Geschichte der kroatischen Opposition
Die oppositionelle Tätigkeit im kommunistischen Jugoslawien unterschied sich in ihrer Spezifik wesentlich von den Aktivitäten der Dissidenten in anderen Ländern des sogenannten Ostblocks. Besonders deutlich sichtbar war das in Kroatien. Bis in die 70er Jahre hinein agierten unabhängige Initiativen legal und genossen zum Teil sogar Unterstützung in den Reihen der Kommunistischen Partei. Solange sich ihre Ziele auf die Weiterentwicklung des Sozialismus und der kroatischen Nationalkultur beschränkten, konnten sie auf den vom Machtapparat zugelassenen Pluralismus setzen. Diese „Halb-Oppositionellen“ wurden erst zu Dissidenten, als die Staats- und Parteiführung in ihnen eine Bedrohung des eigenen Machtmonopols sah.
Anfangs glich die Entwicklung in Jugoslawien der in anderen kommunistischen Ländern. Kommunistische Truppen besetzten immer größere Teile des Territoriums Vorkriegsjugoslawiens und führten dort eine neue Ordnung ein. Zwar wurde in Belgrad eine Regierung der nationalen Einheit mit drei nichtkommunistischen, aus der Opposition der Vorkriegszeit stammenden Ministern etabliert, in der Provinz hingegen herrschten die Kommunisten bald unangefochten und führten ein mit den Verhältnissen in Polen oder der Tschechoslowakei vergleichbares Regime ein. Schon 1944 entstanden – nach Vorbild des NKWD – die Volksschutzabteilung (OZNA), aus der 1946 das Amt für Staatssicherheit (UDBA) als zivile Geheimpolizei und der Militärgeheimdienst (KOS) hervorgingen.
Die Kroaten befanden sich im neuen Jugoslawien in einer besonders schwierigen Lage, denn viele führende Persönlichkeiten hatten während des Krieges am Aufbau des 1941 mit Unterstützung und unter Kontrolle der Achsenmächte geschaffenen Unabhängigen Staates Kroatien (Nezavisna Država Hrvatska, NDH) unter dem Ustascha-Gründer und Staatsführer Ante Pavelić mitgewirkt. Zwar waren nicht alle Anhänger des Ustascha-Regimes, aber da der NDH der erste kroatische Staat der Neuzeit war, traten bei Vielen Vorbehalte gegenüber den Exzessen der heimischen Faschisten zugunsten patriotischer Gefühle in den Hintergrund. So wurden Beamte, Soldaten der vom NDH geschaffenen Militärverbände (die sogenannten Domobrani – Heimatverteidiger), aber auch Journalisten und sogar Politiker der antikommunistischen Anti-Ustascha-Opposition, von den Partisanen Titos unterschiedslos als Erzfeinde betrachtet und heftig bekämpft. Da vielen bewusst war, dass die Rache für die Ustascha-Verbrechen ebenso blutig werden könnte, machten sich im Frühjahr 1945 bis zu 150.000 Menschen in Richtung Slowenien und österreichische Grenze auf, um sich dort den Alliierten zu ergeben. Sammelpunkt wurde die Grenzstadt Bleiburg. Jedoch verweigerten die Briten insgesamt rund 200.000 Menschen die dauerhafte Einreise in ihre Besatzungszone und lieferten diese im Mai 1945 den Tito-Truppen aus. Damit verschwand auch eine ganze Generation kroatischer Führungspersönlichkeiten, die den Kommunisten gegenüber oppositionell eingestellt waren. In der breiteren Öffentlichkeit kehrte die Erinnerung an die Opfer von Bleiburg erst in den Jahren 1999–2001 zurück, als in der Umgebung von Maribor (Slowenien) entlang der Strecke des damaligen Todesmarsches insgesamt 296 Massengräber mit den sterblichen Überresten von 180.000 Menschen entdeckt wurden. Ante Pavelić wie auch anderen Anführern und Anhängern des einstigen Vasallenstaats NDH wiederum war es gelungen, sich ins Exil abzusetzen, wo sie eine Reihe radikaler nationalistischer Organisationen gründeten, die auf Jahre hinaus anti-jugoslawische Aktionen, bis hin zu Bomben- und Terroranschlägen im Ausland und Subversion in Jugoslawien selbst betrieben. Entsprechend unerbittlich ging der jugoslawische Staatsapparat gegen die oppositionelle kroatische Emigration vor und schreckte dabei auch vor politischen Morden nicht zurück.
Die Verbreitung von Angst als fester Bestandteil stalinistischer Politik in Jugoslawien hielt nach dem Krieg auch in Kroatien breite Kreise der Gesellschaft effektiv davon ab, sich oppositionell zu betätigen. Den bewaffneten Kampf nahmen nur diejenigen auf, die nichts zu verlieren hatten. Bis 1950 dauerten in den Gebirgsregionen Kroatiens und der Herzegowina die letzten Rückzugsgefechte versprengter Ustascha- und Domobrani-Verbände. Die lose organisierte Partisanenbewegung, die über 3500–4000 bewaffnete Kämpfer verfügte und sich Križari (Kreuzritter) nannte, agierte größtenteils planlos und ohne ein weitergehendes Konzept für eine antikommunistische Opposition. Die einzelnen Truppenteile verloren den Kontakt untereinander, und auch die Versuche, Kontakt zu Ustascha-Emigranten im Ausland aufzunehmen, verliefen im Sande.
Geradezu „modellhaft“ jedoch verlief zunächst der Aufbau des jugoslawischen Staates nach stalinistischem Muster. Nach der Verdrängung der Nicht-Kommunisten aus der Regierung fanden im November 1945 in einer von Angst, Terror, Gewalt, Internierungen und Vertreibungen bestimmten Atmosphäre Wahlen statt, in der auf die Liste der kommunistisch dominierten Volksfront 90 Prozent der Stimmen entfielen. In einem nächsten Schritt wurde im Januar 1946 die Verfassung der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien beschlossen. Im April 1947 folgten die Verstaatlichung der Industrie sowie die Einführung der Planwirtschaft.