Ukraine (Krimtataren)

Dschepar Akimow

Dschepar Akimow, 1909–83

Džepar Akimov

Джепар Акимов

Pädagoge, Journalist, Mitbegründer der nationalen Bewegung der Krimtataren, Leiter der Initiativgruppe in Bekabad, Mitglied der Zentralen Initiativgruppe.

Dschepar Akimow wurde 1909 in dem Ort Tuak (Тuvaq, seit 1945 Rybatsche) auf der Krim geboren. Ab 1925 besuchte er die Oberschule für Lehrer der krimtatarischen Sprache und war danach bis 1931 in dem Dorf Tschair als Lehrer tätig. In den Jahren 1931–35 studierte er an der Fakultät für Krimtatarische Sprache und Literatur des Pädagogischen Instituts der Krim. 1935 wurde er Mitarbeiter am Pädagogischen Forschungsinstitut der Krim, dessen amtierender Direktor er später war. Klassiker der Weltliteratur wurden von ihm ins Krimtatarische übersetzt. 1939 trat Akimow in die KPdSU ein.

Während des Krieges war Akimow ab 1941 Redakteur der Zeitung „Kyzyl Qırım” (Rote Krim), die während der deutschen Besatzung der Halbinsel in der Region Krasnodar erschien, und Mitglied des Stabs der krimtatarischen Partisanenbewegung. Gegen Ende 1942 schoss er sich im Krimgebirge hinter der Frontlinie operierenden Partisaneneinheiten an. In Simferopol nahm er nach der Befreiung der Stadt im April 1944 die Herausgabe der „Kyzyl Qırım“ wieder auf und war bis zur Deportation der Krimtataren im Mai desselben Jahres als Redakteur der Zeitung tätig. Akimow wurde nach Bekabad (Bekobod) in Usbekistan umgesiedelt. Er arbeitete im Kanalbau und war anschließend stellvertretender politischer Leiter des Direktors der Farchad-Eisenbahnlinie. Von 1948 bis Ende seines Arbeitslebens (1969) war er in der Planung tätig.

Ab 1953 traf Akimow sich regelmäßig mit ebenfalls nach Usbekistan deportierten Landsleuten aus Bekabad, Ferghana und Taschkent. Ziel eines gemeinsam entwickelten Aktionsplans war die Rückkehr auf die Krim. In den Jahren 1954–55 wurden auf Betreiben Akimows die ersten Petitionen an das ZK der KPdSU, an den Ministerrat und den Obersten Sowjet der UdSSR verfasst, die von Tausenden ehemaligen Kriegsteilnehmern und Angehörigen der Partisanenbewegung unterzeichnet wurden. Auf die Organisatoren solcher und ähnlicher Aktionen wurde von den lokalen Parteileitungen immer wieder Druck ausgeübt. Akimow selbst wurde seit 1956 mehrmals vom KGB verhört. Im Sommer 1957 wurde er zu einem der Vertreter des Volkes gewählt, die in Moskau den Nationalen Appell an das Präsidium des ZK der KPdSU überbrachten, in dem eine Wiederherstellung der Rechte der Krimtataren gefordert wurde.

Wegweisend schlug Akimow 1953 vor, in Zentren mit einem besonders hohen Anteil deportierter Krimtataren Aktivistengruppen zu gründen. Als schließlich 1957 die ersten Initiativgruppen entstanden, übernahm Akimow die Leitung der Gruppe in Bekabad und wurde außerdem Mitglied in der Führung der Zentralen Initiativgruppe. Er widmete sich organisatorischen Fragen und übernahm die Leitung der Treffen. Mitstreiter gaben ihm den Namen Dschepar-Odscha („Lehrer Dschepar“). 1966 war einer der 65 Vertreter des Volkes, die die Petition an die Teilnehmer des XXIII. Parteitages der KPdSU übermittelten. Sie beinhaltete unter anderem die Ergebnisse einer von krimtatarischen Aktivisten durchgeführten Volkszählung. Akimow war auch an weiteren Petitionen beteiligt und zeichnete für einige Nummern der „Informationen“ (5/1967, 8/1967; 108/1971; 25/1972) verantwortlich. Er war außerdem Teilnehmer des Treffens im Kreml am 21. Juli 1967.

