Glossar

KOR

Das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (Komitet Obrony Robotników; KOR) war die erste öffentlich agierende Oppositionsgruppe in der Volksrepublik Polen. Am 23. September 1976 informierte eine Gruppe von 14 Oppositionellen, Intellektuellen und Kulturschaffenden in einem „Appell an die polnische Gesellschaft und an die Staatsführung der Volksrepublik Polen“ (Apel do społeczeństwa i władz PRL) über die Gründung des Komitees. Es sei dessen Ziel, den Opfern der Repressionen nach dem Juni 1976 beizustehen (die Hilfsaktionen für die Arbeiter dauerten damals schon seit mehreren Wochen an). Die Gründungsmitglieder des KOR waren Jerzy Andrzejewski, Stanisław Barańczak, Ludwik Cohn, Jacek Kuroń, Edward Lipiński, Jan Józef Lipski, Antoni Macierewicz, Piotr Naimski, Antoni Pajdak, Józef Rybicki, Aniela Steinsbergowa, Adam Szczypiorski, Pfarrer Jan Zieja und Wojciech Ziembiński. In der Folgezeit stießen noch weitere Personen hinzu: Halina Mikołajska; im Oktober Mirosław Chojecki, Emil Morgiewicz und Wacław Zawadzki; im November Bogdan Borusewicz und Józef Śreniowski; im Januar 1977 Stefan Kaczorowski, Anka Kowalska und Wojciech Onyszkiewicz; im April 1977 Adam Michnik und im Juli desselben Jahres Pfarrer Zbigniew Kamiński und Jan Kielanowski.

Das Komitee nahm sich der Unterstützung der Opfer von Repressionen an, leistete finanzielle, rechtliche und medizinischen Hilfe. Informationen über staatliche Repressionen und über die eigene Tätigkeit übermittelte das KOR an westliche Stellen, von wo aus sie an die polnische Sektion von Radio Freies Europa weitergeleitet wurden. Im September 1976 erschien die erste Ausgabe der KOR-Zeitschrift „Komunikat“ (Kommuniqué), in der Erklärungen des KOR abgedruckt wurden. Außerdem wurde das „Biuletyn Informacyjny“ herausgegeben.

Im Februar 1977 konnten die meisten Verhafteten und die wegen der Ereignisse im Juni 1976 Verurteilten dank des Einsatzes des KOR die Gefängnisse verlassen. Nach der Ermordung des Krakauer Studenten und KOR-Mitstreiters Stanisław Pyjas und einer anschließenden Protestaktion wurden im Mai 1977 die elf aktivsten Mitglieder und Mitarbeiter des KOR verhaftet. Als Zeichen der Solidarität mit ihnen und mit etlichen noch in den Gefängnissen sitzenden Arbeitern traten insgesamt 14 Personen (darunter Bogusława Blajfer, Bohdan Cywiński, Ojzasz Szechter, Kazimierz Świtoń und Henryk Wujec) in der Warschauer St.-Martin-Kirche in den Hungerstreik (24.–30. Mai 1977). Alle Inhaftierten kamen im Juli im Rahmen einer von der Staatsführung verkündeten Amnestie auf freien Fuß.

Nach der Erreichung des wichtigsten Zieles, das heißt der Rücknahme der Repressionen gegen die Teilnehmer des Juni 1976, gestaltete sich das KOR in das Komitee für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (KSS „KOR“) um. Stefan Kaczorowski, Emil Morgiewicz und Wojciech Ziembiński traten dem neuen KSS „KOR“ nicht bei.

Piotr Śmiłowicz, Jan Skórzyński

KSS „KOR“

Das Komitee für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (Komitet Samoobrony Społecznej; KSS „KOR“) war ab September 1977 die Weiterführung des Komitees zur Verteidigung der Arbeiter (KOR) und rekrutierte sich auch personell aus diesem. Im Oktober 1977 verstärkten dann noch weitere Aktivisten die Reihen von KSS „KOR“: Konrad Bieliński, Seweryn Blumsztajn, Andrzej Celiński, Leszek Kołakowski, Jan Lityński, Zbigniew Romaszewski , Maria Wosiek und Henryk Wujec. Im Mai 1978 kam Jerzy Ficowski dazu und im Oktober Wiesław Kęcik und Jerzy Nowacki. Im April 1980 wurde auch Ewa Milewicz Mitglied des neuen Komitees. KSS „KOR“ hatte ein Mitarbeiternetz, das sich über das ganze Land erstreckte. Die bedeutendsten Hochburgen der Opposition waren Warschau, Danzig, Krakau, Łódź, Breslau und Posen.

Ziele, die die Organisation in ihrem ersten Beschluss deklarierte, waren der Kampf gegen politische Repressionen und alle Formen von Unrecht, die Unterstützung der Opfer von Repressionen sowie der Einsatz für Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten. Die wichtigsten Beschlüsse wurden auf den monatlich stattfindenden Plenarversammlungen gefasst. Die Entwürfe für die Beschlüsse und Erklärungen bereitete ein Redaktionskomitee vor, über die Finanzen wachte ein speziell eingerichteter Finanzrat des „Fonds für Gesellschaftliche Selbstverteidigung“ (Rada Funduszu Samoobrony Społecznej). Ideell prägend für das KSS „KOR“ waren vor allem Jacek Kuroń, Antoni Macierewicz, Adam Michnik und Jan Józef Lipski.

Die Mitglieder des Komitees sahen sich verschiedensten Repressalien ausgesetzt: Polizeigewahrsam bis zu 48 Stunden, Wohnungs- und Hausdurchsuchungen, Bespitzelung und Postkontrolle, Ausreiseverbote, Kündigungen, tätliche Übergriffe.

Inspiriert vom KSS „KOR“ und mit dessen finanzieller Unterstützung entstand eine Reihe von unabhängigen Initiativen. Im Sommer 1977 wurde das Unabhängige Verlagshaus NOWA (Niezależna Oficyna Wydawnicza NOWA) gegründet, das bis 1981 an der Zensur vorbei über 100 Buchtitel herausbrachte. Wegen dieser illegalen Verlagstätigkeit wurde NOWA-Chef Mirosław Chojecki im März 1980 festgenommen. Nach einer Welle von Protesten und einem Hungerstreik von 23 Bürgerrechtlern in Podkowa Leśna (7.–17. Mai) wurde er aus dem Gefängnis entlassen, aber zu anderthalb Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Stellungnahmen und Erklärungen des Komitees erschienen regelmäßig in dem von Anka Kowalska redigierten „Komunikat“ (Kommuniqué). KSS „KOR“ gab auch die Zeitschriften „Biuletyn Informacyjny“ (Informationsbulletin), „Głos“ (Stimme) und „Robotnik“ (Arbeiter) heraus, und ab 1978 auch die politische Quartalschrift „Krytyka“ (Kritik).

Eng liiert mit KSS „KOR“ waren die 1978 in Danzig gegründeten Freien Gewerkschaften. Viele dort organisierte Personen – Lech Wałęsa, Andrzej Gwiazda und Anna Walentynowicz – wurden zwei Jahre später zu führenden Vertretern der Solidarność. Bogdan Borusewicz war Mitglied des KSS „KOR“ und zugleich führender Vertreter der Freien Gewerkschaften. In drei Regionen Polens formierten sich Provisorische Komitees der Bäuerlichen Selbstverteidigung (Tymczasowe Komitety Samoobrony Chłopskiej), die ebenfalls vom KSS „KOR“ unterstützt wurden. Daneben gab es auch zwei lokale Klubs der Gesellschaftlichen Selbstverteidigung. Ein besonders verdienstvolles Gremium im KSS „KOR“ war das von Zofia und Zbigniew Romaszewski geleitete Interventionsbüro (Biuro Interwencyjne). In den vier Jahren seines Bestehens bearbeitete das Büro jährlich Hunderte von Beschwerden, in denen es um Opfer von staatlicher Willkür, von Misshandlung durch Miliz und Staatssicherheitsdienst und auch um Morde ging. Die drastischsten Fälle wurden 1978 in der Dokumentensammlung „Dokumenty bezprawia“ (Dokumente des Unrechts) vom Warschauer NOWA-Verlag veröffentlicht.

Im Herbst 1977 organisierte Andrzej Celiński die sogenannte Fliegende Universität (Latający Uniwersytet), eine Vorlesungsreihe unabhängiger Professoren, die in privaten Wohnungen stattfand und unter Leitung von Jacek Kuroń und Adam Michnik stand. 1978 formierte sich diese Initiative als Gesellschaft für Wissenschaftliche Kurse um.

KSS „KOR“ war der Kontakt zur Opposition in anderen Ostblockländern ein wichtiges Anliegen. 1978 fanden im Riesengebirge zwei persönliche Begegnungen mit Vertretern der Charta 77 statt. Ein Jahr darauf traten in Warschau etliche Mitglieder des KSS „KOR“ und anderer oppositioneller Gruppen in Warschau in einen Hungerstreik – als Ausdruck ihrer Solidarität mit den in der Tschechoslowakei verhafteten Bürgerrechtlern. Im selben Jahr traf Zbigniew Romaszewski in Moskau mit Andrei Sacharow zusammen. Kontakte mit ungarischen Dissidenten wurden auf dem Postweg gepflegt.

Während des Streiksommers 1980 unterstützte KSS „KOR“ die Streikenden und informierte die polnische und internationale Öffentlichkeit über den Verlauf der Proteste. Bogdan Borusewicz war einer der Organisatoren des Streiks in der Danziger Werft und beriet das Überbetriebliche Streikkomitee (Międzyzakładowy Komitet Strajkowy, MKS). Mirosław Chojecki und Konrad Bieliński gaben das „Strajkowy Biuletyn Informacyjny Solidarność“ (Streik-Informationsbulletin der Solidarność) heraus. Ende August 1980 wurde eine ganze Reihe von KSS-„KOR”-Mitgliedern verhaftet, sie kamen jedoch nach Protesten der Streikenden und nach der Unterzeichnung der Danziger Vereinbarung wieder auf freien Fuß.

