Die Schlagkraft der Opposition war jetzt jedoch ungleich kleiner als im Jahre 1981 und sogar geringer als in den Jahren des Kriegsrechts. Die Gesellschaft zeigte Ermüdungserscheinungen nach den von Repressionen, Schikanen und wirtschaftlichem Niedergang gekennzeichneten Jahren, die Hoffnungen auf einen radikalen Wandel waren gering. Auch der Weggang Hunderttausender Menschen – vor allem junger Menschen und früherer Solidarność-Aktivisten – in die Emigration trug zur Schwächung des oppositionellen Potenzials bei. Weit verbreitet waren Passivität und Flucht ins Private. Den eingeschränkten Widerstandswillen offenbarten auch die Streiks im Mai 1988, die lediglich einen Teil der Belegschaften in Nowa Huta, in der Danziger Werft und im südostpolnischen Stalowa Wola erfassten und nicht zu Solidaritätsstreiks in anderen Betrieben führten. Eine zweite Streikwelle im August 1988 betraf hauptsächlich die schlesischen Bergwerke, die Werft Danzig, Stalowa Wola und eine Reihe von anderen Betrieben in einigen Woiwodschaften. Auch diese Arbeitsniederlegungen waren noch nicht überwältigend, aber bereits mächtiger, als es im Mai gewesen war. Es war zu erwarten, dass künftige Streiks an Kraft und Ausmaß weiter zulegen würden und damit verbundene Proteste nur schwer unter Kontrolle zu bringen wären. Die Auguststreiks 1988 wurden somit zu einem Katalysator für den folgenden Umbruch. Die Staatsführung zeigte sich zu Gesprächen mit Lech Wałęsa bereit, woraufhin es am 31. August 1988 zu einer Begegnung zwischen ihm und dem langjährigen Innenminister General Czesław Kiszczak kam. Letzterer hatte von Partei- und Staatschef Wojciech Jaruzelski den Auftrag erhalten, die Möglichkeiten für Gespräche am Runden Tisch auszuloten.
Die Vorbereitungen auf den Runden Tisch dauerten mehrere Monate, in denen Sondierungsgespräche zwischen Vertretern der Staatsmacht und der Solidarność stattfanden, bei denen sich auch die polnischen Bischöfe sozusagen als „Geburtshelfer“ eines auszuhandelnden Kompromisses stark einbrachten. Seitens des Staates gab es einiges Zögern, das erst durch die öffentliche Fernsehdebatte zwischen Lech Wałęsa und Alfred Miodowicz, dem Vorsitzenden des offiziellen Gewerkschaftsbundes, am 30. November 1988 überwunden werden konnte.
Die Verhandlungen am Runden Tisch fanden zwischen dem 6. Februar und 5. April 1989 statt, an denen auf Solidarność-Seite 230 von Lech Wałęsa benannte Vertreter teilnahmen. Von besonderer Wichtigkeit für die Verhandlungen mit der Regierung über politische und ökonomische Reformen sowie über die Wiederzulassung der Solidarność waren speziell hinzugezogene Experten, unter denen besonders Tadeusz Mazowiecki, Bronisław Geremek, Jacek Kuroń und Adam Michnik hervorzuheben sind. Ein Ergebnis der Verhandlungen war die Wiederzulassung der Solidarność. Es wurde außerdem ein Paket politischer Reformen vereinbart, darunter die freie Wahl von einem Drittel der Sitze im Parlament (Sejm). Die Wahlen zur neu geschaffenen zweiten Parlamentskammer (Senat) sollten vollkommen frei sein. Den Kandidaten der Opposition wurde das Recht garantiert, einen eigenen Wahlkampf zu betreiben und eine eigene Tageszeitung („Gazeta Wyborcza“/Wahlzeitung) herauszugeben.
Während der zwei Monate dauernden Gespräche am Runden Tisch, belebte sich die politische Atmosphäre durch die Berichterstattung in Radio, Fernsehen und Presse und durch die Medienauftritte der Oppositionsführer spürbar. Der normale Bürger hatte verstanden: Hier passiert etwas Wesentliches, die Stagnation ist bald zu Ende, es zeichnet sich eine Alternative ab. Es war geradezu bezeichnend, dass nun wieder Persönlichkeiten in die Öffentlichkeit zurückkehrten, die aus der Solidarność-Zeit 1980/81 bekannt waren, deren Namen man in den Folgejahren jedoch ausschließlich im Kontext politischer Prozesse oder in propagandistischen Verunglimpfungen des Regimes gehört hatte.
