Erinnerungskultur in Slowenien
Eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit sowohl bezüglich der Zeit der NS-Besatzung und der Kollaboration als auch der Nachkriegsverbrechen und des kommunistischen Regimes fand in Slowenien erst nach der Jahrtausendwende statt. Viele einstige kommunistische Kader verblieben auf ihren Posten, und Mitarbeiter in öffentlichen Einrichtungen und vor allem Inhaber politischer Ämter wurden nicht überprüft. Eine Ausnahme stellte die Überprüfung der Richter im Zuge einer Neubewerbung aller Richter für ihre Positionen 1994 dar. Die einstige kommunistische Geheimpolizei wurde nach 1990 in einem mehrjährigen Prozess strukturell umgewandelt. Die Befugnisse des neuen Sicherheitsdienstes, darunter polizeiliche Berechtigungen, wurden beschnitten und seinen Angehörigen das Tragen von Waffen untersagt. Die Reformierung der Behörde sollte auch verhindern, dass Unterlagen vernichtet wurden. 2006 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Öffnung der Akten regelt. Diese sind nun zugänglich. Ausnahmen bilden lediglich Unterlagen, die sensible persönliche Daten enthalten.
Bis heute sorgen die Themen der Kriegs- und Nachkriegsverbrechen für kontroverse Debatten und zeigen das Potenzial unbewältigter Konflikte – selbst wenn sie über 70 Jahre zurückliegen. Die Konfliktlinien verlaufen zwischen der Bewertung und dem Umgang mit der Kollaboration und den Verbrechen während der nationalsozialistischen Besetzung auf der einen Seite und der Bewertung der Massenmorde durch die kommunistischen Partisanen und die Geheimpolizei nach Kriegsende auf der anderen Seite. Bei öffentlichen Diskussionen spielen in diesem Zusammenhang vor allem die ersten Wochen nach Kriegsende und die dort von kommunistischen Verbänden begangenen Verbrechen und Massenmorde eine Rolle, die spätere Zeit im kommunistischen Jugoslawien tritt meist in den Hintergrund.
An verschiedenen Orten sind in den vergangenen Jahren Denkmäler für die im Zweiten Weltkrieg gefallenen oder von kommunistischen Partisanen ermordeten Slowenischen Domobranzen errichtet worden. Teilweise wurden diese wie beispielsweise in Grahovo im südlichen Slowenien in direkter Nachbarschaft zu Denkmälern für die Opfer des Nationalsozialismus errichtet, was für kontroverse Debatten nicht nur im Hinblick auf den Umgang mit der NS-Kollaboration, sondern auch wegen der unkritischen Widmungen sorgt, die aus allen Toten unterschiedslos Opfer machen. 2009 beschloss das slowenische Parlament einen gleichlautenden Text zur Kennzeichnung von Gedenkorten für die während des Zweiten Weltkriegs gefallenen Mitglieder der Heimwehren , und für die Opfer der Massenverbrechen der Nachkriegszeit. Die Gedenktafeln sind unterschiedslos mit den Worten „Für die Opfer von Krieg und Nachkriegsmorden“ bzw. „Den Opfern von Krieg und Revolutionsgewalt“ versehen, was eine sehr kontrovers geführte Diskussion zur Frage, wer als Opfer anzusehen ist, befeuerte. 2008 wurde das auf Initiative der slowenischen Regierung Studienzentrum für nationale Aussöhnung (Študijski center za narodno spravo) gegründet.
1996 wurde ein erstes Gesetz zur Rehabilitierung der Opfer des Kommunismus erlassen. In diesem Gesetz wurden auch die Fragen der Wiedergutmachung, Rentenzahlungen und Beschädigtenversorgung für politische Häftlinge und deren Hinterbliebene geregelt. 2011 wurde ein eigenes Entschädigungsgesetz beschlossen, das sich sowohl auf die Opfer des Krieges als auch der kommunistischen Verbrechen der Nachkriegszeit bezieht. Darüber hinaus gibt es Regelungen, um enteigneten und verstaatlichten Besitz wieder an die früheren Besitzer zurückzugeben.
Bis heute gibt es keinen eigens bestimmten nationalen Gedenktag für die Opfer der kommunistischen Repression. Allerdings finden an Gedenkstätten Kranzniederlegungen und Gedenkzeremonien statt.
Vgl.: Museen und Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer der kommunistischen Diktaturen, hrsg. v. Anna Kaminsky, erarbeitet v. Anna Kaminsky, Ruth Gleinig und Lena Ens, Dresden 2018, S. 143–144.