Die Dissidenten aus allen drei baltischen Republiken verband das Bewusstsein der gemeinsamen Geschichte. So wurde der Baltische Appell – ein Dokument litauischer, lettischer und estnischer Bürgerrechtler zum Hitler-Stalin-Pakt und zur Überwindung seiner Folgen – auch von vier lettischen Vertretern unterzeichnet: Ivars Žukovskis, Juris Ziemelis, Ints Calītīs und Alfreds Zaideks. Auch unter einem weiteren Dokument, das den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan 1979 mit der Besetzung der baltischen Länder 1940 verglich, findet sich die Unterschrift eines Letten, nämlich von Ivars Žukovskis. Auch zu aktuellen politischen Ereignissen bezogen Oppositionelle aus den drei baltischen Ländern häufig einen gemeinsamen Standpunkt. Als sich an der Wende der 70er und 80er Jahre die Spannungen zwischen der Sowjetunion und dem Westen verstärkten und auch Lettland zu den unmittelbar Leidtragenden einer möglichen militärischen Auseinandersetzung zwischen den Supermächten hätte werden können, ergriffen lettische Vertreter die Initiative zum Appell an die Regierungschefs der UdSSR und der nordischen Länder vom 10. Oktober 1981 zur Bildung einer atomwaffenfreien Zone im Ostseeraum. Das Dokument wurde im Herbst 1981 von Bürgerrechtlern aus den baltischen Republiken in Umlauf gebracht. Ein Drittel der insgesamt 38 Unterschriften unter dem Aufruf stammte von lettischen Vertretern.
Die Letten demonstrierten nicht zuletzt ihre Solidarität mit anderen Völkern, die unter dem sowjetischen Imperialismus zu leiden hatten. Am 21. August 1968, dem Tag des Einmarsches von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei, fuhren die Fischer der Fischerei-Kolchose Engure mit Trauerarmbinden hinaus aufs Meer. Am 19. April 1969 entrollte der Mathematiker Ilja Rips am Freiheitsdenkmal in Riga ein Transparent, auf dem er den Einmarsch verurteilte. Anschließend versuchte er, sich selbst zu verbrennen. Auch die Ereignisse in Polen Anfang der 80er Jahre stießen auf ein Echo in Lettland. Auf den Straßen Rigas waren Autos mit dem Logo der Solidarność zu sehen. 1982 wurden Flugblätter gegen den sowjetischen Einmarsch in Afghanistan verteilt, auf denen es hieß: „Unsere Söhne sollten nicht afghanische Söhne und Töchter töten. Freiheit für Afghanen und Letten!“
Für die lettische Opposition der frühen 80er Jahre war es charakteristisch, den öffentlichen Einsatz für Menschenrechte mit der Untergrundarbeit zu verbinden. Sie baute ihre Auslandskontakte aus, intensivierte ihre verlegerische Tätigkeit und verknüpfte nationale und religiöse Fragestellungen miteinander. Nach der erneuten Verhaftung von Lidija Doroņina-Lasmane 1983 fanden im Rahmen der gegen sie geführten Ermittlungen mehr als 50 Hausdurchsuchungen statt. Lidija Doroņina-Lasmane selbst und ihren ebenfalls verhafteten Freunden – dem Baptisten Jānis Vēveris und dem Lutheraner Ģederts Melngailis – wurden „Kontakte mit dem Ausland“ vorgeworfen. Lidija Doroņina-Lasmane und Melngailis wurden außerdem Verbindungen zur „Aktion Licht“ zur Last gelegt, einer von einem lettischen Pastor in Deutschland gegründeten Baptisten-Organisation zur Unterstützung politischer Häftlinge. Andere Verhaftete, so auch Jānis Rožkalns, mussten sich wegen ihrer Kontakte zur Schwedischen Bibelgesellschaft verantworten. Insgesamt bewirkten die Verhaftungen 1983 eine deutliche Schwächung der lettischen Dissidentenbewegung, viele ihrer Vertreter gerieten in die Isolation.