Die Mitglieder des KSS „KOR“ engagierten sich ausnahmslos für die sich formierende neue Gewerkschaft, sei es als Berater, Herausgeber oder Redakteur der Gewerkschaftspresse oder als Leiter von Meinungsforschungszentren und nahmen auch Leitungsaufgaben wahr. Am 23. September 1981 gab das KSS „KOR“ auf dem Ersten Landeskongress der Solidarność in Danzig seine Selbstauflösung bekannt. Seine Aufgaben habe jetzt die neue Gewerkschaft übernommen, hieß es.

Piotr Śmiłowicz, Jan Skórzyński

Kampfbund zur Befreiung Georgiens

Die georgische Untergrundorganisation wurde 1976 von Tamar Tschcheidse und Gela Nikolaischwili, damals Studierende der Universität Tiflis, sowie dem Regisseur Awtandil Imnadse gegründet. Noch als Schüler schloss sich Georgi Tschanturia ihnen an. Der Kampfbund zur Befreiung Georgiens (Sakartwelos gatawisuplebisatwis brdsolis kawschiris) knüpfte an eine ähnliche Organisation an, die seit 1968 an der Hochschule aktiv war und der Irakli Schengelaja, Georgi Korganaschwili, Nemo Burtschladse, Nodar Medsmarischwili, Amiran Beschuaschwili, Emsar Tschikoidse und Irakli Tkeschelaschwili angehörten. Die Mitglieder des neuen Bundes betrachteten Georgien als okkupiertes Territorium und riefen zum Kampf um die nationale Unabhängigkeit auf. In Tiflis vervielfältigten und verbreiteten sie Samisdatliteratur sowie an den Vorabenden offizieller sowjetischer Feiertage auch patriotische Aufrufe. Der Bund unterhielt Kontakte zur Georgischen Helsinki-Gruppe. Besonders aktiv wurde er im Zusammenhang mit der Debatte um eine neue Verfassung der Georgischen Sowjetrepublik im Frühjahr 1978. Die Gruppe beteiligte sich an der Organisation und Durchführung der *Demonstration am 14. April 1978. 1983 und 1984 wurden die Aktivisten des Bundes verhaftet und vor Gericht gestellt. Zuvor war Awantil Imnades 1978 inhaftiert und verurteilt worden. Nach den Verhaftungen löste sich die Organisation auf.

Kassationserklärung

In der an Leonid Breschnew gerichteten Kassationserklärung der krimtatarischen Bewegung, wurde 1977 die Änderung der die Krimtataren betreffenden Rechtsakte gefordert, die zwischen 1944 und 1976 von den sowjetischen Behörden verabschiedet worden waren. Die Erklärung wurde von März bis August 1977 von rund 14.000 Personen unterzeichnet.

Katholisches Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen

Die litauische Vereinigung zur Verteidigung der Menschenrechte entstand am 13. November 1978. Ihr Ziel war es zu überwachen, ob die sowjetischen Gesetze zur Regelung des Status der litauischen katholischen Kirche und der Rechte der Gläubigen sowie ihre praktische Anwendung den internationalen Verpflichtungen der UdSSR entsprachen. Zu den weiteren Zielen des „Katholischen Komitees zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen“ (Tikinčiųjų teisėms ginti katalikų komitetas) gehörte es, Fälle der Diskriminierung von Gläubigen und der Unterdrückung oppositioneller Überzeugungen in Litauen und anderen Sowjetrepubliken aufzudecken, Geistliche und Gläubige über ihre Rechte zu informieren und Hilfestellungen für deren Durchsetzung bereitzustellen.

Die Gründer und Mitglieder des Komitees waren fünf Priester: Sigitas Tamkevičius, Alfonsas Svarinskas, Juozaz Zdebskis, Jonas Kauneckas und Vincas Velavičius. 1980 traten Vytautas Skuodis und die Priester Vaclovas Stakėnas, Algimantas Keina, Leonas Kalinauskas und Kazimieras Žilys der Gruppe bei. Da die Organisation keine Leitung besaß, hatten alle Mitglieder die gleichen Rechte und trugen die gleiche Verantwortung. Entscheidungen wurden mit Stimmenmehrheit getroffen. Die Organisation veröffentlichte 52 Appelle an sowjetische und westliche staatliche Institutionen, einige davon zusammen mit dem Christlichen Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen in der UdSSR (Christjanskij komitet zaščity prav verujuščich v SSSR). Die Appelle wurden in der „Chronik der Katholischen Kirche“ in Litauen und in der „Chronik der laufenden Ereignisse“ in Russland veröffentlicht.

Repressionen des KGB gegen Mitglieder des Komitees fanden bis zur Einstellung der öffentlichen Tätigkeit der Organisation 1983 statt. Auf Initiative von Juozas Zdebskis wurde die Arbeit im Untergrund fortgesetzt. Daran beteiligten sich die Priester Jonas Boruta, Antanas Gražulis, Gvidonas Dovidaitis und Petras Dumbliauskas. 1989 nahm das Komitee seine öffentliche Tätigkeit wieder auf und verfolgte diese bis zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Litauens 1990. Am 13. November 1993 erklärten die in Šiluva versammelten Mitglieder des Komitees, dass sie ihre Mission erfüllt hätten und lösten sich auf.

Kerzendemonstration

Kundgebung am 25. März 1988 in Bratislava (Pressburg), die von Ján Čarnogurský mitorganisiert wurde. Die Teilnehmer forderten unter anderem, dass sich der Staat nicht in die Bestellung von Bischöfen einmischen solle und verlangten vollkommene Religionsfreiheit sowie die Garantie der Menschenrechte. Die Kerzendemonstration war die größte regimekritische Veranstaltung in der Slowakei vor 1989.

Kleinlitauen

Als Kleinlitauen (Mažoji Lietuva) wird ein historisch mehrheitlich von Litauern bewohnter, größtenteils jedoch nie zum litauischen Staatsgebiet gehörender Landstrich bezeichnet. Das Gebiet verteilt sich heute auf das Memelland im Osten Litauens, auf den östlichen Teil des Gebiets Kaliningrad und den äußersten Nordosten Polens. Kleinlitauen spielte eine bedeutende Rolle in der litauischen Kulturgeschichte: Hier wurden das erste geduckte litauische Buch (1547), die erste Grammatik der litauischen Sprache (1653), die erste Bibelübersetzung ins Litauische (1590), das erste literarische Werk (1706) und die erste Zeitschrift (1883) in litauischer Sprache herausgegeben. Die Umgangssprache der Bewohner dieser Region war die Grundlage für die Herausbildung der litauischen Literatursprache. Seit dem 13. Jahrhundert bis 1945 gehörte Kleinlitauen zunächst zum Kreuzritterorden und dann zu Preußen (Preußisch-Litauen). 1923 wurde der nördliche Teil Kleinlitauens, das Memelland, von Litauen annektiert und gehörte nach dem Zweiten Weltkrieg zur Litauischen SSR, während der größte Teil Kleinlitauens dem Gebiet Kaliningrad zugeordnet wurde und das Gebiet um Goldap (Gołdap) zu Polen fiel. Kleinlitauen war beständiges Exkursionsziel litauischer Landeskundler, was ihnen bei KGB-Verhören als „Ausdruck von Nationalismus“ angelastet wurde.

Klub-231

Die Vereinigung ehemaliger politischer Häftlinge Klub-231 (K-231) wurde am 31. März 1968 in Prag gegründet. Der Name geht auf das „Gesetz zum Schutz der demokratischen Volksrepublik“ (Zákon na ochranu lidově demokratické republiký) zurück, das 1948 im Gesetzblatt unter der Nummer 231 veröffentlicht wurde und bis in die 60er Jahre Grundlage für die meisten politischen Verurteilungen durch das kommunistische Regime war. Ziel der Vereinigung war es, ehemalige politische Häftlinge wieder vollständig ins gesellschaftliche Leben zu integrieren. Die Entstehung des K-231 war Ausdruck des gesellschaftlichen Wandels im Zuge des Prager Frühlings. Nach wenigen Monaten gehörten ihm mehrere zehntausend Mitglieder an, was ihn zum Angriffsziel des konservativen Flügels der Kommunistischen Partei machte.

Unmittelbar nach dem Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei wurde die Vereinigung verboten. 1990 entstand die „Konföderation der Politischen Häftlinge der Tschechoslowakei“, die an die Tradition des K-231 anknüpfte.

Klub Alkas

Die litauische Kultur- und Bildungsvereinigung „Alkas“ (Heiliger Wald, Hügel, Grotte oder Opferaltar) wurde 1967 in Wilna am Spezialkonstruktionsbüro der Rechenmaschinenfabrik von den Ingenieuren Stepas Lukoševičius, Zenon Didžiulis und Edvardas Gudavičius gegründet. Der Klub organisierte Vorträge zur Kultur und Geschichte Litauens sowie Fahrten zu kulturell und historisch bedeutsamen Orten. Die im Klub organisierten Ingenieure halfen bei der Ausarbeitung von Plänen für Rekonstruktionsarbeiten von Baudenkmälern wie dem Haus des litauischen Dichters Kristijonas Donelaitis oder einer Kirche in Kleinlitauen (im Gebiet Kaliningrad) und beteiligten sich auch an deren Wiederaufbau und Restaurierung. Der Klub gab die Zeitschrift „Mūsų kraštas“ (Unser Land) heraus, von der sieben Ausgaben erschienen. Die führenden Köpfe des Klubs wurden vom KGB überwacht und abgehört, trotzdem konnte der Klub seine Tätigkeit ohne Unterbrechung bis zur Wiedererlangung der Unabhängigkeit Litauens 1990 fortsetzen.

