Januar
Die beiden Samisdatzeitschriften „Fragment“ und „K“ schließen sich zu „Fragment K“ zusammen und erscheinen bis Herbst 1989 im Samisdat. Anschließend erscheint die Zeitschrift bereits auf legale Weise.
Die beiden Samisdatzeitschriften „Fragment“ und „K“ schließen sich zu „Fragment K“ zusammen und erscheinen bis Herbst 1989 im Samisdat. Anschließend erscheint die Zeitschrift bereits auf legale Weise.
Agustín Navrátil sammelt Unterschriften für eine Petition, die die Einhaltung der Glaubensfreiheit und eine klare Regelung der Kirche-Staat-Beziehungen fordert. Die Petition wird in nur wenigen Monaten von 600.000 Bürgern der Tschechoslowakei unterschrieben. Sie hat einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Entstehung eines zivilgesellschaftlichen Bewusstseins in der Tschechoslowakei.
Kerzendemonstration in Bratislava. Mehrere Tausend Menschen demonstrieren öffentlich für die Einhaltung der Menschen- und Bürgerrechte sowie für Glaubensfreiheit. Die Polizei geht brutal gegen die Demonstranten vor.
Gründung der Unabhängigen Friedensbewegung – Initiative zur Demilitarisierung der Gesellschaft. Sie erklärt als ihre Aufgabe, zum Abbau der ideologischen Barrieren zwischen den politischen Lagern beitragen zu wollen. Außerdem strebt sie die Einführung eines Wehrersatzdienstes an und fordert die Erziehung im Zeichen des Friedens. Wenige Monate später verlangt die Friedensbewegung den vollständigen Abzug des sowjetischen Militärs aus der Tschechoslowakei.
Im Gefängnis von Königgrätz (Hradec Králové) stirbt der politische Häftling Pavel Wronka. Er saß im Gefängnis, da er als unabhängiger Kandidat an den Wahlen zur Nationalversammlung teilnehmen wollte. Wronkas Beerdigung wird zu einem symbolischen Akt des Widerstandes gegen politische Willkür.
Tomáš Hradílek und Rudolf Bereza – beides Unterzeichner der Charta 77 aus Nordmähren – erstatten Anzeige gegen ZK-Mitglied Vasíl Biľak, da er die Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten im August 1968 ins Land gerufen habe. Sie geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die Sowjetunion die Besetzung der Tschechoslowakei als Fehler einsehen und ihre im Land stationierte Armee abziehen werde.
Bei einem Treffen von polnischen und tschechischen Dissidenten an der gemeinsamen Grenze geben diese eine Erklärung heraus, in der sie an die Länder Mittel- und Osteuropas appellieren, ihre Beziehungen auf der Grundlage von Gleichheit und staatlicher Unabhängigkeit zu pflegen und sich gegenseitig zu unterstützen. Außerdem fordern sie die Aufarbeitung und Verurteilung der schwierigen Seiten ihrer Geschichte und der von den kommunistischen Regimen in den letzten Jahrzehnten begangenen Gewaltverbrechen.
In Prag gehen am 20. Jahrestag des Einmarsches von Truppen der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei mehrere tausend Demonstranten auf die Straße.
Im westslowakischen Šaštín findet eine traditionelle Marienpilgerfahrt statt, an der rund 60.000 Menschen teilnehmen. Angehörige der Staatssicherheit schlagen auf den slowakischen Bischof Ján Chryzostom Korec ein als er sich weigert, die Pilgerfahrt zu verlassen und sich zu einem Verhör mitnehmen zu lassen.
126 Personen unterschreiben das Manifest „Demokratie für alle“ (Demokracie pro všechny). Es handelt sich um das Gründungsdokument der Bewegung für Bürgerfreiheit.
Intellektuelle der ungarischen Minderheit in der Slowakei veröffentlichen das „Memorandum 1988 zum 70. Jahrestag der Gründung der Tschechoslowakischen Republik“ (Memorandum 1988 pri príležitosti 70. výročia vzniku ČSR). Außer der Verbesserung von Minderheitenrechten fordert das Dokument auch offen die Änderung des politischen Systems.
Am 70. Jahrestag der Gründung der Tschechoslowakei demonstrieren in Prag mehrere tausend Menschen. Gegen die Teilnehmer der friedlichen Demonstration setzt die Polizei Wasserwerfer, Schlagstöcke, gepanzerte Wagen und Polizeihunde ein. In vielen weiteren Städten kommt es zu vergleichbaren Kundgebungen.
Gründung des Tschechoslowakischen Helsinki-Komitees.
In Bratislava findet das erste Treffen der slowakischen Gruppe der Bewegung für Bürgerfreiheit statt. Dabei sind unter anderem Ján Čarnogurský, Milan Šimečka, Miroslav Kusý, Hana Ponická, Anton Selecký, Ján Langoš, Jozef Jablonický und Ivan Hoffman.
Der französische Staatspräsident François Mitterand hält sich in der Tschechoslowakei zu einem offiziellen Staatsbesuch auf. Er lädt acht tschechische Dissidenten der Charta 77 sowie Mitglieder der verbotenen Jazzabteilung des Musikerverbandes zum Frühstück ein.
Anlässlich des Jahrestages der Menschenrechte findet in Prag die erste legale Demonstration unabhängiger Initiativen statt. Mehr als 2.000 Menschen nehmen daran teil.
14 unabhängige Journalisten aus der Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und der Sowjetunion informieren die Öffentlichkeit über die Gründung der Osteuropäischen Informationsagentur. Diese hat zum Ziel, aus ihren jeweiligen Ländern zu berichten sowie die Bekanntheit der unabhängigen Verlage und der gesellschaftlichen Debatten in den anderen sozialistischen Staaten zu steigern. Die Nachrichtenagentur ist zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Monaten aktiv. Ihre tschechischen Mitglieder sind Petr Pospíchal, Petr Uhl und Jan Urban.