Erinnerungskultur in Rumänien
Die Aufarbeitung der Verbrechen des kommunistischen Regimes kam nach dem Regimewechsel in Rumänien nur schleppend in Gang. Zwar wurde die Securitate aufgelöst bzw. umgewandelt, die KPR zerfiel und die kommunistische Ideologie wurde als verbrecherisch verurteilt. Aber viele Machtpositionen blieben in den Händen ehemaliger kommunistischer Kader, und es fehlte an unbelasteten Justizorganen. So wurden nach der Hinrichtung von Elena und Nicolae Ceaușescu nur vereinzelt Anklagen gegen vormalige Folterer erhoben, die meist ohne Verurteilungen endeten. Ehemalige politische Gefangene konnten zwar seit 1990 die Aufhebung ihrer Strafurteile beantragen, einen Anspruch auf Entschädigung erhielten sie jedoch erst ab 2009. 2005 wurde das Institut zur Erforschung der kommunistischen Verbrechen eingerichtet, das ebenfalls Strafverfolgungen beantragen kann.
Auch aufgrund der angespannten sozialen und wirtschaftlichen Situation im Land erwiesen sich die Aufarbeitung der zweifachen Diktaturerfahrung, öffentliches Erinnern als langwierig und schwierig. Nichtsdestotrotz manifestierte sich in den Jahrzehnten seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes eine vielgestaltige „Erinnerungslandschaft“ aus Denkmälern, Museen, Gedenkstätten und Markierungen, die – häufig auch an historischen Orten wie der heutigen Gedenkstätte Sighet oder dem Fort Jilava 13 – an Repressionen, Leid und vor allem Opfer der Gewaltherrschaft erinnern. In den Grenzregionen des Landes wurden Denkmäler und Skulpturen errichtet, die die Erinnerung an die Fluchtopfer wachhalten sollen. So befindet sich seit 1996 in der Nähe der Stadt Orschowa das vom Bildhauer Patriciu Mateescu geschaffene Denkmal „Danubia“ zum Gedenken an jene, die beim Fluchtversuch von Rumänien nach Jugoslawien ihr Leben verloren. Die Errichtung weiterer Denkmäler ist geplant, so zum Beispiel in Sânnicolau-Mare (Großsanktnikolaus), wo eines der letzten Fluchtopfer zu beklagen war,. Gleichzeitig entstanden in den vergangenen Jahrzehnten auch Erinnerungszeichen und Einrichtungen, die dem Widerstand, der Befreiung und dem demokratischen Aufbruch gewidmet sind, zum Beispiel das Museum der Revolution in Temeswar oder das Denkmal „Wiedergeburt“ in Bukarest.
Vgl.: Museen und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Diktaturen, hrsg. v. Anna Kaminsky, erarbeitet v. Anna Kaminsky, Ruth Gleinig und Lena Ens, Dresden 2018, S. 261.