Klub Balticum

Der von Moskauer Studierenden aus Estland, Lettland und Litauen gegründete Klub Balticum geht auf die Initiative von Akvilė Grueckytė, Bronislovas Genzelis und Romualdas Grigas zurück. Sie hatten Ende 1956 in Moskau eine Gruppe zur Pflege litauischer Lieder und Volkstänze gegründet. 1957 schlossen sich Sänger und Tänzer aus Lettland sowie das Estnische Estradenorchester an. Der Klub zählte zeitweise fast 180 Mitglieder. Er besaß ein eigenes Programm und eine Hymne und gab die handschriftlich kopierte Zeitschrift „Balticum“ heraus, von der zehn Ausgaben erschienen (Redakteure waren der Litauer Virgilijus Čepaitis und der Lette Knuts Skujenieks). Nach der Rückkehr der aktivsten Mitglieder aus Moskau nach Litauen 1959 löste sich der Klub zunächst auf, wurde auf Initiative von Romualdas Grigas 1962 jedoch reaktiviert. Erklärtes Ziel des Klubs war die Heranbildung von kulturellen und national gesinnten Eliten Litauens, Lettlands und Estlands. Der Klub stand unter Druck des KGB und war 1965 gezwungen, seine Tätigkeit einzustellen.

Klub-Bewegung

Diese Bezeichnung steht für informelle Treffen verschiedener ungarischer Oppositionsgruppen in den 70er und 80er Jahren. Erwähnung unter den zahlreichen Klubs verdient der „Oktotásügyi Klub“ (Klub für Bildung), dessen Initiatoren Seminare in Budapester Privatwohnungen veranstalteten. Zu einem dieser Treffen waren die Autoren des Bandes „Marx im vierten Jahrzehnt“ (Marx a negyedik évtizedben) eingeladen: János Kis, György Bence und János Kenedi. 1977/78 hielt Miklós Szabó im Rahmen desselben Klubs Vorlesungen zum Schaffen von István Bibó. In den 80er Jahren entstand auf Initiative des Bundes der Kommunistischen Jugend (KISZ) der „Klub Junger Künstler“ (Fiatal Művészek Klubja; FMK). Dieser bildete eine Bühne für unabhängige, alternative Kunstveranstaltungen, für Vernissagen, Konzerte, Happenings, an denen Vertreter der damaligen Avantgarde teilnahmen. Der Klub wurde so zu einem der wichtigsten Treffpunkte für oppositionelle Intellektuelle in der ungarischen Hauptstadt.

Eine neue Ära für die Klubs begann mit der Gründung des Landesrates der Klubs. Im November 1985 hatten 20 Klubmitglieder ein landesweites Klub-Netzwerk gebildet. Ziel war es, die in der Provinz in Regie der Volksfornt tätigen Klubs zu verteidigen. In der Leitung des neuen Landesrates spielten eine wichtige Rolle: der Zirkel 405, der Klub „Rakpart“, der Petőfi-Kreis (Szentendre) sowie der Klub der Gesellschaftswissenschaften an der Wirtschaftsuniversität Budapest. Die von ihnen veranstalteten Sommerlager, die nicht nur Teilnehmer aus dem ungarischen Klub-Milieu, sondern auch aus den Nachbarländern anzogen, wurden von der Staatsmacht aufmerksam verfolgt.

Klub der Katholischen Intelligenz

Die Klubs der Katholischen Intelligenz (Kluby Inteligencji Katolickiej; KIK) gehen auf die Zeit nach dem Oktober 1956 zurück. Sie entstanden als Teil einer breiten Bewegung von „Klubs der Intelligenz“. Die Klubs der Katholischen Intelligenz als Teil der katholischen Laienbewegung setzten sich für eine Weiterführung der demokratischen Reformen ein. Von mehreren Dutzend entstandenen Klubs ließ die Staatsmacht 1957 jedoch nur fünf offiziell zu: in Warschau, Krakau, Posen, Breslau und Toruń; alle anderen mussten ihre Tätigkeit einstellen. Die größte Aktivität entfaltete der Klub in Warschau.

Die Klubs der Katholischen Intelligenz waren unabhängig von der Staatsmacht und von den hierarchischen Strukturen der katholischen Kirche. Ihre Leitungsgremien wurden auf Vollversammlungen demokratisch gewählt, was in Volkspolen eine Ausnahmeerscheinung darstellte. Organisiert wurden Diskussionsveranstaltungen zu verschiedenen Themen, deren Zuschnitt sich ganz nach den Wünschen und der Interessenlage der Mitglieder richtete. Die meisten Veranstaltungen waren Fragen der Religion, des kirchlichen Lebens, der katholischen Kultur gewidmet; es kamen aber auch ökonomische, zeitgeschichtliche, literarische und andere Themen auf die Tagesordnung. Ein wichtiges Anliegen war auch die Erziehungsarbeit unter Kindern, Jugendlichen und Eltern. Die Klubs arbeiteten eng mit Seelsorgern zusammen, unter den eingeladenen Gästen befanden sich auch Bischöfe (beispielsweise die Kardinäle Wyszyński und Wojtyła). Sie pflegten auch Kontakte mit katholischen Organisationen in westlichen Ländern.

Eine Teilnahme an den Aktivitäten der Klubs wurde von der Staatsmacht als „klerikal“ und als Zeichen der Feindschaft gegenüber der sozialistischen Gesellschaftsordnung angesehen und konnte gewisse Beschränkungen im beruflichen Weiterkommen nach sich ziehen. Wirtschaftliche Grundlage für die Fortexistenz der Klubs war das Unternehmen „Libella“, das auf Konzessionsbasis tätig war. Die Kontrollfunktion des Staats bestand in der jährlichen Festschreibung der Höhe des Budgets sowie in der Verpflichtung von „Libella“, detaillierte Tätigkeitsberichte zu liefern.

Stets eng verknüpft mit den Aktivitäten der Klubs der Katholischen Intelligenz waren die Wochenzeitung „Tygodnik Powszechny“, die monatlich erscheinenden Blätter „Znak“ und „Więź“ sowie der Verlag Znak. Zwischen 1957 und 1976 bestanden zudem intensive Beziehungen zwischen den Klubs, den genannten Zeitschriften und der fünfköpfigen Abgeordnetengruppe Znak im Sejm (mit ihrem Vorsitzenden Stanisław Stomma). Diese war eine Art Oppositionsersatz, die den Marxismus kritisch sah, die aber die geo- und gesellschaftspolitischen Realien in der Volksrepublik Polen durchaus akzeptierte. Das gemeinsame Erkennungszeichen für all diese organisatorischen und personellen Strukturen war der Name „Znak“ (Zeichen) bzw. Znak-Bewegung. Diese strebte danach, unter den bestehenden politischen Bedingungen katholisches Denken und katholische Kultur zu entwickeln, westliches theologisches und philosophisches Denken nach Polen zu bringen sowie den Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils in Polen zu verbreiten. Den Bischöfen gegenüber verhielt sich Znak loyal, was gelegentliche Streitigkeiten über das Ausmaß notwendiger Reformen in der Kirche nicht ausschloss. Die Loyalität gegenüber der Staatsmacht wurde stets mit Forderungen nach einer Demokratisierung des politischen Systems und nach Gleichberechtigung für Katholiken verknüpft. Auch der Dialog mit intellektuellen Laien (Atheisten, Agnostikern) wurde gesucht, um eine gemeinsame Ebene für humanistische Werte zu finden. Ab Ende der 50er Jahre wurde auch der deutsch-polnische Dialog gepflegt – mit dem Ziel, die gegenseitigen Beziehungen schrittweise zu normalisieren. Die Znak-Bewegung griff auch immer wieder die Frage des polnisch- jüdischen und des christlich-jüdischen Dialogs auf. Dabei bezog sie Position gegen antijüdische Vorurteile.

Im März 1968 setzten sich die Znak-Abgeordneten für die protestierenden Studenten ein. 1976 wandten sich ihre führenden Vertreter gegen vorgesehene Verfassungsänderungen (gegen die Verankerung der führenden Rolle der Partei und des Bündnisses mit der UdSSR in der Verfassung). Der einzige Parlamentsabgeordnete, der den von den Kommunisten oktroyierten Änderungen nicht zustimmte, war Stanisław Stomma, der sich der Stimme enthielt.

In den 70er Jahren engagierten sich viele Mitglieder der Klubs der Katholischen Intelligenz für die demokratische Opposition, besonders für das Komitee zur Verteidigung der Arbeiter (KOR) und für die Gesellschaft für Wissenschaftliche Kurse. 1980/81 wirkten die Klubs aktiv am Zustandekommen der Solidarność mit und arbeiteten dann eng mit der Gewerkschaft zusammen. In dieser Zeit entstanden in einer Reihe von Städten auch Dutzende neuer Klubs. Klub-Vertreter arbeiteten eng mit dem Episkopat (als Mitglieder in dessen Ausschüssen) zusammen und waren in dem 1981 gegründeten Gesellschaftlichen Rat beim Primas zahlreich vertreten. Nach Ausrufung des Kriegsrechts am 13. Dezember 1981 wurden alle Klubs der Katholischen Intelligenz in ihrer Tätigkeit suspendiert. Ab 1983 konnten 40 Klubs ihre Arbeit wieder aufnehmen. Sie stellten ein Begegnungsforum für katholische Laien, Aktivisten der illegalen Solidarność und für Geistliche dar. Führende Klub-Vertreter aus Warschau – Tadeusz Mazowiecki, Andrzej Stelmachowskiej und Andrzej Wielowieyski – spielten während des politischen Umbruchs 1988/89 eine wichtige Rolle. Als die Verhandlungen zwischen der Solidarność und der Regierung begannen, beteiligten sie sich an den Gesprächen am Runden Tisch und an den Vorbereitungen der Opposition auf die Parlamentswahlen im Juni 1989. Unter den Abgeordneten und Senatoren der aus der Opposition hervorgegangenen Bürgerfraktion im neuen Parlament befanden sich mehr als 30 Mitglieder aus den Klubs der Katholischen Intelligenz.

Andrzej Friszke

Klub der schöpferischen Jugend

Als kulturelle Vereinigung unter der Leitung des Komsomol 1960 in Kiew gegründet, waren im Klub der schöpferischen Jugend (Klub tvorčoї molodi) unter anderem Alla Horska, Wassyl Symonenko, Iwan Dsjuba, Jewhen Swerstjuk und Iwan Switlytschny aktiv. Mit der Zeit übernahm der Klub die Rolle eines nationalkulturellen Zentrums mit weitgehender Unabhängigkeit, wo zunehmend auch allgemeinere gesellschaftliche Fragen thematisiert wurden. 1962 entstand in Lwiw ein ähnlicher Klub. Nach Missbilligung dieser Entwicklung durch Nikita Chruschtschow in Reden vor Vertretern aus Kunst und Kultur im März 1963 wurden der Klub der schöpferischen Jugend und ähnliche Einrichtungen in anderen Städten der Ukraine geschlossen.

