Das unabhängige Verlagswesen war in Belarus nur schwach ausgeprägt. Samisdat-Titel erschienen in geringen Auflagen und waren nur kurze Zeit im Umlauf. Sie waren vor allem nationalen und kulturellen Problemen gewidmet. In den Jahren 1963 und 1964 publizierte der Historiker Mikola Jermalowitsch die handschriftlich verfasste Zeitschrift „Podsnežnik“ (Schneeglöckchen), und 1975 begann er mit der Herausgabe des Blattes *„Hutarka“, von der innerhalb von zwei Jahren rund 50 maschinengeschriebene Nummern erschienen. Im selben Jahr etablierte Mikola Jakimowitsch ein System zur Vervielfältigung und Weiterverbreitung unabhängiger Druckerzeugnisse, das dank guter Konspiration bis in die 80er Jahre funktionierte.
Hingewiesen sei auch auf die zahlreichen publizistischen Beiträge, die nicht nur in Belarus selbst auf breites Echo stießen. So gelang es Michas Kukabaka, seine Texte mit Hilfe russischer Dissidenten ins Ausland zu schleusen. In der Folge fanden sie dann in der UdSSR über westliche Radiosender Verbreitung. In Belarus und über die Grenzen hinaus war in Form von Fotokopien und als Schreibmaschinenmanuskript der Aufsatz „Položenije v Belorusi. 1974“ (Die Lage in Belarus. 1974) im Umlauf. Darin kritisierte der Autor Sjanon Pasnjak die Unterdrückungspolitik der Staatsführung gegenüber der belarussischen Intelligenz. 1977 verfasste Aljaksej Kauka den „Pis’mo russkomu drugu“ (Brief an einen russischen Freund), in dem er das Recht der Belarussen auf ihre eigene Sprache darlegte. Der Text gelangte auch ins Ausland, wo er anonym auf Russisch und Englisch erschien.
Ende der 70er betrat eine junge Generation Oppositioneller die Bühne. In Minsk formierte sich der kreative Jugendverband *Majstrounja, aus dem viele demokratische Aktivisten und Gründer politischer Organisationen hervorgingen. Anfang der 80er Jahre breitete sich die Oppositionsbewegung auch auf andere Städte aus. So wurde in Nawapolazk, einer der am stärksten russifizierten Städte des Landes, verbotene patriotische Literatur gedruckt. Es fanden Gedenkveranstaltungen für Aktivisten der belarussischen nationalen Wiedergeburt statt, deren Namen aus der offiziellen Geschichtsschreibung getilgt worden waren. Oppositionelle Kreise organisierten zahlreiche Aktionen, mit denen sie gegen die Zerstörung nationaler Kulturdenkmäler protestierten.
Ein Baustein der belarussischen Opposition war darüber hinaus der Nonkonformismus der jungen Generation, der in Protesten gegen die offizielle Kultur zum Ausdruck kam. Die Anfänge dieser Bewegung lassen sich bis in die 60er Jahre zurückverfolgen, als mit dem Big-Beat eine neue Musikrichtung auch nach Belarus vordrang. In den Jahren 1970 bis 1972 fanden in Minsk und Hrodna einige Hippie-Treffen statt, an denen nicht nur Belarussen, sondern auch Hippies aus den baltischen Republiken, der Ukraine, Moskau und Leningrad teilnahmen. Die Zusammenkünfte wurden aufgelöst, und die Repressionen gegen ihre Teilnehmer bedeutete für die Aktivitäten der Jugendbewegung eine erhebliche Einschränkung.
Die *Kulturelle Opposition konzentrierte sich AB den 50er bis in die 80er Jahre auf den Kampf um eine Wiedergeburt und die Bewahrung der belarussischen Sprache. 1955 wandte sich Branislau Rscheuski, Dozent am Pädagogischen Institut in Hrodna, mit mehreren Briefen an die Staatsführung, in denen er gegen die Verdrängung des Belarussischen aus dem öffentlichen Leben protestierte. Diese Aktionen brachten ihn ins Straflager. 1957 wurden die Brüder Ljawon und Michas Bely verurteilt, weil sie in Versen gehaltene Flugblätter zur Rettung der belarussischen Sprache verbreiteten. In den 60er und 70er Jahren entstanden in Belarus erste organisierte Formen der *Kulturellen Opposition, unter anderem das *Akademische Zentrum sowie die Künstlergruppe *Na Paddašku. In den 70er Jahren ging die Partei- und Staatsführung der Belarussischen SSR etliche Male gegen die entstehende Oppositionsbewegung und deren Aktivisten vor. Das *Akademische Zentrum wurde aufgelöst. Der Künstler Ljawon Barasna kam unter ungeklärten Umständen zu Tode, und der Schriftsteller und Arzt Ales Naurozki wurde in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen.

Von der unabhängigen Jugendvereinigung Talaka organisierte Frühlingsfeier im Minsker Gorki-Park 1990
Am 10. April 1983 fand die Beerdigung der Dichterin und Aktivistin der Nationalbewegung Laryssa Henijusch statt. Die Feierlichkeiten wurden zu einer oppositionellen Kundgebung, auf der die inoffizielle und als „rebellisch“ geltende weiß-rot-weiße Nationalfahne allgegenwärtig war. 1985 formierte sich die patriotische Bewegung *Talaka, deren Aktivisten später den Kern der *Belarussischen Volksfront bildeten, der wichtigsten Organisation der belarussischen Unabhängigkeitsbewegung Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre. AB Mitte 1988 kam es im Zuge der Perestroika zu einem Erstarken der Demokratiebewegung. Bedeutenden Einfluss auf die gesellschaftliche Mobilisierung hatten auch die Nuklearkatstrophe in Tschernobyl (1986) und ihre Folgen sowie die Entdeckung der Massengräber in Kurapaty, wo 1937–1941 Tausende vom NKWD ermordet und verscharrt wurden. Im Dezember 1991 erlangte Belarus seine staatliche Unabhängigkeit zurück. Bislang ist es dem Land jedoch nicht gelungen, demokratische Strukturen zu etablieren, und die Vertreter unabhängiger Kreise befinden sich nach wie vor in Opposition zum herrschenden Regime des seit 1994 amtierenden Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka.