aufenthalt im gleichen Jahr bei Bhagwan Shree Rajneesh und dessen Sannyasins im Bundesstaat Oregon verstand er als „eine Reise nach Innen“. In der Folgezeit war er an mehreren alternativen Projekten und an der Gründung einer „Lernwerkstatt“ in Niederstadtfeld in der Eifel beteiligt. Nach seiner Abkehr von den Grünen wandte er sich euphorisch Michail Gorbatschow zu, in dem er den politischen Vollender seiner „Alternative“ sah.
Während der Friedlichen Revolution kehrte Bahro Ende 1989 nach Ost-Berlin zurück und hielt eine wenig verstandene und umstrittene Rede auf dem Sonderparteitag der SED, in der er unter anderem zur ökonomischen Umkehr und zu einer ökologischen Lebensweise aufrief. Im September 1990 wurde er als Professor berufen und gründete das Institut für Sozialökologie an der Humboldt-Universität Berlin. Dort begann er im Wintersemester 1990/91 regelmäßige Vorlesungen, die auch auf ein starkes Interesse einer nichtstudentischen Öffentlichkeit stießen. Nebenher war er Kopf eines kleineren Kreises – die „Gemeinschaft für Sozialökologie“ – mit spirituellen Übungen und anderen Exerzitien.
Bahros zweites Hauptwerk war die „Logik der Rettung“. In ihr verfasste er eine Fundamentalkritik an der industriellen Wirtschaftsweise und ihrer Naturzerstörung. Dieser setzte er die „Subjektivität der Rettung“ entgegen, die mit der Selbsterneuerung auf dem Wege der Meditation beginnen, sich über eine geläuterte Subjektivität und die Umgestaltung der Lebensweise hin zum praktischen Umbau der materiellen Fundamente der Gesellschaft weiterentwickeln sollte. Der Kommunismus war ihm in den 90er Jahren keine Systemfrage mehr; sein neuer Ansatz lautete: „Kommunismus verstehe ich als Begleiterscheinung jeglicher spirituell fundierter Gesellschaft.“
In seinen letzten Lebensjahren arbeitete Bahro an einem neuen Politikverständnis mit Anleihen bei Platon (der Weise als Staatsführer), Joachim di Fiore (eine Art göttlicher Staat, in dem Liebe und Gleichheit herrschen) und Jean Gebser (Idee des „Homo integralis“). 1995 erkrankte er an Krebs und starb nach vorübergehender Besserung am 5. Dezember 1997 in Berlin.