Senowij Krassiwskyj wurde 1929 in dem Dorf Witwica in der damals zu Polen gehörenden Woiwodschaft Stanisławów (heute: Wytwycja, Gebiet Iwano-Frankiwsk) in einer Bauernfamilie geboren. Die Familie engagierte sich in der ukrainischen National- und Kulturbewegung und unterstützte im Dorf den Aufbau einer Filiale der Prosvita und eines Leseraums sowie die Arbeit der Kirchengemeinde. Sein Vater gehörte zu den ukrainischen Sitscher-Schützen, die zwischen 1918 und 1920 für eine unabhängige Ukraine kämpften. Seine Brüder kämpften in den Reihen der Ukrainischen Aufständischen Armee.
Nach seinem Abitur 1946 begann Krassiwskyj ein Studium an der Polytechnischen Hochschule in Lwiw, doch schon 1947 wurden er und seine Familie nach Kasachstan deportiert. Während des Transports gelang Krassiwskyj die Flucht. Zwei Jahre versteckte er sich zunächst in den Karpaten und danach in Lwiw, bis er verhaftet und im März 1949 von einem Spezialgericht des Innenministeriums zu fünf Jahren Freiheitsentzug und lebenslanger Verbannung verurteilt wurde. Seine Haftstrafe verbüßte er im Gebiet Archangelsk, wo er als Holzfäller arbeitete.1953 kam Krassiwskyj dank einer Amnestie frei und konnte zu seiner Familie nach Karaganda ziehen. 1956 begann er ein Fernstudium der ukrainischen Philologie an der Universität Lwiw. Bei seiner Arbeit in einem Bergwerk überlebte er zwei Grubenunglücke. Aufgrund der daraus resultierenden Verletzungen wurden ihm ein Schwerbehindertenstatus auf Lebenszeit zuerkannt und die gegen ihn verhängten Meldeauflagen der „Spezialansiedelung“ aufgehoben.
1959 wurde Krassiwskyj wegen der „Anstachelung nationalistischer Stimmungen unter Ukrainern“ in Karaganda verhaftet. Er kam frei, und es gelang ihm, in die Ukraine überzusiedeln. Die Anmeldung bei seiner Familie blieb ihm jedoch zwei Jahre lang verwehrt, und er wurde ständig überwacht. Trotzdem fand er eine Stelle als Bibliotheksmitarbeiter. 1962 wurde er vom Rektor der Universität Lwiw extern zur Abschlussprüfung zugelassen und schloss sein Studium mit Diplom ab.
Ende August 1963 beteiligte sich Krassiwskyj an der Gründung der illegalen Ukrainischen Nationalen Front (UNF). Er verfasste den programmatischen Text „Die Taktik der Ukrainischen Nationalen Front“ (Taktyka Ukraijins’koho Nacjolnanoho Frontu). Die Herausgabe der ersten Nummer der unabhängigen Zeitschrift „Volja i bat’kivščyna“ im Oktober 1964 wird als Geburtsstunde der Vereinigung betrachtet. Zur UNF gehörten vier Organisationen, zwei in Lwiw und zwei in Iwano-Frankiwsk, sowie einzelne Mitglieder aus den Gebieten Riwne, Donezk und Kirowohrad. Die Front besaß mehr als 150 Mitglieder, Krassiwskyj koordinierte die Arbeit der Gruppe in Lwiw. Neben der eigenen Zeitschrift, von der 16 Nummern erschienen, verbreitete die Vereinigung Veröffentlichungen der Organisation Ukrainischer Nationalisten und der Ukrainischen Aufständischen Armee sowie Samisdat-Publikationen.
Krassiwskyj arbeitete in dieser Zeit auch an einem historischen Roman und Gedichtbänden. Im Mittelpunkt seines Schaffens stand ihm selbst zufolge der ständige Kampf um die Bewahrung des nationalen, politischen und menschlichen Ichs“, verkörpert durch die zentrale Gestalt eines ukrainischen politischen Häftlings, der nahezu sein ganzes Leben in Gefangenschaft verbringt oder seiner Verhaftung entgegensieht.
Starkes Echo löste das Memorandum der UNF an den XXIII. Parteitag der KPdSU vom März 1966 aus, das an sowjetische und ukrainische Partei- und Staatsbeamte sowie an wichtige Zeitungen versandt wurde. Konstatiert wurde, dass die Kommunistische Partei zwar die Methoden der Nationalitätenpolitik Stalins verurteilt habe, nicht aber deren Ziele. Die Verfasser des Textes empfahlen den Parteitagsteilnehmern, ihre Einstellung bezüglich der Nationalitätenfrage in der UdSSR radikal zu überdenken und verlangten, die dem ukrainischen Volk zustehenden Rechte anzuerkennen und insbesondere allen Deportierten die Rückkehr in die Ukraine zuzugestehen. Sie verlangten ein Ende der Repressionen gegen die ukrainische Intelligenz und forderten die Einführung der ukrainischen Sprache in allen Behörden, Unternehmen, kulturellen Einrichtungen und gesellschaftlichen Organisationen. Im April 1966 protestierte die UNF mit einer Erklärung gegen die Verhaftungen von unangepassten Intellektuellen, die man eines bürgerlichen Nationalismus beschuldigte, und widersprach dem Vorwurf, die Nationalbewegung sei ein Werk ausländischer Geheimdienste.