Klub des Krummen Kreises

Der Klub des Krummen Kreises (Klub Krzywego Koła; KKK) entstand 1955 während der politischen Tauwetterphase nach Stalins Tod. Er war ein Forum für freien Gedankenaustausch unter Intellektuellen. 1956 wurde er zum wichtigsten Diskussionsforum der Hauptstadt. Dort versammelten sich die Anhänger einer gründlichen Entstalinisierung, eines freien Denkens und der Wiedereinführung der Rechtsstaatlichkeit. Ab dieser Zeit waren die Wortführer im Klub des Krummen Kreises junge Intellektuelle mit geisteswissenschaftlichem Hintergrund, oft keiner Partei angehörend. Unter den Mitstreitern befanden sich hervorragende Persönlichkeiten der linksliberalen, nichtkommunistischen polnischen Intelligenz. Zu den führenden Vertretern des Klubs gehörten Persönlichkeiten wie Jan Józef Lipski (1956/57 Vorsitzender, dann Sekretär des Vorstands), Aleksander Małachowski, Paweł Jasienica, Witold Jedlicki, Stanisław Ossowski und Stefan Nowak. Über Jan Józef Lipski knüpfte der Klub auch Kontakt mit Jerzy Giedroyc. Einer engeren Zusammenarbeit mit der Pariser Exilzeitschrift „Kultura“ schoben die Herrschenden jedoch einen Riegel vor. 1958 wurde die Klub-Mitstreiterin Hanna Rewska wegen der Weiterverbreitung der Zeitschrift in Polen verhaftet.

Auf den stets donnerstags stattfindenden Veranstaltungen des Klubs des Krummen Kreises wurden – auf der Grundlage eines einleitenden Fachreferats – Fragen aus den Bereichen Politik, Geschichte, Gesellschaft, Wirtschaft und Kunst diskutiert. Darüber hinaus waren verschiedene thematische Arbeitsgruppen tätig (bildende Kunst, Theater, Soziologie usw.). Eine Gruppe junger Soziologen aus dem Umfeld des Klubs unternahm erstmals in Volkspolen den Versuch, Umfragen zur öffentlichen Meinung durchzuführen. Der Klub hatte insgesamt um die 300 Mitglieder. Als Ort freien Meinungsaustausches und oppositionelles Zentrum war er der Staatsmacht ein immer größerer Dorn im Auge. 1962 wurde der Klub des Krummen Kreises von den Behörden aufgelöst.

Andrzej Friszke

Klub engagierter Parteiloser

Organisation, die als einzige neue politische Bewegung während des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei am 5. April 1968 entstand. Der Klub engagierter Parteiloser (Klub angažovaných nestraníků; KAN) zählte schnell mehr als 50.000 Mitglieder und setzte sich für die rechtliche Gleichstellung von parteilosen Bürgern und Parteimitgliedern ein. Personen wie Ludvík Rybáček, Václav Havel, Ivan Sviták, Rudolf Battěk und Egon Lánský engagierten sich in dieser Bewegung. Der Klub gab die Zeitschrift „Nestraník“ (Der Parteilose) heraus und unterstützte den Demokratisierungsprozess, unter anderem mit seinem Engagement für das „Manifest der 2.000 Worte“ (Dva tisíce slov). Die einstweilige Genehmigung des Klubs und seiner Aktivitäten war auch Gegenstand der Gespräche zwischen der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ) und der KPdSU Anfang August 1968. Die sowjetische Parteiführung sah in der Existenz des Klubs den Beleg dafür, dass die tschechoslowakische Regierung die Kontrolle über die Situation im eigenen Land verloren habe. Zwei Wochen nach dem Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei wurde der Klub engagierter Parteiloser verboten.

Im Oktober 1990 wurde der Klub wiedergegründet, nun aber mit einer klaren rechtsbürgerlichen, antikommunistischen Ausrichtung. Bei den Parlamentswahlen 1992, zu denen der Klub mit der Forderung nach einer umfassenden „Entbolschewisierung“ antrat, erlitt er eine Niederlage.

Klub für Glasnost und Perestroika

Der Klub für Glasnost und Perestroika (Klub za podkrepa na glasnostta i preustrojstvoto) wurde am 3. November 1988 von 87 Personen gegründet, deren Mehrheit Mitglieder der Bulgarischen Kommunistischen Partei waren. Der Klub formulierte klare Forderungen nach einer schrittweisen Reform des politischen Systems.

Klub für sozialistische Umgestaltung „Wiedergeburt“

Die Anfänge des „Klubs für sozialistische Umgestaltung ‚Wiedergeburt‘“ (Klub za socialistickou přestavbu Obroda) reichen bis ins Jahr 1987 zurück, als eine Gruppe ehemaliger tschechoslowakischer Reformkommunisten mehrere Briefe an die sowjetische Parteiführung richtete. In diesen Schreiben drückten sie ihre Unterstützung für Gorbatschows Reformpolitik sowie ihre Hoffnung auf eine Neubewertung des Prager Frühlings von 1968 aus. 1988 begannen sie, im Samisdat die Zeitschrift „Dialog“ zu veröffentlichen. Dort schrieben unter anderem Václav Vrabec, Miloš Hájek, Luboš Kohout, Miroslav Rýdl und Mikuláš Tomin. Anfang Februar 1989 veröffentlichten sie eine Grundsatzerklärung, die häufig als die Geburtsstunde des „Klubs für sozialistische Umgestaltung“ bewertet wird. Bis zum Herbst 1989 erhöhte sich die Zahl ihrer Unterstützer um rund 500 Personen aus verschiedenen Städten des Landes. Außer Personen, die im Zusammenhang mit dem Prager Frühling aus der Partei ausgeschlossen worden waren – zu ihnen gehörten Miloš Hájek, Jiří Hájek, Vojtěch Mencl, Čestmír Císař -, schlossen sich dem Klub auch Personen an, die vorher nie Mitglieder der Kommunistischen Partei gewesen waren wie beispielsweise Jan Urban.

Der Klub für sozialistische Umgestaltung hatte von Anfang an einen besonderen Platz in den Oppositionskreisen. Dies hing mit dem permanenten Einsatz für einen Dialog mit Vertretern der Kommunistischen Partei zusammen, mit denen mehrere Gespräche geführt wurden. Neben Organisationen wie der Demokratischen Initiative (Československá demokratická iniciativa) und der Bewegung für Bürgerfreiheit (Hnutí za občanskou svobodu; HOS) gehörte der Klub für sozialistische Umgestaltung „Wiedergeburt“ zu denjenigen Gruppen mit einem klar umrissenen politischen Standpunkt. Er war auch die erste Bewegung, die sich als politische Organisation mit eigenen Strukturen und eigenem Statut gründete und mit zu den Gründungsmitgliedern des Bürgerforums (Občanské fórum; OF) zählte. Die Mehrheit der Mitglieder des Klubs trat später der „Tschechischen Sozialdemokratischen Partei“ (Česká strana sociálně demokratická; ČSSD) bei. In der Slowakei entstand nach dem Fall des kommunistischen Regimes eine eigene Organisation unter dem Namen „Wiedergeburt der Slowakei“ (Obroda Slovenska), die sich bei den Parlamentswahlen 1990 mit der Öffentlichkeit gegen Gewalt (Verejnosť proti násiliu; VPN) zusammenschloss.

Kämpfende Solidarność

Radikal antikommunistische Untergrundorganisation, die aus der Solidarność hervorgegangen ist. Die Kämpfende Solidarność (Solidarność Walcząca; SW) entstand im Juni 1982 infolge einer Spaltung im Breslauer Regionalen Streikkomitee der Solidarność. Angeführt wurde die Kämpfende Solidarność von Kornel Morawiecki, der zuvor Propagandachef des Breslauer Regionalen Streikkomitees war. Kornel Morawiecki war mit der Taktik des Streikkomiteevorsitzenden Władysław Frasyniuk und des Provisorischen Koordinierungsausschusses nicht einverstanden, die unter den Gegebenheiten des Kriegsrechts vorsichtig agieren wollten. Die Kämpfende Solidarność setzte dagegen auf aktiven Widerstand in Form großer Protestdemonstrationen und sagte sich auch nicht von gewaltsamen Methoden des politischen Kampfes los, obgleich sie selbst keine Gewalt einsetzte. Als Hauptziel ihres Strebens betrachtete sie die Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit Polens und den Aufbau einer „Solidarischen Republik“.

Das Leitungsgremium der Kämpfenden Solidarność war der Politische Rat (Rada Polityczna) unter Führung von Kornel Morawiecki, für die laufenden Angelegenheiten war ein Exekutivkomitee (Komitet Wykonawczy) zuständig. Der Schwerpunkt der Tätigkeit lag in den großen Städten. Wichtigstes Publikationsorgan war das Bulletin „Solidarność Walcząca“ (Redaktion: Kornel Morawiecki, Zuzanna Dąbrowska, Romuald Lazarowicz, Andrzej Myc, Andrzej Zarach und andere). Die Organisation rief zum aktiven Widerstand auf, legte Wert auf spektakuläre Flugblattaktionen und betrieb einen eigenen Rundfunksender. 1988 gründete die Kämpfende Solidarność das „Autonome Ost-Referat“ (Autonomiczny Wydział Wschodni), dessen Ziel es war, die Opposition in einigen Sowjetrepubliken zu unterstützen. Das geschah beispielsweise durch Herausgabe des russischsprachigen Ratgebers „Junyj konspirator“ (Jugendlicher Konspirateur), in dem die Grundsätze konspirativer Arbeit erklärt wurden. Das Ost-Referat unterhielt enge Kontakte zu den Unabhängigkeitsbewegungen in Litauen (Sąjūdis) und in der Ukraine, wohin ukrainische Exilzeitschriften, religiöse Literatur für die griechisch-katholischen Christen sowie Vervielfältigungstechnik für die Krim-Tataren geschleust wurde.