Erst mit der Perestroika erstarkte das informelle bürgerrechtliche Engagement in Lettland wieder. Am 14. Juni 1986, dem Jahrestag der Deportationen des Jahres 1941, gründeten Linards Grantiņš, Mārtiņš Bariss und Raimonds Bitenieks in Liepāja die Gruppe Helsinki 1986, deren zentrales Anliegen die Verteidigung nationaler Rechte war. Eines ihrer ersten Dokumente war ein Schreiben an Michail Gorbatschow, in dem die Abhaltung eines Referendums über die Selbstbestimmung Lettlands gefordert wurde. Darin hieß es: „Ihr Volk besitzt ausgedehnte Territorien von der Ostsee bis nach Japan. Sie sind am Nord- und am Südpol präsent, auf allen Weltmeeren, sogar das Weltall gehört Ihnen […]. Sollten Sie wirklich anderthalb Millionen Letten und einen kleinen Streifen Land an der Ostsee benötigen?“ Aufrufe mit der Bitte um Unterstützung im Kampf gegen die sowjetische Besatzung sandte die Gruppe auch an die Vereinten Nationen und an Papst Johannes Paul II. Vertreter von Helsinki 1986 nahmen auch an Pressekonferenzen von Bürgerrechtlern teil, die in der Moskauer Wohnung von Sergei Grigorjanz stattfanden.
Im August 1986 wurden Linards Grantiņš und Raimonds Bitenieks verhaftet. Sie kamen im Januar des folgenden Jahres wieder frei, nachdem beide sich verpflichtet hatten, Lettland nicht zu verlassen. Gleichzeitig fand die Gruppe Helsinki 1986 immer mehr Zulauf, darunter auch von Dissidenten, die 1987 aufgrund einer von Michail Gorbatschow erlassenen Amnestie aus Arbeitslagern und Gefängnissen entlassen worden waren. Am 14. Juni 1987 organisierte die Gruppe eine Demonstration im Zentrum von Riga. Es folgten weitere Kundgebungen mit Tausenden von Demonstranten. So entstand in aller Öffentlichkeit eine Massenbewegung für die Unabhängigkeit Lettlands.
1987/88 kamen im Grunde alle aus Lettland stammenden politischen Häftlinge frei. Unabhängige Zeitungen und Zeitschriften durften endlich erscheinen. Ab 1987 wurde das politische Magazin „Auseklis“ (Morgenstern) herausgegeben, mit dem auch Lidija Doroņina-Lasmane zusammenarbeitete. Unablässig entstanden neue inoffizielle gesellschaftliche Vereinigungen und Gremien, darunter der Klub für Umweltschutz Lettlands (Vides Aizsardzības Klubs), eine ökologische und politische Organisation mit Massencharakter. Vorsitzender des politischen Büros dieser Organisation wurde Ints Calītīs. 1987 gründete sich der Rat der Gesellschaftlichen Klubs als ein gemeinsames Gremium für Vertreter verschiedener inoffizieller Vereine. Am 14. Juni 1987 entstand die Bewegung „Wiedergeburt und Erneuerung“ als Vereinigung lutherischer Geistlicher, deren Ziel die Stärkung christlichen Lebens in Lettland war. Im Oktober desselben Jahres wurde schließlich die Lettische Volksfront ins Leben gerufen, die zur führenden politischen Kraft in Lettland werden sollte.
Durch die Herausbildung dieser neuen politischen Massenbewegungen verloren die bis dahin praktizierten Aktivitäten der Dissidenten ihre Daseinsberechtigung. Eine neue Etappe in der Geschichte Lettlands begann. Im März 1990 ging die Lettische Volksfront als Sieger aus den Parlamentswahlen hervor. Noch im selben Jahr wurde die Unabhängigkeit der Republik Lettland proklamiert.