Wegen seines Engagements für die krimtatarische Bewegung wurde Akimow politisch verfolgt: Nach seinem Parteiausschluss wurde er am 29. August 1972 verhaftet. Anfangs wurde ihm vorgeworfen, er sei an einer Protestaktion am Jahrestag der Deportation von 1944 beteiligt gewesen, bei der in Bekabad schwarze Flaggen aus den Fenstern gehängt worden waren. Später wurde dieser Vorwurf gegen ihn fallengelassen, und er wurde wegen der „Vorbereitung und Weiterverbreitung verleumderischer Dokumente“ angeklagt. Die Gerichtsverhandlung fand vom 21.bis 28. November 1972 vor dem Bezirksgericht Taschkent statt. Akimow bekannte sich nicht schuldig und gab folgende Erklärung ab: „Die von mir unterzeichneten Dokumente drücken den Willen und die Bestrebungen der Krimtataren aus. Ihr Inhalt ist keine Entstellung der sowjetischen Wirklichkeit, sondern spiegelt lediglich die reale Situation in Bezug auf die Nationalitätenfrage wider. […] Diese Bewegung ist legitim und unvermeidlich. Die gegen mich erhobenen Vorwürfe erachte ich daher als unbegründet und rechtswidrig.“ Das Gericht verurteilte ihn gemäß Artikel 190, Paragraf 1 Strafgesetzbuch der RSFSR und den entsprechenden Paragrafen in den Strafgesetzbüchern der Usbekischen SSR und der Tadschikischen SSR zu drei Jahren Freiheitsentzug. Festgestellt wurde, der Angeklagte sei „einer der Rädelsführer und Aufwiegler der sogenannten Bewegung für das Recht der Tataren auf Rückkehr auf die Krim“. Die Strafe verbüßte er in der Region Chabarowsk im Fernen Osten.

Die Krimtataren setzten sich mit zahlreichen Petitionen für Akimow ein. Adressiert waren diese an die Partei- und Staatsführung, an die Öffentlichkeit, an die UNO usw. Im Dezember 1973 übergaben Vertreter der Krimtataren dem ZK der KPdSU Protestschreiben gegen die Inhaftierung Akimows mit insgesamt 1.600 Unterschriften.

Auch nach seiner Haftentlassung engagierte sich Akimow in der Nationalbewegung, die sich mittlerweile in drei Strömungen aufgespalten hatte, benannt nach den drei Städten Samarkand, Taschkent und Ferghana. Akimow lud die Führer aller drei Strömungen ein, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen, die Einheit wiederherzustellen. Ein Versuch, die Spaltung zu überwinden, war die Kassationserklärung von 1977. Darin wurde die Aufhebung sämtlicher die Krimtataren diskriminierenden Rechtsakte gefordert. Die Entschließung des Überregionalen Treffens von Vertretern der Initiativgruppen der Krimtataren zum Wiederaufbau der nationalen Gleichberechtigung enthielt die Aufforderung, die Bewegung solle sich in ihrem Handeln auf die in der Kassationserklärung formulierten Festlegungen stützen. Am 14. Dezember 1978 nahm Akimow an einer landesweiten Beratung der Nationalbewegung im ostusbekischen Andischan (Andijon) teil. Das Treffen wurde von der Miliz aufgelöst.

Anfang der 80er Jahre verschlechterte sich Akimows Gesundheitszustand. Trotzdem erledigte er weiterhin seine Korrespondenz und lektorierte die „Informationen“. Am 14. Dezember 1981 führte er zum letzten Mal den Vorsitz auf der landesweiten Beratung der Aktivisten der krimtatarischen Bewegung in Bekabad, auf der Vertreter aller Strömungen zugegen waren.

Dschepar Akimow starb 1983 in Bekabad. Sein Testament war mit „An meine Landsleute“ (Moim sootečestvennikam) überschrieben. Darin rief er zur Einheit und zur Fortsetzung des Kampfes auf. Seine Beerdigung wurde zu einer eindrucksvollen Kundgebung der krimtatarischen Bewegung.

Idris Assanin
Aus dem Polnischen von Gero Lietz
Letzte Aktualisierung: 11/18