Im März 1967 wurden die führenden Köpfe der UNF verhaftet. Das Untersuchungsverfahren unterstand dem KGB in Lwiw und Iwano-Frankiwsk. Gegen die in Lwiw Verhafteten wurden, dank ihrer übereinstimmenden Aussage, eine Organisation habe nicht bestanden, Einzelverfahren angestrengt. Krassiwskyj musste sich als Mitbegründer der UNF jedoch in einem Gruppenverfahren verantworten, zu dessen Hauptbeschuldigten auch Dmytro Kwezko, Mychajlo Djak, Jaroslaw Lessiw und Wassyl Kulynyn gehörten. Das Oberste Gericht der Ukrainischen SSR erhob Anklage nach Artikel 64 Strafgesetzbuch der Ukrainischen SSR (entspricht Artikel 72 Strafgesetzbuch der RSFSR) und Artikel 56, Paragraf 1 Strafgesetzbuch der Ukrainischen SSR (entspricht Artikel 64, Paragraf 1 Strafgesetzbuch der RSFSR). Krassiwskyj wurde am 27. November 1967 zu zwölf Jahren Freiheitsentzug (fünf Jahre Gefängnis und sieben Jahre Lager mit strengem Vollzug) sowie fünf Jahren Verbannung verurteilt. Er kam zunächst in das Wladimir-Gefängnis (1968–72). Hier entstanden unter anderem sein Gedicht-Zyklus „Das Weinen der Sklaven“ (Nevol‘nyc‘ki plači), der erstmals 1984 in London veröffentlicht wurde, sowie das Poem „Triumph des Satans“(Triumf satany).
In Wladimir wurde gegen Krassiwskyj ein neues Verfahren nach Artikel 70, Paragraf 1 Strafgesetzbuch der RSFSR eingeleitet. Vorgeworfen wurde ihm die Autorenschaft einer Sammlung „antisowjetischer und nationalistischer Gedichte“ und mehrerer, im Januar 1972 während einer Durchsuchung im Gefängnis beschlagnahmter Protestbriefe an die Behörden sowie die Beteiligung an kollektiven Hungerstreiks. Krassiwskyj verweigerte die Aussage und wurde daraufhin zur psychiatrischen Begutachtung an das Serbski-Institut in Moskau überstellt, wo er am 4. Mai 1972 für unzurechnungsfähig erklärt wurde. Durch eine Entscheidung des Gebietsgerichts in Wladimir kam er in eine psychiatrische Klinik in Smolensk und später nach Lwiw und Bereschany im Gebiet Ternopil, wo er bis Juli 1978 festgehalten wurde. Zuvor hatte das Gebietsgericht in Wladimir eine Zwangsbehandlung angeordnet. Nach seiner Freilassung lebte Krassiwskyj in dem Städtchen Morschyn im Gebiet Lwiw bei Myroslaw Melen, der ebenfalls im UNF-Verfahren verurteilt worden war und als sein Vormund bestimmt wurde.
1976 hatte sich Amnesty International Krassiwskyjs Fall angenommen. Über ein Jahr lang schrieb die Amerikanerin Iris Akagoshi ihm Briefe ins Psychiatrische Krankenhaus, auf die sie jedoch nie eine Antwort erhielt. Mitglieder der Organisation riefen im Krankenhaus an, wandten sich mit Petitionen an die UNO und an die Behörden in Moskau und Kiew und organisierten offizielle Treffen mit Politikern und Diplomaten. Erst nach Krassiwkyjs Entlassung 1978 konnte er mit Akagoshi in einen regen Briefwechsel treten, an dem sich auch Olena Antoniw, mit der Krassiwskyj seit 1979 verheiratet war, beteiligte. 1995 erschien der Briefwechsel in Buchform.
Im Oktober 1979 wurde Krassiwskyj Mitglied der Ukrainischen Helsinki-Gruppe. Im Anschluss an eine Hausdurchsuchung am 12. März 1980 wurde er erneut verhaftet. Das Gebietsgericht in Wladimir zog seine Entscheidung über die Unzurechnungsfähigkeit Krassiwskyjs zurück, und entschied, dass er die Strafe aus dem Urteil von 1967 in vollem Umfang zu verbüßen habe, was weitere acht Monate und sieben Tage Lager und fünf Jahre Verbannung für ihn bedeutete. Krassiwskyj kam zunächst in die Permer Lager und wurde am 17. November 1980 von dort an seinen Verbannungsort in die Siedlung Lugowoj im Gebiet Tjumen überführt.
1985 kehrte Krassiwskyj in die Ukraine zurück. Zwei Jahre später wurde er Sekretär der Ukrainischen Helsinki-Union. Im April 1990 trat er mit einer Initiative zur Gründung der im Geiste Stepan Banderas, des langjährigen Kopfes der Organisation Ukrainischer Nationalisten, tätigen Partei „Staatliche Unabhängigkeit der Ukraine“ hervor. Er war Gründer der in Stryj im Gebiet Lwiw erscheinenden politischen Zeitschrift „Ukraijinski problemy“.
Senowij Krassiwskyj starb am 20. September 1991 in Morschyn. Erst nach seinem Tod wurde öffentlich bekannt, dass er in seinen letzten Lebensjahren an der Spitze der Organisation Ukrainischer Nationalisten gestanden hatte.