Geschichte der rumänischen Opposition
In der rumänischen Politik spielten die Kommunisten während des Zweiten Weltkrieges ab August 1944 eine bedeutende Rolle, als sie sich Seite an der Seite mit demokratischen Gruppierungen und König Michael I. am Sturz des prodeutschen Regimes von Marschall Ion Antonescu beteiligten. Kurz darauf besetzten sowjetische Truppen das Land. Fortan erlangten kommunistische Kräfte in Rumänien – wie in den anderen Ländern Mittel- und Osteuropas auch – eine immer größere Macht, die es ihnen ermöglichte, brutal gegen die Gesellschaft vorzugehen. Auch innerhalb der kommunistischen Partei brachen erbitterte Flügelkämpfe aus, die zur Ausschaltung einer Gruppe um Ana Pauker und zur Verhaftung und späteren Hinrichtung von Lucrețiu Pătrășcanu führten, einer der wichtigsten hochrangigen Vertreter der Rumänischen Kommunistischen Partei. 1948 hielten Parteichef Gheorghe Gheorghiu-Dej und seine Mitarbeiter die gesamte Macht in ihren Händen.
Drei Jahre nach Stalins Tod 1953 vollzog sich in den meisten osteuropäischen Ländern ein Prozess der Entstalinisierung. Im innenpolitischen Machtkampf Rumäniens verstand es der kommunistische Parteichef Gheorghe Gheorghiu-Dej, das unter Nikita Chruschtschow eingeleitete Tauwetter und die Verurteilung der Stalinzeit zu seinen Gunsten auszunutzen. Während der Ungarischen Revolution von 1956 bot die rumänische Regierung der UdSSR ihre Unterstützung im Kampf gegen die „Konterrevolution“ an. Im Gegenzug erklärte sich die Sowjetunion 1958 bereit, ihre Truppen aus Rumänien abzuziehen. Bestärkt in ihrer Zustimmung für diese Übereinkunft wurde die Sowjetführung durch ihr Vertrauen in das Bukarester Regime hinsichtlich dessen Fähigkeit, jegliche antikommunistische Aktivitäten niederschlagen zu können. Beleg hierfür waren Änderungen im rumänischen Strafgesetzbuch (per Dekret vom 21. Juli 1958 wurden die Strafen für antikommunistische Äußerungen und Handlungen verschärft) und Verschärfungen der Haftbedingungen.
Nach dem Jahr 1956 gab es in Rumänien mehrere Wellen politischer Säuberungen, der Terror verschärfte sich, jegliche oppositionelle Betätigungen wurden hart bestraft und immer mehr Strafarbeitslager wurden eingerichtet. Auch Proteste gegen die Nationalisierung von Betrieben und die Kollektivierung der Landwirtschaft wurden niedergeschlagen. Gegner der Kollektivierung wurden eingeschüchtert, verfolgt und gefoltert, viele Teilnehmer von Protestkundgebungen wurden sogar ermordet oder in Arbeitslager verschleppt. Die wichtigsten Zentren des Widerstandes befanden sich 1958/59 in den Kreisen Galați, Tulcea, Mureș, Gorj, Dolj, Bacău, Olt, Dâmbovița und Argeș.
Obgleich der bewaffnete Widerstand für das kommunistische Regime keine wirkliche Bedrohung darstellte, hatte seine Existenz dennoch eine symbolische Bedeutung, stellte er doch eine Art Ausgangspunkt für spätere Oppositionsbewegungen dar. Zur Entstehung bewaffneter Gruppen, die sich offen dem kommunistischen System widersetzten, war es schon kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gekommen, als Partisanen im Schutz der Karpaten agierten. Die soziale Zusammensetzung ihrer einige Dutzend zählenden Einheiten war sehr gemischt: Zu den Mitgliedern zählten viele ehemalige Offiziere, man fand unter den Partisanen aber auch Bauern, Arbeiter, Juristen, Ärzte und Studenten. Dementsprechend vielfältig waren ihre politischen Ziele. Viele hatten zuvor zur rechtsextremen Eisernen Garde gehört, andere waren vor dem Krieg Kommunisten gewesen.