Die Kämpfende Solidarność widersetzte sich jeglichen Gesprächen mit den kommunistischen Machthabern und lehnte die Vereinbarungen am Runden Tisch folglich ab. Sie rief zum Boykott der halbfreien Wahlen im Juni 1989 auf und protestierte gegen die Wahl von General Wojciech Jaruzelski zum polnischen Staatspräsidenten.

Bartosz Kaliski

Kominformisten

Als „Kominformisten“ (informbirojevci) wurden von der Tito-Propaganda tatsächliche und vermeintliche Befürworter der Resolution des Informationsbüros der Kommunistischen und Arbeiterparteien (kurz: Kommunistisches Informationsbüro bzw. Kominform) bezeichnet. In diesem im Juni 1948 verabschiedeten Dokument war die Führung der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) für ihren allzu eigenständigen Kurs gegenüber Moskau verurteilt worden. Wie stark die Solidarisierung mit Stalin im Zusammenhang mit seinem Konflikt mit Josip Broz Tito in Jugoslawien war, ist schwer zu sagen. Bekannt sind jedoch Beschlüsse ganzer KPJ-Kreisleitungen, in denen Tito kritisiert wurde, sowie die Bildung kominformtreuer Partisaneneinheiten. So kamen im Herbst 1948 in Montenegro Truppen einer Division der Geheimpolizei UDBA zum Einsatz, um dort entstandene Partisanenverbände zu liquidieren. Zahlreiche Parteifunktionäre versuchten sich ins Ausland abzusetzen oder verweigerten die Rückkehr nach Jugoslawien. Infolge der Kominform-Resolution wurden rund 24.000 Personen aus der KPJ ausgeschlossen, von denen über 16.000 in speziellen Konzentrationslagern inhaftiert wurden. Das berüchtigtste dieser Lager befand sich auf der Insel Goli otok.

Komitee für Historische Gerechtigkeit

Anliegen des 1988 in Ungarn gegründeten „Komitees für Historische Gerechtigkeit” (Történelmi Igazságtétel Bizottság; TIB) war die Rehabilitierung der Opfer des Stalinismus, insbesondere der Opfer der Repressionen nach der Ungarischen Revolution von 1956. Den Mitgliedern des Komitees ist es unter anderem zu verdanken, dass am 16. Juni 1989 Imre Nagy und seine Mitstreiter feierlich beigesetzt werden konnten.

Komitee für Menschenrechte in der UdSSR

Bürgervereinigung, die mit dem Ziel gegründet wurde, Analysen im Bereich des Menschenrechtsschutzes und der Menschenrechtsförderung anzufertigen. Das „Komitee für Menschenrechte in der UdSSR“ (Komitet prav čeloveka w SSSR) entstand im November 1970 in Moskau und war nach der Initiativgruppe zur Verteidigung der Menschenrechte in der UdSSR (Iniciativnaja gruppa po zaščite prav čeloveka w SSSR) die zweite unabhängig tätige Organisation. Gründungsmitglieder waren Waleri Tschalidse, Andrei Sacharow und Andrei Twerdochlebow, später schlossen sich Igor Schafarewitsch und Grigori Podjapolski an. Als Experten beteiligten sich Alexander Jessenin-Wolpin, Boris Zukerman und in anonymer Form die Rechtsanwältin Sofia Kallistratowa.

Das Komitee traf sich wöchentlich in der Wohnung von Waleri Tschalidse und ab Ende 1972 bei Andrei Sacharow. Inoffizielles Presseorgan war die von Waleri Tschalidse herausgegebene Zeitung „Obščestvennye problemy“ (Gesellschaftsprobleme). Informationen über die Arbeit des Komitees wurden auch regelmäßig in der „Chronik der laufenden Ereignisse“ veröffentlicht. Das Komitee zeigte Mängel und Unzulänglichkeiten des sowjetischen Rechts sowie Widersprüche zu den internationalen Menschenrechtsvereinbarungen auf. Es analysierte das Recht auf Selbstverteidigung, die Rechte von als psychisch krank erklärten Personen, die Begriffe „politischer Häftling“ und „sozialer Parasit“ sowie die Rechtssituation zwangsumgesiedelter Völker. Die Publikationen bedienten sich eines wissenschaftlichen Stils und signalisierten die Bereitschaft für eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Staatsbehörden.

Das Komitee stellte innerhalb der Sowjetunion den ersten Versuch dar, ein unabhängiges Expertengremium zu schaffen. Außerdem war es die erste sowjetische Bürgervereinigung, die einen internationalen Status erhielt, da das Komitee 1971 Mitglied der „Internationalen Liga für Menschenrechte“ und des „Internationalen Menschenrechtsinstituts“ (René-Cassin-Institut) wurde.

Komitee zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten

Über die Gründung des „Komitees zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten“ (Výbor na obranu nespravedlivě stíhaných; VONS) in der Tschechoslowakei wurde die Öffentlichkeit am 27. April 1978 informiert. 17 Personen unterschrieben die entsprechende Bekanntmachung, die Mehrheit von ihnen war auch schon Unterzeichner der Charta 77 gewesen. Hauptanliegen von VONS war es, über das Schicksal der Menschen zu berichten, die vom Regime für ihre persönlichen Einstellungen verfolgt, inhaftiert oder in anderer Weise Opfer staatlicher Polizei- und Justizwillkür geworden waren. Das Komitee klärte die Öffentlichkeit über derartige Vorfälle auf und half Familienangehörigen von Inhaftierten. Zu den Gründern gehörten unter anderem Václav Benda, Václav Havel, Petr Uhl und Jiří Dienstbier. Diese vier wurden zusammen mit mehreren anderen Personen im Mai 1979 verhaftet und später zu dreieinhalb bis fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Dies bedeutete aber nicht das Ende des Komitees zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten: Im November 1979 wurde es Teil der Internationalen Föderation für Menschenrechte (FIDH), zu deren Vorsitzenden zweimal das VONS-Mitglied Ladislav Lis gewählt wurde. Bis 1989 gab das Komitee zur Verteidigung der zu Unrecht Verfolgten um die tausend Berichte heraus, die in der Zeitschrift „Informationen über die Charta 77“ veröffentlicht wurden. Das Komitee arbeitete außerdem mit ausländischen Presseagenturen und mit Amnesty International zusammen. Sowohl im In- als auch im Ausland erfreute sich VONS durch die Gründlichkeit seiner juristischen Berichte und aufgrund der Verteidigung von Verfolgten eines hohen Ansehens. Das Komitee half auch Menschen, die nicht oppositionell aktiv waren, sich aber im Konflikt mit der Staatsmacht befanden. VONS engagierte sich auch für politische Gefangene in anderen Teilen der Welt, so beispielsweise für Kim Dae-jung, den späteren Präsidenten Südkoreas.

Komitee zur Verteidigung politischer Gefangener

Die 1988 von Petras Cidzikas, Povilas Pečeliūnas und anderen gegründete litauische Menschenrechtsorganisation bemühte sich um die Rückkehr der aus politischen Gründen in sowjetischen Straflagern Inhaftierten. Die öffentlichen Auftritte der Mitglieder des Komitees und auch der Hungerstreik von Petras Cidzikas auf dem Wilnaer Kathedralenplatz im August 1988 trugen zu einer schnelleren Rückkehr der Gefangenen bei. Mit der Rückkehr aller politischen Lagerhäftlinge aus Litauen stellte das Komitee seine Tätigkeit im Mai 1989 ein.

Kommission für die Erforschung der Verbrechen des Stalinismus

Die Kommission wurde im Juli 1988 von der litauischen Erneuerungsbewegung Sąjūdis gegründet und widmete sich der Sammlung und Veröffentlichung von Materialien über die durch das sowjetische Regime Verfolgten. 1992 erfolgte die Umwandlung der Kommission in das Zentrum für Erforschung des Genozids in Litauen und 1993 rief das Parlament das Zentrum für Erforschung von Genozid und Widerstand ins Leben. 1992 erschien der erste Band eines Verzeichnisses verfolgter Personen in Litauen 1939–41.

Konföderation Unabhängiges Polen

Die Konföderation Unabhängiges Polen (Konfederacja Polski Niepodległej; KPN) ist eine antikommunistische Organisation, die sich selbst als Partei bezeichnet. Ihre Gründungserklärung wurde am 1. September 1979 bekannt gegeben. Gründer war der Militärhistoriker und Politikwissenschaftler Leszek Moczulski, zugleich einer der führenden Köpfe der Bewegung zur Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte (ROPCiO). Übergeordnetes Ziel der Konföderation war die Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit Polens. Sie gab einige zensurunabhängige Zeitschriften (unter anderen „Droga“/Weg) sowie Bücher heraus und erinnerte mit Veranstaltungen an nationale Gedenk- und Jahrestage. 1980 wurden ihre Anführer verhaftet und 1982 zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Dass die Partei Anfang der 80er Jahre großen Rückhalt im radikalen Flügel der Solidarność hatte, war nicht zuletzt auf die antisowjetische Rhetorik der Konföderation zurückzuführen.

Die Konföderation Unabhängiges Polen existierte als Mitgliederorganisation die gesamten 80er Jahre hindurch. Im zweiten Prozess gegen sie wurde Leszek Moczulski (wie auch vier weitere Mitglieder) erneut verurteilt. Nach seiner Entlassung aus der Haft sagte er 1987: „Unser Hauptziel ist die Unabhängigkeit, und der Weg dorthin führt über den Wiederaufbau der Solidarność.“ Die Konföderation Unabhängiges Polen stand den Vereinbarungen des Runden Tisches kritisch gegenüber, nahm jedoch an den halbfreien Wahlen im Juni 1989 teil und engagierte sich auch tagespolitisch nach dem Ende des Kommunismus.

Bartosz Kaliski

Konföderation der belarussischen Gemeinschaften

Diese unabhängige politische Jugendvereinigung war in den Jahren 1989 und 1990 aktiv. Die Konföderation der belarussischen Gemeinschaften (Kanfederacyja belaruskich supolak) verband Organisationen, die sich für die nationale und kulturelle Wiedergeburt von Belarus und die Erlangung der Unabhängigkeit des Landes einsetzten. Sie führte landesweit einige aufsehenerregende kulturelle und politische Aktionen durch. 1990 wurde die Konföderation Teil der Belarussischen Volksfront.

