Maria Rosanowa wurde am 27. Dezember 1929 im belarussischen Wizebsk (Witebsk) geboren. Sie wuchs bei ihrer Großmutter, einer Lehrerin auf, die ihre wichtigste Bezugsperson in der Kindheit war. Rosanowas Eltern ließen sich scheiden, bevor sie zwei Jahre alt war. Ihr Vater arbeitete in Nordrussland als Biologe, ihre Mutter war Betriebswirtin. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zog Rosanowa zusammen mit ihrer Tante, Mutter und Großmutter nach Moskau und im Dezember 1943 weiter nach Nowosibirsk.
Von 1948 bis 1953 studierte Rosanowa Kunstgeschichte an der Staatlichen Universität Moskau. Im ersten Studienjahr machte sie die Bekanntschaft von Igor Golomschtok, der zu einem wichtigen und langjährigen Freund wurde. Der spätere Kunsthistoriker und Publizist emigrierte 1972 nach Großbritannien. Nach ihrem Studienabschluss arbeitete sie als Restauratorin (später auch als Juwelierin und Herausgeberin). 1955 lernte sie Andrei Sinjawski kennen. Die beiden wurden ein Paar und zogen zusammen, nachdem Sinjawski sich von seiner ersten Frau hatte scheiden lassen. Rosanowa berichtete, dass sie, um Eindruck bei ihm zu machen, gemeinsame Reisen in verschiedene Teile Russlands organisierte und ihm zum Geburtstag eine eigens zusammengestellte Sammlung mit Zeitungsausschnitten zur sogenannten „Ärzteverschwörung“ von 1952, der letzten Säuberungskampagne unter Stalin, schenkte. Sinjawski schrieb damals an seiner Erzählung „Der Prozess beginnt und andere Prosa“ (Sud idёt), die er erstmals 1959 unter dem Pseudonym Abram Terz im Ausland veröffentlichte. Im selben Jahr heirateten sie. Im Dezember 1964 kam ihr gemeinsamer Sohn Egor zur Welt.
Im September 1965 wurden Andrei Sinjawski und sein Freund Juli Daniel, der ebenfalls im Ausland publiziert hatte, verhaftet. Das Erscheinen ihrer Werke im Ausland wurde gemäß Artikel 70 Strafgesetzbuch der RSFSR als „antisowjetische Agitation und Propaganda“ verurteilt. Während des Prozesses organisierte Rosanowa gemeinsam mit Larissa Bogoras, der Ehefrau von Daniel, verschiedene Protestaktionen. Unter anderem setzten sie sich mit Briefen an die Regierung für die Freilassung ihrer der Angeklagten ein. Sie wohnten den Gerichtsverhandlungen im Februar 1966 bei und protokollierten diese detailliert. Während der Verhandlungspausen informierten sie die vor dem Gerichtsgebäude versammelten Unterstützer der Angeklagten und die ebenfalls anwesenden westlichen Korrespondenten. Ihre Protokolle fassten Rosanowa und Bogoras zu einem Dokument zusammen, das später von Alexander Ginsburg als „Weißbuch“ (Belaja kniga) im Samisdat publiziert wurde.
Während das Wichtigste für Rosanowa vor allem die Freilassung der beiden Männer war, stand für Bogoras, die bereits von Daniel getrennt lebte, der Kampf für die Menschenrechte im Vordergrund. Dieser Konflikt führte schließlich zum Bruch zwischen den beiden. Durch den KGB erfuhr Rosanowa von der Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung ihres Mannes im Rahmen einer Amnestie anlässlich des 50. Jahrestages der Oktoberrevolution. Voraussetzung wäre ein entsprechender Antrag. Ohne eine Zusage, dass auch Daniel freikam, lehnte Sinjawski diesen Vorschlag jedoch ab. Rosanowa sammelte und dechiffrierte die verschlüsselten Briefe, die ihr ihr Mann aus dem Arbeitslager schrieb und die unter anderem die Rohfassung des Buches „Eine Stimme im Chor“ (Golos iz chora) enthielten, das erstmals 1973 in London erschien. Die Briefe brachte Rosanowa 2004 als „127 Briefe über die Liebe“ (127 Pisem o ljubvi) in drei Bänden heraus.
Nach der Freilassung Juli Daniels im September 1970 drängte Rosanowa erneut auf eine vorzeitige Haftentlassung ihres Mannes. Sie drohte, andernfalls in Frankreich ein angeblich von ihm verfasstes Buch über seine Lagererfahrungen zu publizieren). Tatsächlich kam Andrei Sinjawski per Dekret des Präsidiums des Obersten Sowjets der RSFSR vom 20. Mai 1971 am 8. Juni 1971 frei. Seitens der Behörden wurde das Paar zunehmend unter Druck gesetzt und zur Emigration gedrängt.
Im September 1973 reiste die Familie nach Frankreich aus. Rosanowa hatte durchsetzen können, dass sie ihren persönlichen Besitz mitnehmen und ihre sowjetische Staatsangehörigkeit behalten konnten, was bei Zwangsausweisungen eine Ausnahme darstellte. Von den Einnahmen aus dem Buch „Eine Stimme im Chor“ konnte das Paar ein Haus am Pariser Stadtrand kaufen. Andrei Sinjawski lehrte russische Literatur an der Pariser Sorbonne. Er und seine Frau gründeten die Zeitschrift „Sintaksis“ (Paris), deren erste Ausgabe 1978 erschien und die, wie auch weitere Veröffentlichungen, ab 1979 von der Planung bis zum Druck im eigenen Haus entstand. „Sintaksis“ (Paris) war eine der wichtigsten Publikationsreihen, die von sowjetischen Emigranten außerhalb der UdSSR herausgegeben wurden. Die letzte Ausgabe der Zeitschrift erschien 2001. Rosanowa betätigte sich in diesen Jahren nicht nur als Redakteurin und Herausgeberin, sondern verfasste auch eine Vielzahl eigener Texte und äußerte sich insbesondere zu politischen Themen und zu Fragen der sowjetischen Dissidentenbewegung. Auch nach dem Tod ihres Mannes 1997 setzte Rosanowa diese Tätigkeit fort. 2008 und 2011 wirkte sie an den Dokumentarfilmen „Abram und Maria“ (Abram da Mar’ja, 2008) und „Zeugen. Marija Rozanova. Sintaksis“ (Svideteli. Marija Rozanova. Sintaksis, 2011) mit.
Maria Rosanowa starb am 13. Dezember 2023 in Fontenay-aux-Roses bei Paris.