Die Gründung des Bürgerforums (Občanské fórum; OF) am 19. November 1989 im Prager Schauspielklub (Činoherní Klub) war eine Reaktion auf die gewaltsame Niederschlagung der *Studentendemonstration am 17. November 1989 zwei Tage zuvor. In der damaligen Situation war bereits klar, dass es zu grundlegenden gesellschaftspolitischen Veränderungen kommen würde. Die Entstehung des Bürgerforums ging von einer Gruppe von Bürgerrechtlern aus dem Umfeld Václav Havels aus. Ihr Ziel war die Schaffung eines breiten Bündnisses, das zum einen in der Lage sein sollte, „spontan“ zu reagieren, und zum anderen über eine feste Organisationsstruktur verfügen sollte, um politisches Chaos im Land zu verhindern. Außerdem sollte das Bündnis über eine repräsentative Führung verfügen, die Einfluss auf die Ereignisse nehmen und mit den Machthabern in Verhandlungen treten konnte.
Das Bürgerforum und die slowakische Bürgerrechtsbewegung *Öffentlichkeit gegen Gewalt (Verejnosť proti násiliu; VPN) übernahmen innerhalb weniger Wochen die politische Macht in der Tschechoslowakei. Durch zahlreiche Kooptationen erlangten ihre Vertreter Schlüsselpositionen in den gesetzgebenden Organen. In der am 10. Dezember 1989 einberufenen „Regierung der nationalen Verständigung“ unter Marián Čalfa wurden die Ministerämter zwischen ehemaligen Regierungsvertretern und Oppositionellen aufgeteilt. Bei den ersten freien Wahlen im Juni 1990 erhielt das Bürgerforum mehr als 50 % der Stimmen. Im Februar 1991 splittete es sich in einen liberal-demokratischen Flügel mit dem Namen „Bürgerbewegung“ (Občanské hnutí) und in einen konservativen Flügel unter der Bezeichnung „Demokratische Bürgerpartei“ (Občanská demokratická strana) auf.