Kongress Estlands

Vertretungsorgan der Bevölkerung der Republik Estland, das von 1990 bis 1992 existierte. Der „Kongress Estlands“ (Eesti Kongress) entstand auf Initiative des „Christdemokratischen Bundes“, der „Estnischen Gesellschaft für den Schutz des Nationalen Erbes“ und der „Estnischen Nationalen Partei der Unabhängigkeit“. An den Wahlen zum Kongress zwischen dem 24. Februar und 1. März 1990 nahmen 71 % der Bevölkerung der Estnischen Sowjetrepublik und 57 % derjenigen Personen teil, die die estnische Staatsbürgerschaft beantragt hatten. Von den 499 Mandanten erhielten unabhängige Abgeordnete 109, die Estnische Volksfront 107, die „Estnische Gesellschaft für den Schutz des Nationalen Erbes“ 104, die „Estnische Nationale Partei der Unabhängigkeit“ 70 und die Kommunistische Partei 39 Mandate.

Auf der ersten Sitzung am 11. und 12. März 1990 erklärte der Kongress Estlands die Wiedererrichtung der unabhängigen Republik zu seinem Ziel. Während des Augustputsches 1991 schlossen der Kongress und der Oberste Sowjet der Estnischen Sowjetrepublik eine Vereinbarung über die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Estlands. Der Kongress beendete seine Tätigkeit im Herbst 1992 nach den Parlamentswahlen.

„Kontakt“

Samisdatzeitschrift, die 1981–83 in der künstlerischen Underground-Szene Bratislavas herausgegeben wurde. Zur Redaktion gehörten Oleg Pastier, Ján Budaj, Igor Kalný, Vladimír Archleb, Jaroslav Štuller und Jiří Olič. Später kam noch Martin M. Šimecka dazu. „Kontakt“ druckte vor allem Artikel zu Philosophie und Kunst und informierte über Verhaftungen. Einige Ausgaben wurden auch von einer parallel arbeitenden Zweitredaktion vorbereitet, die sich vor allem aus christlich orientierten Autoren, darunter Ján Langoš, Martin Klein, Boris Lazar und František Mikloško, zusammensetzte. Die jeweilige Ausgabe hatte einen Umfang von zwölf Seiten und wurde auf Schreibmaschinen abgetippt.

„Kontinent“

Die Internationale Vierteljahresschrift für Literatur und Publizistik „Kontinent“ wurde 1974 in Paris von sowjetischen Schriftstellern der *Dritten Emigration gegründet. Als verbindendes Organ der oppositionellen Kräfte in Osteuropa sollte es ein Werkzeug im Kampf gegen das totalitäre politische System der UdSSR und seine Ideologie sein. Von 1974 bis 1992 war Wladimir Maximow Chefredakteur der Zeitschrift und Natalja Gorbanewskaja seine Stellvertreterin. Zur Redaktion und zum Vorstand der Zeitschrift gehörten in verschiedenen Zeiträumen unter anderem Wassili Aksjonow, Jossif Brodski (Joseph Brodsky), Wladimir Bukowski, Alexander Galitsch, Alexander Ginsburg, Pjotr Grigorenko, Naum Korschawin, Eduard Kusnezow, Ernst Nieiswestny, Wiktor Nekrassow, Andrei Sacharow sowie Dissidenten und Emigranten aus Jugoslawien (Milovan Đilas, Mihajlo Mihajlov), aus Rumänien (Eugène Ionesco), aus Polen (Jerzy Giedroyc, Józef Czapski). Ab 1990 erschien die Zeitschrift in Moskau.

Kosovo

Neben dem serbisch-kroatischen Konflikt war der serbisch-kosovarische Konflikt eines der schwierigsten Probleme der Nationalitätenpolitik im kommunistischen Jugoslawien. Die meisten Einwohner des Kosovo waren Albaner. Bereits in der Zwischenkriegszeit gab es im Kosovo eine allgemeine Skepsis gegenüber dem jugoslawischen Staat und insbesondere der serbischen Vorherrschaft. Unmittelbar nach dem Krieg wurde der Widerstand gegen den Anschluss des Kosovo an das neue Jugoslawien blutig niedergeschlagen. Zwar wurde den Kosovo-Albanern im September 1945 eine weitgehende kulturelle Autonomie und 1963 auch der Status einer autonomen Provinz zugestanden, politisch gesehen blieb die Situation bis Ende der 60er Jahre jedoch hochbrisant. 1968 kam es im Zuge der Liberalisierung und zunehmender nationalistischer Stimmungen in allen Landesteilen auch im Kosovo zu Massendemonstrationen, auf denen für die Provinz der Status einer vollwertigen Teilrepublik sowie ein Ende der Unterdrückung und Verfolgung der Kosovo-Albaner gefordert wurden. Die Unruhen wurden blutig niedergeschlagen, gleichwohl brachten die Verfassungsreformen der Jahre 1971 und 1974 weitreichende Veränderungen: Die Provinz wurde faktisch unabhängig von Serbien, die Macht übernahmen antiserbisch gesinnte albanische Kommunisten. Der Druck auf die im Kosovo lebenden Serben, die Provinz zu verlassen, nahm zu. Der Ausbau des albanischsprachigen Schulwesens stützte sich in großem Maße auf Rahmenprogramme und Schulbücher aus Albanien. Mit 45.000 Studierenden wurde die Universität Priština von ihrer Größe zu einer auch im europäischen Maßstab bedeutenden Hochschule. Mit Albanisch als Vorlesungssprache blieb der wissenschaftliche Austausch jedoch stark begrenzt und die Absolventen der Universität in der Regel ohne berufliche Perspektive. 1981 kam es erneut zu Massenprotesten, die noch größer waren als zuvor und wiederum brutal niedergeschlagen wurden. Es gab mehrere Hundert Tote. Trotz Verhängung des Ausnahmezustands und Säuberungsaktionen im kommunistischen Machtapparat verließen weiterhin große Teile der serbischen Bevölkerung die Provinz (zwischen 1981 und 1986 ging der serbische Bevölkerungsanteil um 9 Prozent zurück), während sich innerhalb der albanischen Bevölkerung erste Untergrundorganisationen formierten. Bereits 1986 war im Memorandum der Serbischen Akademie der Wissenschaften und Gelehrsamkeit die Rede von einem Konflikt europäischen Ausmaßes, wenn keine Lösung für den Kosovo gefunden würde. Die Wiedererlangung der serbischen Kontrolle über die Provinz wurde zum Hauptanliegen der von Slobodan Milošević, der seit 1986 Vorsitzender des Bundes der Kommunisten Serbiens und ab Mai 1989 Präsident der Teilrepublik Serbien war, angeführten politisch-geistigen Bewegung. Nach weiteren Unruhen im Kosovo schaffte das serbische Parlament auf Milošević' Betreiben im März 1989 den Autonomiestatus der Provinz faktisch wieder ab. Die Regierungsämter wurden mit belgradtreuen Vertretern besetzt. Die Universität Priština wurde geschlossen und albanische Kulturvereine und Gesellschaften waren gezwungen, ihre Tätigkeit in den informellen Bereich zu verlagern. Als Provinz Serbiens wurde der Kosovo 1992 Teil der neuen konstituierten Bundesrepublik Jugoslawien. Der Widerstand der Kosovo-Albaner gegen die serbische Dominanz brach auch während der Kriege in anderen Landesteilen des ehemaligen Jugoslawiens nicht ab. Immer wieder kam es zu Protesten. Im September 1991 wurde nach einem geheimen Referendum unter Kosovo-Albanern die (nur von Albanien anerkannte) „Republik Kosovo“ proklamiert und 1992 ein Parlament sowie der Schriftsteller und Pazifist Ibrahim Rugova zum Präsidenten gewählt. 1994 formierte sich die UÇK die „Befreiungsarmee des Kosovo“, die ab 1996 durch terroristische Überfälle in Erscheinung trat. Während des Kosovo-Krieges 1998/99, der Tausende Tote forderte und eine gewaltige Flüchtlingsbewegung auslöste, war die UÇK neben der Jugoslawischen Armee eine der militärisch agierenden Konfliktparteien. Das Eingreifen von NATO-Truppen auf Seiten des Kosovo, insbesondere auch durch Luftangriffe auf serbische zivile Infrastruktureinrichtungen, führte schließlich zu Verhandlungen und einem Abzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo, wo die Stationierung einer NATO-geführten Friedenstruppe (KFOR) unter UN-Mandat erfolgte. Die Lage im Land blieb dennoch instabil und Gewaltexzesse gegen die serbische Bevölkerung und andere Minderheiten konnten nicht verhindert werden. Am 17. Februar 2008 verabschiedete das kosovarische Parlament eine Unabhängigkeitserklärung. Bis 2021 wurde Kosovo von 115 UN-Staaten als souveräner Staat anerkannt (wobei nicht alle diplomatische Beziehungen unterhalten und einige Länder ihre Anerkennung zwischenzeitlich zurückgezogen haben, was wiederum Kosovo in einigen Fällen zurückweist). Das Verhältnis zu Serbien und die Situation für die nicht-albanische Bevölkerung im Land sind weiterhin angespannt.

Kriegsrecht

In der Nacht vom 12. zum 13. Dezember 1981 rief der Staatsrat auf dem gesamten Territorium der Volksrepublik Polen das Kriegsrecht aus. Alle Organisationen, Vereine und Gewerkschaften, darunter die Solidarność und die Solidarność der Einzelbauern wurden verboten. Streiks, Kundgebungen und Demonstrationen waren ab sofort untersagt, zahlreiche Produktionsbetriebe wurden militärisch verwaltet. Die Verhängung des Kriegsrechts war die Umsetzung eines bereits seit vielen Monaten vorbereiteten Plans der Machthaber zur Zerschlagung der Solidarność. Auf den Straßen polnischer Städte fuhren Militärfahrzeuge auf, der Unterricht an Schulen und Universitäten wurde eingestellt. Die Aktivisten der Solidarność, die Mitglieder des Landesausschusses mit Lech Wałęsa an der Spitze, die Vertreter der Regionalleitungen und die Berater der Gewerkschaft kamen ohne Gerichtsurteil in Internierungslager. Von der Internierung waren insgesamt etwa 10.000 Personen betroffen, von denen allein 3.000 gleich in der ersten Nacht des Kriegsrechts festgenommen wurden.

