Geboren wurde Wolfgang Templin am 25. November 1948 in Jena. Seine Mutter, die 1944 als Luftwaffenhelferin aus Polen nach Jena kam und dort blieb, arbeitete als Raumpflegerin. Sein Vater war sowjetischer Offizier und musste 1950 in die Sowjetunion zurückkehren. Wolfgang Templin lernte ihn nie kennen. Als „Flüchtlings-“ und „Russenkind“ wurde er in der Schule zum Einzelgänger. Eine 1965 begonnene Lehre als Buchdrucker musste er aus gesundheitlichen Gründen abbrechen. Auf die früh erfahrene Ablehnung reagierte er mit einer „Null-Bock-Haltung“, von der ihn erst „kritische Genossen“ abbrachten, die er während seiner 1966 begonnenen Ausbildung an der Universitätsbibliothek in Jena kennenlernte. Seine neuen Mentoren brachten ihn auch in die Freie Deutsche Jugend (FDJ). Templin sagte später, er habe in dieser Zeit begonnen, seine Umwelt zu „missionieren“.
1968 ging Templin nach Ost-Berlin, studierte dort an der Fachschule für Bibliothekswesen und erwarb 1970 eine bedingte Hochschulreife. Er entschied sich für ein Philosophiestudium an der Humboldt-Universität und wurde – er war bereits SED-Mitglied – Parteigruppenorganisator. Damals noch ganz „Provinzei“ und „wenig mobil“ fungierte er in dieser Rolle als ideologischer und sozialer Kontrolleur seiner Mitstudenten. Insofern erachtete er die Zustimmung zur Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) 1971–75 unter dem Decknamen IM „Peter“ lediglich als geheimdienstliche Erweiterung seiner Parteifunktion. Probleme und Schwierigkeiten rechtfertigte er noch als Mängelerscheinungen eines insgesamt richtigen Wegs. Der Beginn der Honecker-Ära beförderte seinen Optimismus. 1974 beendete er sein Studium mit Diplom, arbeitete an der Humboldt-Universität weiter als Forschungsstudent und bereitete eine Dissertation über den Philosophen Edmund Husserl vor.
Zweifel an Idee und Praxis des Sozialismus begannen für Templin nicht mit dem Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei zur Niederschlagung des Prager Frühlings, sondern erst mit den Weltjugendfestspielen 1973, an denen er organisatorisch beteiligt war. Der Austausch mit anderen Studenten über die massiven Behinderungen – etwa des Kontaktes mit Jugendlichen aus anderen Ländern – gaben den Anstoß für die Gründung einer konspirativ tätigen, trotzkistisch orientierten Studentengruppe (mit Klaus Wolfram, Wolfgang Nitsche und anderen), vor deren Mitgliedern Templin seine MfS-Tätigkeit offenbarte. Auf gemeinsamen Beschluss – der dem MfS sogleich von einem anderen Gruppenmitglied hinterbracht wurde – ließ Templin die Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit auslaufen. In der Gruppe hatte man die Ausarbeitung einer marxistischen Kritik des Sozialismus im Sinn. Eine offen agierende Opposition strebte man nicht an.
Seine 1974 geschlossene Ehe mit Renate Karrer, einer Enkelin von Jürgen Kuczynski, ließ Templin zunehmend weniger Zeit für Geheimpolizei, SED und die studentische Konspiration. Die Möglichkeit eines Auslandsstudiums 1976/77 in Warschau ergriff er sofort, um der Enge der ideologischen Debatten an der Universität und in der Familie Kuczynski zu entgehen.
Der Aufenthalt in Warschau war über polnische Studenten aus dem kommunistischen Jugendverband organisiert worden, die auch zur polnisch-trotzkistischen Emigration im Westen Kontakte hielten. Diese polnische trotzkistische Gruppe hatte keine unmittelbare Verbindung zum „Komitee zur Verteidigung der Arbeiter“ (Komitet Obrony Robotników, KOR), erstellte jedoch eigene kritisch-marxistische Analysen. Templin übersetzte sie in die deutsche Sprache und diskutierte sie in Berlin.
Während Templins Abwesenheit aus Berlin waren seine Mitstreiter bei der Organisierung einer Bücherlieferung durch Freunde aus West-Berlin ertappt worden. Parteiausschluss und „Bewährung in der Produktion“ waren für sie die Folgen. Templins Verbindung zu den gemaßregelten Freunden wurde ihm unter Verweis auf eine Aussage seiner Frau vorgehalten. Scheidung und Bruch mit der Familie waren die Folge, Templin wurde an die Akademie der Wissenschaften (AdW) versetzt, wodurch sich der Abschluss der Dissertation verzögerte
1977–83 arbeitete Templin als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentralinstitut für Philosophie der Akademie der Wissenschaften, sah sich aber „als freier Vogel in Prenzlauer Berg“, lernte nicht parteigebundene linksorientierte Menschen kennen, die ihren intellektuellen Interessen in der Theologieausbildung nachgingen, nebenher in kleineren „Hauskreisen“ und in Seminaren unter dem Dach der Kirche diskutierten. Unter anderen begegnete Templin Reinhard Schult und arbeitete im Friedenskreis der Ost-Berliner Evangelischen Studentengemeinde und im Naumburger Friedenskreis um Edelbert Richter mit. Bei einer kleineren Fahrraddemonstration lernte er seine spätere Frau Regina kennen, die gerade in Potsdam eine Gemeindepädagogenausbildung absolvierte. Bald unterhielt er persönliche Freundschaften quer durch die DDR, nach Polen und in den Westen.
In diesem Geflecht von Freundschaften, „Hauskreisen“ und kirchlichen Seminarveranstaltungen, die Templin meist als Referent besuchte, konnte er seinen intellektuellen und politischen Interessen weitaus besser nachgehen als in der SED. Er arbeitete sich in diesen Jahren aus dem teleologischen marxistischen Denken heraus, nannte sich 1991 in einem Vortrag einen „Grenzgänger zwischen Theorie und Politik“ und zog daraus unmittelbare Schlussfolgerungen: Im Gefolge der sich konstituierenden unabhängigen Friedensbewegung trat er aus der SED aus. Es folgten die Entlassung aus der Akademie der Wissenschaften und ein Berufsverbot. Templin musste seinen Lebensunterhalt fortan unter anderem als Putzhilfe, Waldarbeiter und Übersetzer verdienen. Wie aus den Stasi-Akten ersichtlich, wurde er jetzt verstärkt Maßnahmen der „Zersetzung“ unterworfen. Die Kontrolle, Unterwanderung und Zerstörung seines privaten und politischen Beziehungsgeflechts war das Ziel.
Mit den Stationierungen von Atomwaffen 1983 und einer großen Ausreisewelle aus der DDR 1984 gerieten die Friedenskreise der DDR in eine Krise, verschiedene Versuche ihrer Vernetzung und Koordinierung entstanden. Um gemeinsames Handeln und notwendige Absprachen weiter möglich zu machen, bereitete Templin mit anderen zusammen Ende 1985 ein Menschenrechtsseminar vor. Etwa 200 Einladungen quer durch die ganze DDR waren bereits ausgesprochen, als die Kirchengemeinde unter Druck ihre Raumzusage zurückzog. Das Seminar musste abgesagt werden.