Die letzten Reste der antikommunistischen Partisanenbewegung wurden in Rumänien erst Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre niedergeschlagen. 1957 enttarnte man eine im Făgăraș-Gebirge aktive Partisanengruppe und verhaftete 1958 die Brüder Arnăuțoiu, die die Gründer der Hajduken von Muscel gewesen waren. Ein Jahr später wurden sie hingerichtet.
Ein weiterer wichtiger Faktor, der Einfluss auf die Herausbildung der rumänischen Opposition hatte, war der Ende der 50er Jahre aufkommende Nationalkommunismus. Die ersten Schritte in diese Richtung unternahm bereits Gheorghe Gheorghiu-Dej. Für die Partei war ab 1965 der Nationalkommunismus Staatspolitik, die sie konsequent vertrat. In den ersten Jahren seiner Herrschaft nutzte auch Nicolae Ceaușescu den rumänischen Nationalismus äußerst geschickt für seine politischen Ziele. So gebrauchte er die antisowjetische Stimmung in der Bevölkerung, um seine Sympathiewerte im Volk zu steigern.
Gleichzeitig wurde der Nationalkommunismus geschickt mit einer Liberalisierung verknüpft. So lehnte Rumänien im April 1964 einen Plan ab, der unter anderem die angeblich „gemeinsame“ sowjetisch-rumänische Nutzung des Donau-Deltas vorsah, aber de facto die territoriale Integrität Rumäniens verletzte. Im Oktober desselben Jahres forderte der Sekretär der Rumänischen Arbeiterpartei (so der damalige Name der regierenden kommunistischen Partei) den Abzug der sowjetischen Berater aus rumänischen Partei- und Staatsgremien, was auch realisiert wurde. Im selben Zeitraum kamen die ersten politischen Gefangenen aus der Haft frei. Damit sollte der Eindruck vermittelt werden, der Terror sei ein Ergebnis des Sowjetsystems, der rumänische Kommunismus hingegen habe eine liberale Ausrichtung.
Nicolae Ceaușescu, der am 22. März 1965 vom Zentralkomitee der Rumänischen Arbeiterpartei einstimmig zu ihrem Erstem Sekretär gewählt worden war, nutzte den Liberalisierungsprozess, um sich politischer Gegner zu entledigen. Dabei ging es vor allem um Innenminister Alexandru Drăghici, der für den Terror in den 50er Jahren verantwortlich gemacht wurde. 1967 nahm Rumänien diplomatische Beziehungen zur Bundesrepublik Deutschland auf. 1968 verurteilte Ceaușescu den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei und lehnte die Beteiligung rumänischer Truppen ab.
Die große und reale Beliebtheit, die sich Ceaușescu dank dieser Politik in der rumänischen Gesellschaft verschaffte, entwickelte sich mit der Zeit zu einem Personenkult unvorstellbaren Ausmaßes. Sein Führungsstil wurde zunehmend autoritär; mit Hilfe umfassender polizeilicher Kontrollen versuchte er, jegliche Kritik an seinem Regime zu unterdrücken. Trotz allem erfreute sich Ceaușescu weiterhin internationaler Anerkennung. Die Präsidenten der Vereinigten Staaten und Frankreichs, der japanische Kaiser, die englische Königin und viele andere führende Politiker aus aller Welt brachten ihre Bewunderung für eine von Moskau unabhängige Politik der rumänischen Regierung zum Ausdruck. Der Kampf gegen ein von der internationalen Gemeinschaft geschätztes Regime gestaltete sich demnach für die Opposition im Lande selbst als äußerst schwierig.
Die ersten greifbaren Formen einer Dissidentenbewegung entstanden Anfang der 70er Jahre. 1971 hatte die Parteiführung unter Nicolae Ceaușescu kommunistische Länder in Asien besucht (darunter China und Nordkorea). Im Anschluss an diese Reisen führte das Exekutivkomitee der Rumänischen Kommunistischen Partei (die herrschende Partei war zu ihrem ursprünglichen Namen zurückgekehrt) eine lange Reihe von politischen Restriktionen ein. Diese „Kulturrevolution“ im Kleinen bedeutete auch das Ende der relativen Meinungsfreiheit, die Ende der 60er Jahre erreicht worden war. Sie war zugleich der Beginn organisierter oppositioneller Aktivitäten.