Der Prozess gegen Sergei Kowaljow in Litauen sowie weitere Dissidentenprozesse im zweiten Halbjahr 1975 fanden bereits nach der Verabschiedung der KSZE-Schlussakte von Helsinki statt. In einem Kapitel verpflichteten sich die Unterzeichnerstaaten, zu denen auch die Sowjetunion gehörte, zur Achtung der Menschenrechte, in der man ein wesentliches Element der europäischen Sicherheit sah. Unter Berufung auf die Schlussakte von Helsinki gründeten sowjetische Dissidenten unabhängige Gruppen, um die Einhaltung der von der Sowjetunion eingegangenen Verpflichtungen zu überwachen. Den Anfang machten russische Oppositionelle, die am 12. Mai 1976 die *Moskauer Helsinki-Gruppe ins Leben riefen. Sie wurde zum Vorbild zahlreicher weiterer Gruppen in anderen Sowjetrepubliken, so auch in Litauen am 25. November 1976. Gründungsmitglieder der *Litauischen Helsinki-Gruppe waren: Viktoras Petkus, Tomas Venclova, Karolis Garuckas, Ona Lukauskaitė-Poškienė und Eitan Finkelstein. In der Gründungserklärung nahme die Gruppe nicht nur Bezug auf Menschenrechtsverletzungen in Litauen, sondern auch auf die als Okkupation empfundene sowjetische Herrschaft im Land und unterschied sich darin von ihren Schwesterorganisationen in anderen Sowjetrepubliken. Bis Ende 1981 veröffentlichte die *Litauische Helsinki-Gruppe mehr als 30 Dokumente und Erklärungen (22 davon gelangten auch in den Westen). Den Machthabern waren die Helsinki-Gruppen ein Dorn im Auge. Ihre Tätigkeit betrachtete man als antisowjetisch, und ihre Mitglieder standen unter Beobachtung und wurden verfolgt. Am 23. August 1977 wurde der Kopf der *Litauischen Helsinki-Gruppe Viktoras Petkus verhaftet und nach einjährigen Ermittlungen zu 15 Jahren *Lagerhaft mit besonderem Vollzug verurteilt. Von den elf bis 1981 aktiven Mitgliedern der Gruppe wurden fünf verhaftet und verurteilt, zwei emigrierten in den Westen, zwei starben und eine Person kam unter ungeklärten Umständen ums Leben. Nichtsdestotrotz markierte die Gründung der *Litauischen Helsinki-Gruppe den Beginn einer neuen Phase der Oppositionsbewegung des Landes, in der das öffentliche Eintreten für die Menschenrechte bis zum Wiedererstehen des unabhängigen litauischen Staates im Jahre 1990 prägend blieb.
Litauische oppositionelle Kräfte suchten zunehmend die Öffentlichkeit und machten sich dabei eine juristische Argumentation zunutze. Es entstanden neue Menschenrechtsgruppen. Am 13. November 1978 gründeten die Pfarrer Sigitas Tamkevičius, Alfonsas Svarinskas, Juozas Zdebskis, Jonas Kauneckas und Vincas Vėlavičius das *Katholische Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen (Vorbild war das *Christliche Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen in der UdSSR, das 1976 in Moskau von dem orthodoxen Priester Gleb Jakunin gegründet worden war). Das Komitee übernahm einen Großteil der Arbeit der *Litauischen Helsinki-Gruppe. Im Laufe von fünf Jahren wandte es sich mit insgesamt 53 Aufrufen und Petitionen an sowjetische und westliche staatliche Einrichtungen. Nach der Verhaftung von zwei (der seit 1980 zehn) Mitgliedern 1982 und 1983, stellte das *Katholische Komitee zur Verteidigung der Rechte der Gläubigen den öffentlichen Teil seiner Aktivitäten ein.
