Semen Hlusman wurde 1946 in Kiew geboren und wuchs in einer Arztfamilie auf. Auch er studierte Medizin und schloss 1969 sein Studium am Kiewer Medizinischen Institut ab. Er wurde Facharzt für Psychiatrie und arbeitete in Krankenhäusern in Schytomyr, Korosten und Kiew. Als Hlusman 1971 eine Stelle im Psychiatrischen Krankenhaus besonderen Typs in Dnipropetrowsk angeboten wurde, lehnte er ab. Er wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass hier die Psychiatrie für politische Zwecke missbraucht wurde (zum Beispiel hatte Radio Liberty darüber berichtet). Nach einem halben Jahr ohne Arbeit fand er eine Anstellung als Psychiater in einer Notambulanz in Kiew.
Noch im selben Jahr veröffentlichte Hlusman im Samisdat anonym den Text „Psychiatrische Fernexpertise über den Fall Grigorenko“ (Psichiatričeskaja zaočna erspertiza po delu Grigorenko). Darin analysierte er die Gutachten zweier Kommissionen, die Pjotr Grigorenko 1968 untersucht hatten. Er kam zu dem Schluss, dass die Ärzte keine Grundlage gehabt hätten, ihn für psychisch krank zu erklären. Die Expertisen des Serbski-Instituts, die aus den Untersuchungsakten durch Grigorenkos Rechtsanwältin Sofia Kallistratowa kopiert worden waren, hatte Hlusman von Jelena Bonner durch Vermittlung von Leonid Pljuschtsch erhalten. Ab Herbst 1971 stand Hlusman unter ständiger Beobachtung durch den KGB. Bei einer Hausdurchsuchung am 15. März 1972 wurden weder das Gutachten zum Fall Pjotr Grigorenko noch andere belastende Texte gefunden, dennoch wurde er am 11. Mai 1972 wegen des Verdachts auf Besitz von Samisdat-Publikationen verhaftet. Die Anklage stützte sich ausschließlich auf Zeugenaussagen. Das Gebietsgericht in Kiew verurteilte Hlusman nach der Verhandlung seines Falls vom 12. bis 19. Oktober 1972 nach Artikel 62, Paragraf 1 Strafgesetzbuch der Ukrainischen SSR (entspricht Artikel 70, Paragraf 1 Strafgesetzbuch der RSFSR) zu sieben Jahren Lagerhaft und drei Jahren Verbannung. Mit Zustimmung Hlusmans machten informelle Kreise zugleich dessen Autorenschaft der Expertise zum Fall Pjotr Grigorenko publik.
Seine Strafe verbüßte Hlusman in den Permer Lagern. Zur Wahrung seiner Unabhängigkeit gegenüber der Lagerverwaltung, lehnte er die ihm angebotene Arbeit im Sanitätsdienst ab. Innerhalb kurzer Zeit organisierte er ein System zur Erfassung und Weiterleitung von Informationen über die Situation im Lager. Neben Gedichten gelangten etwa 200 entsprechende Texte pro Jahr nach draußen. Hlusman kämpfte für die Rechte der politischen Gefangenen, wandte sich gegen die strenge Lagerordnung und trat zusammen mit anderen aus Protest in den Hungerstreik. 1973 und 1974 verfasste er zusammen mit Wladimir Bukowski das „Handbuch der Psychiatrie für Dissidenten“ (Posobie po psichiatrii dla inakomyslaščich) und widmete es dem in einem psychiatrischen Krankenhaus inhaftierten Leonid Pljuschtsch. Der Text wurde trotz mehrfacher Beschlagnahmung im Samisdat veröffentlicht und gelangte schließlich auch in den Westen.
Zu Hlusmans Unterstützung meldeten sich schon ab 1972 Andrei Sacharow, Pjotr Grigorenko und Wladimir Bukowski zu Wort. Zahlreiche von Sacharow, aber auch Hlusman selbst verfasste Appelle an Psychiater weltweit führten am 19. April 1975 in Genf zur Gründung des Internationalen Komitees zum Kampf gegen den Psychiatriemissbrauch. In New York entstand ein Unterstützungskomitee für Hlusman. Am 12. September 1975 erfuhr Hlusman, dass ein weiteres Verfahren gegen ihn eingeleitet worden war und unter dem Vorwurf der Sammlung und Weitergabe von Informationen über die Situation der Häftlinge nach Artikel 62, Paragraf 2, Strafgesetzbuch der Ukrainischen SSR (entspricht Artikel 70, Paragraf 2 Strafgesetzbuch der RSFSR) gegen ihn ermittelt wurde. In einer an die UNO gerichteten Erklärung sagte er sich daraufhin im Dezember 1975 von seiner sowjetischen Staatsbürgerschaft los. Im März 1976 wurde er zu „Erziehungszwecken“ in ein Gefängnis nach Perm verlegt und erneut über die Eröffnung des Verfahrens gegen ihn informiert. Trotz Korrespondenzverbots veröffentlichte er 1977 und 1978 in Gefängnis- und Lagerhaft verfasste Erzählungen und Essays im Samisdat. Am 8. Januar 1979 wurde Hlusman in das Lagergefängnis überführt und verblieb dort bis zum Ende seiner Haftzeit am 11. Mai 1979.
Sein Verbannungsort von Mai 1979 bis Mai 1982 war das Dorf Nischnaja Tawda im Gebiet Tjumen, wo Hlusman in einer Kolchose arbeitete. Nachdem bereits er im November 1974 einen ersten Herzinfarkt erlitten hatte, kam er nach seiner Ankunft zunächst ins Krankenhaus. Im Juli 1980 verlangte ein örtlicher Mitarbeiter des KGB eine schriftliche Erklärung von ihm, der zufolge Äußerungen über seine angegriffene Gesundheit und über die schlechten Lebensbedingungen vor Ort, von denen unter anderem Andrei Sacharow berichtet hatte, nicht zuträfen. Seiner anfänglichen Weigerung folgten die umgehende Verschärfung der Verbannungsauflagen sowie Drohungen, sodass Hlusman schließlich schriftlich erklärte, dass er keine medizinische Hilfe benötige.
1982 kehrte Hlusman aus der Verbannung nach Kiew zurück, hatte jedoch Schwierigkeiten, eine offizielle Anmeldung zu erhalten und Arbeit zu finden. Nach einem halben Jahr konnte er zumindest eine Stelle in einer Fabrik antreten. Erst nachdem er sich Ende des Jahres direkt an den bisherigen KGB- und neuen KP-Chef Juri Andropow wandte, an den er appellierte, ihm die Emigration ins Ausland zu ermöglichen, um wieder in seinem Beruf arbeiten zu können, teilte ihm die vom zuständigen Ministerium entsprechend angewiesene Gesundheitsabteilung in Kiew einige Wochen später eine Stelle als Arzt in einer Kinderambulanz zu.
Ab 1985 konnte Hlusman seine Texte offiziell publizieren. 1992 gründete er die Vereinigung der Psychiater der Ukraine, deren Präsident er heute ist. Er leitete das 1993 von ihm gegründete Ukrainisch-amerikanische Büro für die Verteidigung der Menschenrechte. Hlusman sorgte für umfangreiche Hilfen in Form von Medikamenten und medizinischer Apparatur aus dem Ausland. Seinen Bemühungen und internationalen Kontakten ist es zu verdanken, dass die Vereinigung der Psychiater der Ukraine über eine hervorragend ausgestattete Fachbibliothek verfügt und die ukrainische Psychiatrie von den Erfahrungen der modernen westlichen Psychiatrie profitieren konnte. In Kiew gründete er das im postsowjetischen Raum einzige Zentrum für die Rehabilitation von Opfern und die Erforschung der Auswirkungen von Krieg und totalitären Regimen mit eigener Ambulanz. Hlusman unterstützte die Gründung der Internationalen Wohltätigkeitsorganisation „Verlag Sfera“, die kostenlos Literatur im Bereich Medizin und Recht herausgibt und verbreitet, und war selbst Gründer und Herausgeber der Zeitschrift „Überblick über die Moderne Psychiatrie“ (Obzor sovremeennoj psichiatri), die 1998 bis 2008 in Kiew erschien.
Noch in der Verbannung war Hlusman 1979 zum Ehrenmitglied der American Psychiatric Association (APA) ernannt worden und 1980 dem britischen Royal College of Psychiatrists beigetreten. 2001 erhielt er den Menschenrechtspreis der APA, und 2008 wurde er auf dem 15. Kongress der World Psychiatric Association mit dem Geneva Prize for Human Rights in Psychiatry ausgezeichnet. Hlusman ist Verfasser zahlreicher Fachbeiträge zu Fragestellungen aus dem Bereich Psychiatrie und Menschenrechte und meldet sich mit einem eigenen Blog auch zu aktuellen gesellschaftlichen Themen zu Wort.