Die Gespräche und Vereinbarungen mit der Regierung wurden von radikalen Oppositionellen scharf kritisiert. Unter den Kritikern waren die Kämpfende Solidarność, die Konföderation Unabhängiges Polen, etliche Vertreter der jungen Generation und auch die zu dieser Zeit gegründete Arbeitsgruppe des Solidarność-Landesausschusses mit einigen ihrer prominenten Anführer von 1981. Diese Kreise bezeichneten die Einigung mit den Kommunisten als moralisch verwerflich und politisch falsch, denn sie vermuteten, dass die Oppositionsvertreter von den Kommunisten ganz sicher betrogen würden. Etliche dieser radikalen Vertreter hofften auf eine neue Streikwelle, die das Regime erschüttern und die Kompromisse obsolet machen würden.
Im Vorfeld der „halbfreien“ Wahlen stellte die Solidarność eine Landesliste für ganz Polen auf, auf der jeweils ein Kandidat für jeden der zu besetzenden Parlamentssitze aufgestellt wurde (auf den Wahlplakaten posierten sie jeweils zusammen mit Lech Wałęsa). Den Wahlkampf der Solidarność-Kandidaten unterstützten zahlreiche im ganzen Land entstandene Bürgerkomitees, die ihren Ursprung oft in Kirchengemeinden hatten.
Im ersten Wahlgang der „halbfreien“ Wahlen am 4. Juni 1989 eroberten die Kandidaten des Bürgerkomitees 160 Sitze im Sejm – das waren nahezu alle Sitze, die laut der Vereinbarung am Runden Tisch besetzt werden konnten. In dem 100 Sitze zählenden Senat entfielen auf die Kandidaten des Bürgerkomitees 92 Mandate. Der Triumph der Solidarność war angesichts der offensichtlichen Niederlage der Kandidaten des Herrschaftsapparats umso grandioser. Die Regierung vermochte nur drei ihrer Kandidaten direkt in den Sejm zu bringen, um die restlichen 296 Mandate mussten sie sich im zweiten Wahlgang noch einmal bewerben. Führende Vertreter der kommunistischen Partei und der Regierung erreichten kein Sejm-Mandat. Nach dem zweiten Wahlgang konnten die Kandidaten des früheren Herrschaftsapparates die ihnen laut Kompromiss am Runden Tisch zugesprochenen Sitze im Sejm einnehmen. Auf die Vertreter des Bürgerkomitees entfiel insgesamt ein Drittel aller Mandate. Den gänzlich frei gewählten Senat dominierten die Solidarność-Kandidaten mit 99 von 100 Abgeordneten.
Diese Juni-Wahlen waren für die PZPR ein schwerer Schlag, denn der Einfluss der Opposition im Parlament war größer, als man erwartet hatte. Der Plan der Partei, den Wandlungsprozess zu leiten und das Maßnahmepaket von Reformen nicht aus den Händen zu geben, erlitt Schiffbruch. Auf der Tagesordnung stand nun mit einem Male auch eine mögliche Regierungsverantwortung der Opposition. Adam Michnik brachte diese Frage in der „Gazeta Wyborcza“ lakonisch auf die Formel: „Euer Präsident, unser Premierminister“.
Für die Vertreter der Opposition begann nun das politische Tagesgeschäft, wie es für eine parlamentarische Demokratie charakteristisch ist. Am 19. Juli 1989 wählten die beiden Parlamentskammern von Sejm und Senat General Wojciech Jaruzelski zum Staatspräsidenten, die Solidarność verweigerte ihre Unterstützung jedoch für einen PZPR-Politiker als Regierungschef. Als im August die von der PZPR geführte Koalition zerbrach, verlor die Partei, die seit 1948 die Regierung gestellt hatte, ihre Macht. Die bisherigen Blockparteien ZSL (Bauernpartei) und SD (Demokratische Partei) erlangten ihre Souveränität zurück und einigten sich mit den Solidarność-Abgeordneten. Die so gebildete Mehrheit wählte am 24. August 1989 Tadeusz Mazowiecki zum Ministerpräsidenten.