Von 22 Uhr bis 6 Uhr früh herrschte Ausgangssperre, man durfte sich ohne Genehmigung nicht länger als 48 Stunden außerhalb seines Wohnortes aufhalten. Alle Postsendungen unterlagen ab sofort der Zensur, die Telefonverbindungen wurden für einen Monat gekappt und danach ebenfalls kontrolliert. Die Grenzen des Landes waren für polnische Bürger, die das Land verlassen wollten, geschlossen. Die Regierung stellte das Erscheinen sämtlicher Zeitungen ein, mit Ausnahme der „Trybuna Ludu“, dem Zentralorgan der Partei, und dem Presseorgan der Armee „Żołnierz Wolności“. Für den privaten Pkw-Verkehr durfte kein Benzin mehr verkauft werden.

In zahlreichen Betrieben brachen Proteststreiks aus, am längsten (zwei Wochen) dauerte der Streik der Bergarbeiter in der oberschlesischen Kohlegrube „Piast“. Miliz- und Militärkräfte schlugen die Proteste rücksichtslos unter Einsatz von Panzern nieder. Besonders blutig endete der Streik in der Kohlegrube „Wujek“ in Kattowitz am 16. Dezember 1981, wo neun Bergleute getötet und viele verletzt wurden. Straftaten und Verbrechen im Sinne des „Dekrets über die Verhängung des Kriegsrechts“ wurden vor Militärgerichten, oft im Schnellverfahren, verhandelt. Die höchsten Urteile erfolgten im Prozess gegen Mitarbeiter der Seehochschule Gdynia: Ewa Kubasiewicz wurde zu zehn, Jerzy Kowalczyk und Jerzy Trzciński zu jeweils neun Jahren Gefängnis verurteilt. Trotz drakonischer Strafen gingen Anhänger der Solidarność, Bürgerrechtler und Oppositionelle umgehend daran, ihre Verlags- und Gewerkschaftsarbeit unter den Bedingungen der Konspiration weiterzuführen.

Im Oktober 1982 wurden alle bestehenden Gewerkschaften aufgelöst, darunter auch die Solidarność. Die Regierung lockerte die Vorschriften des Kriegsrechts im Laufe der Monate etwas, nach gut einem Jahr wurde das Kriegsrecht am 31. Dezember 1982 zunächst ausgesetzt. Endgültig aufgehoben wurde es jedoch erst im Juli 1983 nach insgesamt 585 Tagen. Mit dem Kriegsrecht wurde die polnische Freiheitsbewegung niedergeschlagen, die 1980/81 Massencharakter angenommen hatte. Alle eingeleiteten Reformen wurden gestoppt, mehrere hunderttausend Polen ins Exil getrieben. Die Zeit des Kriegsrechts in Polen forderte einige Dutzend Tote (die genaue Zahl der Opfer konnte nicht ermittelt werden).

Bartosz Kaliski

In der Mediathek der Bundesstiftung Aufarbeitung:
40 Jahre Ausrufung des Kriegsrechts in Polen: Wolfgang Templin im Gespräch mit Basil Kerski.

Kroatischer Frühling

Ab 1967 gewann in Kroatien eine politische Bewegung an Bedeutung, die sich für die nationalen Interessen der jugoslawischen Teilrepublik einsetzte. Der sogenannte Kroatische Frühling (Hrvatsko proljeće) stützte sich auf zwei Grundpfeiler. Zum einen übernahm im Bund der Kommunisten Kroatiens eine neue Generation die Macht. Ihre Vertreter waren reformfreundlich und national gesinnt und wurden anfangs auch von Tito unterstützt. Sie strebten eine Umgestaltung Jugoslawien an, die den nationalen Interessen innerhalb der Föderation mehr Geltung verschaffen würde. Entsprechend formulierten sie ihre Postulate, unter anderem: Rationalisierung der Investitionspolitik, eine verstärkte Adria-Orientierung Jugoslawiens, Abkehr von der Förderung der Schwerindustrie zugunsten des Tourismus, Änderungen der Devisenzuteilung im Rahmen der Föderation sowie bessere Möglichkeiten zur Investition privaten Vermögens in ökonomische Vorhaben. Der zweite Pfeiler des Kroatischen Frühlings war die Reaktivierung der Zivilgesellschaft, von ihren Opponenten als Massenbewegung (Maspok) bezeichnet. Beide Faktoren verstärkten sich gegenseitig und führten 1970/71 dazu, dass die Forderungen an die Föderation nachdrücklicher wurden und Tito seine Unterstützung für die Reformkräfte zurückzog. Die führenden Parteivertreter des Kroatischen Frühlings sahen sich zum Rücktritt gezwungen, und die kroatische Zivilgesellschaft war zu einem 15 Jahre währenden „großen Schweigen“ verurteilt.

„Krytyka”

Unabhängige politische Vierteljahreszeitschrift, die im Umfeld des Komitees für Gesellschaftliche Selbstverteidigung „KOR“ (KSS „KOR“) gegründet wurde. Chefredakteur war 1978–81 Stefan Starczewski, in den Jahren 1982 bis 1994 Jan Kofman. Zu den Autoren der Zeitschrift gehörte auch Adam Michnik, der eine Reihe von historischen und politischen Aufsätzen veröffentlichte. Unter den ersten Redaktionsmitgliedern waren außerdem polnische, tschechische und ungarische Intellektuelle und Oppositionspolitiker wie Stanisław Barańczak, Marek Beylin, Konrad Bieliński, Miklós Haraszti, Václav Havel, Jacek Kuroń, Jan Lityński, Jan Walc und Roman Wojciechowski. Ende der 80er Jahre gehörten zum Redaktionsteam auch Marek Beylin, Mirosława Grabowska, Jan Kofman, Piotr Łukasiewicz, Adam Michnik, Robert Mroziewicz und Rafał Zakrzewski.

Den Druck von „Krytyka“ (Kritik) besorgten das Unabhängige Verlagshaus NOWA und der Verlag „Krąg“ (Kreis). Bis zur Ausrufung des Kriegsrechts erschienen neun Ausgaben, bis zur Legalisierung der Zeitschrift 1989 insgesamt 33 Ausgaben. Das Profil der Zeitschrift war überwiegend sozialdemokratisch und liberal geprägt. Das Anliegen der Redaktion war es, verschiedene Debatten anzustoßen – zur Ideengeschichte, zur politischen Geschichte, zur Frage der offenen Gesellschaft, zum Wert der demokratischen Bewegung und ihren Entwicklungsrichtungen.

In „Krytyka“ erschienen Informationen und Meinungen zur aktuellen Lage in den kommunistischen Ländern Mitteleuropas und Asiens. Zwei Ausgaben hatten monografischen Charakter (Nummer 2/78 und 9/81), sie waren als Themenhefte der Tschechoslowakei bzw. Ungarn gewidmet und entstanden in der Regie von Dissidenten aus diesen Ländern. Zu den Autoren dieser Sonderhefte gehörten Jan Patočka, Jiří Hájek, Pavel Kohout, Zdeněk Mlynář, Ludvik Vaculík sowie György Bence, András Hegedűs, János Kenedi, Maria Kellner, János Kis, György Lázár, László Rajk und Ottilia Solt. Im ersten der zwei Sonderhefte wurden Auszüge der Charta 77 abgedruckt. Ein weiteres Sonderheft der Zeitschrift war der Situation in Deutschland gewidmet.

Außerdem beteiligten sich namhafte oppositionelle Intellektuelle aus den Ländern Mittel- und Osteuropas mit Beiträgen in „Krytyka”, darunter Petr Uhl, Václav Benda, Wjatscheslaw Tschornowil, Jerzy Jedlicki, György Konrád, Leszek Kołakowski, Jiří Lederer, Jiří Němec, Jiří Pelikan, Wiktor Nekrassow, Lew Kopelew, Alexander Sinowjew, Tomas Venclova, Nebojša Popov und Dobrica Ćosić.

Oftmals wurden Fragestellungen aus dem Grenzbereich von Kultur und Politik erörtert (in den Texten von Czesław Miłosz und Andrzej Werner), es wurden soziologische (Jakub Karpiński, Jadwiga Staniszkis), ökonomische, juristische und historische Analysen präsentiert. Die Leser fanden Darstellungen zur polnischen politischen Emigration nach dem Zweiten Weltkrieg, zur Polnischen Sozialistischen Partei (PPS) und zur Polnischen Bauernpartei (PSL). Beiträge zur jüngsten Geschichte verfassten renommierte Historiker wie Jerzy Holzer, Krystyna Kersten und Andrzej Paczkowski.

Die Zeitschrift hatte ab 1982 auch die Verantwortung für die Schriftenreihe „Bibliothek der Politischen Vierteljahresschrift ‚Krytyka‘“, in der rund 40 Buchtitel aus den Bereichen Zeitgeschichte, Geisteswissenschaften und Publizistik erschienen, darunter Bücher von Hannah Arendt, Václav Havel, George Orwell, Karl Popper, Arnold Toynbee, Max Weber und Michail Woslenski.

Bartosz Kaliski, Marek Kunicki-Goldfinger

„Kultúrny život“

Kultur- und Literaturzeitschrift aus Bratislava, die 1946–68 zunächst vierzehntägig und ab 1950 wöchentlich gedruckt wurde. Ab 1954 wurde „Kultúrny život“ (Kulturelles Leben) vom Slowakischen Schriftstellerverband herausgegeben. 1955–57 und 1963–68 unterstützte sie den Einsatz der slowakischen Intelligenz für eine Demokratisierung des öffentlichen Lebens. In den 60er Jahren wurde sie zu einer der meistgelesenen Zeitschriften in der Slowakei und spiegelte die Haltung einer den politischen Gegebenheiten kritisch eingestellten Gruppe wider. In „Kultúrny život“ erschienen Reportagen und Analysen zur staatlichen Willkür in den 50er Jahren, zu Fragen der Gleichberechtigung der beiden tschechoslowakischen Landesteile und zu Fragen der Wirtschaftsreform. In der Zeitung publizierten spätere Dissidenten, aber auch Vertreter des Regimes wie Gustáv Husák.