Immer aktiver trat auch der 1969 von der Ordensschwester Gema (Jadvyga Stanelytė) gegründete *Bund der Freunde der Eucharistie in Erscheinung. In den ersten Jahren stand die religiöse Bildung (Studium der Philosophie, der Bibel, der Religionsgeschichte) und die Selbstentfaltung der Jugend im Zentrum der Aktivitäten. Später beteiligten sich die jungen Leute des Kreises an Wallfahrten zum Mariensanktuarium in *Šiluva oder zum *Berg der Kreuze, verschafften sich Zutritt zu Gerichtsverhandlungen in politischen Strafverfahren, forderten die Einhaltung der Verfassung der Litauischen SSR und sammelten Unterschriften für Petitionen und Protestbriefe. Repressionen durch den KGB ließen nicht lange auf sich warten, hielten die jungen Leute jedoch nicht ab, sondern bewogen sie, den Kontakt zu anderen Oppositionellen zu suchen. Ende der 70er Jahre verzeichnete der KGB rund 20.000 katholische Aktivisten in Litauen, wobei in diese Zahl sicherlich auch Vertreter des „nationalen Lagers“ einberechnet waren, denn die Religion war ein wichtiger Bezugspunkt der litauischen Nationalbewegung.
Im Juli 1978 entstand auf Betreiben von Antanas Terleckas und seinen Weggefährten die *Litauische Freiheitsliga, in der sich die radikalsten Vertreter des national orientierten Flügels der Opposition zusammenfanden. Im Organisationsprogramm wurde als Ziel die Unabhängigkeit Litauens durch Förderung des religiösen, nationalen und politischen Bewusstseins der Gesellschaft formuliert. Ein Schwerpunkt der Arbeit der *Freiheitsliga war die Verlagstätigkeit. Ihr Hauptorgan war das Samisdat-Periodikum *„Vytis“, ein weiteres Blatt war der bereits erwähnte *„Laisvės šauklys“ (Freiheitsbote). Daneben war ihre Arbeit von Aktionsformen geprägt, die aus der Menschenrechtsarbeit übernommen wurden. Auf Pressekonferenzen und mit Petitionen informierte die Organisation über Menschenrechtsverletzungen und über den Widerstand gegen das Sowjetsystem in Litauen. Das wichtigste von der *Freiheitsliga verantwortete Dokument war der am 23. August 1979 verabschiedete *Baltische Appell. Adressaten waren der UNO-Generalsekretär, die sowjetische Regierung sowie die Regierungen der beiden deutschen Staaten und der Unterzeichnerstaaten der Atlantik-Charta. In dem Appell wurde der *Hitler-Stalin-Pakt verurteilt und zur Beseitigung seiner Folgen aufgerufen. Gefordert wurden der Abzug der sowjetischen Truppen aus den baltischen Republiken sowie das Recht dieser Länder auf freie Entwicklung. Unterzeichnet war der *Baltische Appell von 37 litauischen Dissidenten, einigen Oppositionellen aus Lettland und Estland sowie Moskauer Menschenrechtsaktivisten. Er erregte nicht nur Aufsehen in den baltischen Republiken der UdSSR, sondern fand auch weltweit große Beachtung und machte die Lage Litauens, Lettlands und Estlands auch einer internationalen Öffentlichkeit bekannt. Die Antwort staatlicher Stellen ließ nicht lange auf sich warten: Die Gründer der *Freiheitsliga wurden verhaftet, die Organisation selbst setzte alle Aktivitäten aus und wurde erst 1987 reaktiviert.
Innerhalb der litauischen Nationalbewegung der 70er Jahre formierte sich auch eine sozialistische Strömung. Ab August 1978 erschien die Untergrundzeitschrift *„Perspektyvos“. Die Herausgeber Vytautas Skuodis und Albertas Zvicevičius sahen in dem damals im Westen populären Eurokommunismus eine Basis für die Wiedergeburt und den Aufbau eines freien litauischen Staates. Die Russifizierung und die Zerstörung kultureller Werte in Litauen waren ein inhaltlicher Schwerpunkt des Blattes. Zudem erschienen Übersetzungen russischer Samisdat- und Tamisdat-Literatur. Charakteristisch für die Zeitschrift waren die Meinungsvielfalt und die Toleranz gegenüber Andersdenkenden. 1980 wurden Vytautas Skuodis, Povilas Pečeliūnas und der für den Abdruck von Beiträgen des Litauischen Bundes der Kommunisten und der Bewegung für einen Austritt Litauens aus der UdSSR zuständige Gintautas Lešmantas verhaftet und zu Lagerhaft verurteilt. Eine weitere linksorientierte Gruppe war auch die im Untergrund tätige humanistische „Antanas-Strazdelis-Volksuniversität“. Die 1976 von Viktoras Kutorga und Vytenis Andriukaitis gegründete und bis 1982 aktive Gruppe organisierte Seminare zur Entstehungsgeschichte des Sozialismus und der Traditionen von Humanismus und Demokratie.