Einer der berühmtesten politischen Prozesse in der Zeit von den 60er bis zu den 80er Jahren in der UdSSR. Er fand vom 8. bis 12. Januar 1968 im Moskauer Stadtgericht statt. Juri Galanskow, Alexander Ginsburg, Alexei Dobrowolski und Wera Laschkowa, die ein Jahr zuvor verhaftet worden waren, wurden nach Artikel 70 Strafgesetzbuch der RSFSR wegen „antisowjetischer Agitation und Propaganda“ angeklagt. Der Hauptanklagepunkt gegen Alexander Ginsburg lautete, dass er das „Weißbuch“ (Belaja kniga), eine Dokumentation des Prozesses gegen Andrei Sinjawski und Juli Daniel zusammengestellt und im Westen veröffentlicht hatte. Juri Galanskow wurde angeklagt, Alexander Ginsburg bei der Verfassung des „Weißbuches“ geholfen und die zweite Ausgabe der Anthologie „Feniks“ herausgegeben zu haben. Alexei Dobrowolski beschuldigte man, einen Text in diesem Almanach veröffentlicht zu haben. Wera Laschkowa wurde angeklagt, weil sie die Schreibmaschinenfassungen der genannten Publikationen angefertigt hatte. Außerdem wurden die Angeklagten beschuldigt, „kriminelle Kontakte“ zur Exilorganisation des Volksarbeitsbundes der russischen Solidaristen gepflegt zu haben. Alle Angeklagten wurden für schuldig befunden: Juri Galanskow wurde zu sieben Jahren Lagerhaft, Alexander Ginsburg zu fünf Jahren, Alexei Dobrowolski zu zwei und Wera Laschkowa zu einem Jahr Lagerhaft verurteilt.
Der „Prozess der Vier“ löste eine Welle von Protesten aus, die mit der Demonstration auf dem Puschkin-Platz in Moskau am 22. Januar 1967 kurz nach der Verhaftung von Juri Galanskow, Alexei Dobrowolski und Wera Laschkowa und einen Tag vor der Verhaftung von Alexander Ginsburg begann. 1967/68 erfolgte der Protest in Form einer Briefkampagne, in der gegen politische Verfolgungen protestiert wurde. Diese Protestwelle war wesentlich mächtiger als die Petitionskampagne von 1965/66 zur Verteidigung von Andrei Sinjawski und Juli Daniel. Zur Verteidigung von Alexander Ginsburg und Juri Galanskow wurden Dutzende individuelle und kollektive Briefe eingereicht und für diese jeweils 700 bis 1.000 Unterschriften gesammelt. Einige dieser Briefe waren Schlüsseltexte des frühen Samisdat, die den Charakter und die Themenwahl der entstehenden Menschenrechtsbewegung bestimmten: der Appell an die Weltöffentlichkeit von Larissa Bogoraz-Bruchman und Pawel Litwinow, der Appell an die Wissenschaftler und Kultur- und Kunstschaffenden von Pjotr Jakir, Juli Kim und Ilja Gabaj sowie der Brief an das Präsidium des Beratungstreffens der kommunistischen und Arbeiterparteien in Budapest.
Im Verlauf der Kampagne führte die Idee, die Menschenrechte zu verteidigen, zur Konsolidierung der Dissidentenbewegung in Moskau und anderen großen Städten der Sowjetunion. Die Dokumentation des Prozesses der Vier sowie der begleitenden Protestkampagne erstellte Pawel Litwinow mit Hilfe von Andrei Amalrik: „Der Prozess der Vier. Eine Sammlung von Dokumenten über den Gerichtsprozess an A. Ginsburg, J. Galanskow, A. Dobrowolski und W. Laschkowa“, Frankfurt am Main 1968 (Process četyrëch. Sbornik dokumentov po sudie nad A. Ginsburgom, J. Galanskovym, A. Dobrovolskim, V. Laškovoj).