Im April 1968 distanzierten sich die späteren Vertreter der staatlichen Kulturpolitik in der Slowakei, Ladislav Novomeský, Miroslav Válek und Vojtech Mihálik, von dem Blatt. Nach dem Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei verbot die Regierung jeden weiteren Druck der Zeitschrift. 1969 konnte sie erneut unter dem Namen „Literární život“ (Literatarisches Leben) erscheinen, jedoch nur sechs Ausgaben lang. Nach der Samtenen Revolution wurden in den 90er Jahren drei Versuche unternommen, sie unter ihrem ursprünglichen Titel wieder neu aufzulegen.

„Kultura”

Die Pariser Zeitschrift „Kultura“ war die wichtigste polnische Exilzeitschrift, die von 1947 bis 2000 als Monatsschrift erschien. Chefredakteur und Gründer des Literarischen Instituts, von dem „Kultura“ herausgegeben wurde, war Jerzy Giedroyc. Die Zeitschrift erschien anfangs in Rom, dann in Maison-Laffitte unweit von Paris. Zur Redaktion gehörten neben Giedroyc (der das politische Profil der Zeitschrift bestimmte) Zofia und Zygmunt Hertz, Henryk Giedroyc und Gustaw Herling-Grudziński. Die erste Ausgabe erschien in einer Auflage von etwa 1.000 Exemplaren im Juni 1947. 1953 lag die Auflage bereits bei 4.000 Stück. In der „Kultura“ erschienen ganz verschiedene Texte – angefangen bei literarischen Essays bis hin zu sowjetkritischen Analysen. Die Zeitschrift bekämpfte die kommunistische Ideologie, stand jedoch zugleich in Opposition zur Politik der polnischen Exilregierung in London. Zu den wichtigsten Autoren zählten Jerzy Stempowski, Juliusz Mieroszewski, Witold Gombrowicz, Czesław Miłosz, Michał Heller, Krzysztof Pomian und Sławomir Mrożek.

Die „Kultura“ setzte sich für die Unabhängigkeit der Ukraine, Litauens und Belarus' von der Sowjetunion ein, worin sie eine Bedingung für den Zerfall des Sowjet-Imperiums und die Unabhängigkeit Polens sah. Das Literarische Institut blieb dieser Idee jahrzehntelang treu und arbeitete deshalb eng mit litauischen, russischen und ukrainischen Exilkreisen zusammen (mit Wladimir Maximow, Bohdan Osadczuk, Wladimir Bukowski, Natalja Gorbanewskaja und vielen anderen). Einige Sonderhefte der „Kultura“ erschienen auf Russisch, Ukrainisch, Tschechisch und Slowakisch. In der Reihe „Bibliothek der ‚Kultura‘“ wurden viele bedeutende und aufsehenerregende Bücher herausgegeben, zum Teil in polnischer Übersetzung. Darunter waren „Doktor Schiwago“ von Boris Pasternak, „Gespräche mit Stalin“ von Milovan Đilas, „Terror und Revolution“ von Boris Lewitzki, „Verführtes Denken“ (Zniewolony umysł) von Czesław Miłosz, „Phantastische Geschichten“ von Andrei Sinjawski, „Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz und geistige Freiheit“ von Andrei Sacharow, „Der Archipel Gulag“ von Alexander Solschenizyn, „Welt ohne Erbarmen“ (Inny świat) von Gustaw Herling-Grudziński und „Erlebt die Sowjetunion das Jahr 1984?“ von Andrei Amalrik.

Die „Kultura“ war in Volkspolen verboten, wurde jedoch auf verschiedenen Wegen ins Land geschleust. Für den Besitz und insbesondere für die Weiterverbreitung konnte man ins Gefängnis kommen. Im Oktober 1956 erteilte die Zeitschrift für kurze Zeit dem neuen Parteichef Władysław Gomułka einen Vertrauensvorschuss, in den 60er Jahren unterstützte sie den Revisionismus, da sie darin eine Möglichkeit zur Schwächung des Systems sah. Jerzy Giedroyc pflegte Kontakte nach Polen und empfing zahlreiche Intellektuelle und Autoren aus der Heimat, deren Texte er druckte. In den 70er Jahren leistete die Zeitschrift der demokratischen Opposition in Polen finanzielle Unterstützung und veröffentlichte deren Programme und Manifeste. In den 80er Jahren unterstützte sie die Solidarność, als diese nur noch im Untergrund agieren konnte. Unabhängige Verlage in Polen veröffentlichten oftmals Nachdrucke einzelner Beiträge aus der „Kultura“ oder von ganzen Buchpublikationen.

Gemäß dem Wunsch von Jerzy Giedroyc stellte die „Kultura“ ihr Erscheinen nach dessen Tod 2000 ein. Bis 1989 waren in der „Bibliothek der ‚Kultura‘“ mehr als 450 Bände, darunter 90 Ausgaben der „Zeszyty Historyczne“ (Historische Hefte; bis 2010) erschienen.

Bartosz Kaliski

Kulturelle Opposition

Die dominierende Strömung der belarussischen Oppositionsbewegung der 60er bis 80er Jahre war die sogenannte kulturelle Opposition (kulturnaja apazicyja). Sie sah in der Renaissance der nationalen Kultur, Tradition und Sprache eine unabdingbare Voraussetzung für die Erlangung von Unabhängigkeit und Demokratie. Die kulturelle Opposition stützte sich vor allem auf Intellektuelle aus dem Umfeld des Akademischen Zentrums und der Gruppe Na Paddašku sowie zum Teil auf die früher entstandenen Organisationen Majstrounja und Talaka. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre wechselten die Aktivisten und Anhänger der Strömung in die offiziellen staatlichen Institutionen. Im politischen Leben und in der Öffentlichkeit wurde die kulturelle Opposition mit der belarussischen Oppositionsbewegung gleichgesetzt.

Kundgebung im Hirve-Park

Eine in Tallinn am 23. August 1987, dem 48. Jahrestag der Unterzeichnung des Hitler-Stalin-Paktes organisierte Demonstration mit zwei- bis dreitausend Teilnehmern, auf der gefordert wurde, das Geheimprotokoll über die Errichtung von Einflusssphären in Osteuropa zu veröffentlichen, die Geltung des Paktes vom Moment seiner Unterzeichnung an aufzuheben, seine Folgen rückgängig zu machen und stalinistische Verbrecher vor Gericht zu bringen. Die Demonstration war durch die estnische Gruppe zur Bekanntmachung des Hitler-Stalin-Paktes organisiert worden und bildete den Ausgangspunkt für den landesweiten Kampf um die Wiedererlangung der Unabhängigkeit Estlands. Ähnliche Kundgebungen fanden in Riga und Wilna (Vilnius) statt.

Kundgebung vor dem Regierungsgebäude vom 4. bis. 9. April 1989

Den Impuls zu den mehrtägigen Massenprotesten gaben öffentliche Verlautbarungen der abchasischen Bevölkerung, die einen Austritt Abchasiens aus der georgischen Sowjetrepublik forderten. Am 4. April 1989 rief die georgische Opposition vor dem Gebäude des Ministerrats in Tiflis zu einem Sitzstreik für den Austritt Georgiens aus der UdSSR auf. Er sollte bis zum Jahrestag der Demonstration am 14. April 1978 dauern. Initiiert wurde der Protest von der National-Demokratischen Partei und der Ilia-Tschawtschawadse-Gesellschaft. Am 5. April, als 158 Teilnehmer in den Hungerstreik traten, versammelten sich mehrere Tausend Teilnehmer vor dem Regierungsgebäude zu einer Kundgebung. Gleichzeitig begannen, begleitet von Massendemonstrationen, Streiks in Fabriken in Tiflis, Sochumi, Kutaissi und anderen Städten. Am 8. April wurden Armeeeinheiten und Panzer nach Tiflis verlegt und es begannen Straßenpatrouillen. In der Nacht vom 8. zum 9. April befanden sich rund 10.000 Menschen vor dem Gebäude des Ministerrats. Morgens um vier begannen Soldaten, unterstützt von gepanzerten Fahrzeugen, die Demonstranten auseinanderzutreiben. Dabei kamen Schlagstöcke, Armeespaten und Tränengas zum Einsatz. 19 Personen kamen ums Leben, 157 Verletzte wurden in Krankenhäuser eingeliefert. Am folgenden Tag wurde in Tiflis eine Sperrstunde verhängt, und die Organisatoren der Kundgebung wurden verhaftet. Der gewaltige Widerhall der Ereignisse in Tiflis zwang die Moskauer Zentralbehörden zur Einstellung des eingeleiteten Untersuchungsverfahrens und zur Entlassung mehrerer hoher Regierungsbeamter des Landes. Mit der Aufgabe, die Ereignisse in Tiflis zu untersuchen, setzte der Volksdeputiertenkongress der UdSSR im Mai 1989 eine Kommission des Obersten Sowjets der UdSSR ein. Im selben Monat kamen die Organisatoren des Protestes frei. Die Kundgebung und ihre Auflösung führten zur Radikalisierung der Volksbefreiungsbewegungen in der UdSSR und waren ein wichtiger Impuls für die Wiedererlangung der am 9. April 1991 verkündeten staatlichen Unabhängigkeit Georgiens.

Kurultai des krimtatarischen Volkes

Auf der als erster Kurultai bezeichneten Versammlung der krimtatarischen Vertreter des Volkes am 25. März 1917 in Simferopol wurde das Muslimische Exekutivkomitee gewählt. Der zweite Kurultai wurde im Juni 1991, nach der massenhaften Rückkehr von Krimtataren auf die Krim, in Simferopol einberufen und verabschiedete unter anderem die Souveränitätserklärung des krimtatarischen Volkes. Das Gremium konstituierte sich 1996 als dritter, 2001 als vierter, 2007 als fünfter und zuletzt 2013 als sechster Kurultai.